FC Bayern zum Bundesliga-Auftakt:Schönes neues Rumpeln

FC Bayern VfL Wolfsburg Bundesliga

Szene für den Jahresrückblick: Wolgsburgs Jnior Malanda scheitert hier noch an Manuel Neuer, beim folgenden Nachschuss aus wenigen Zentimetern an sich selbst.

(Foto: imago/ActionPictures)

Trotz einiger Wackelmomente wertet der FC Bayern das 2:1 gegen Wolfsburg als erfreulichen Bundesliga-Start. Ein Dank geht an VfL-Kunstschütze Malanda. Italien erwartet den baldigen Wechsel des Römers Mehdi Benatia nach München.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

So kann man natürlich auch in die Saison starten. Mit einer Szene, die schon jetzt Premium-Content sein dürfte für alle Jahresrückblicke, Slapstick-Einspieler und Youtube-Best-Ofs. Der Fußballspieler Junior Malanda muss da jetzt leider durch, es hilft nichts. Wie der junge Belgier es schaffte, diesen Ball in der 79. Minute neben das Tor zu stolpern, können wohl nur Metaphysiker oder Nostalgiker erklären. Erstere werden sagen, es lag am Karma, an göttlichen Kräften und vielleicht auch ein bisschen am Schicksal. Zweitere werden behaupten: Alles schon dagewesen, fragen Sie nur mal nach bei Frank Mill oder Jakub Blaszczykowski. Sowas kommt in den besten Familien vor.

Der FC Bayern hat ein Heimspiel gewonnen, es war ein schmuckloses 2:1 (1:0) gegen Wolfsburg zum Auftakt der 52. Bundesliga-Saison. Aber es hätte alles ganz anders kommen können, wenn der eingewechselte VfL-Kunstschütze Malanda nach einer Flanke von Maximilian Arnold einfach das 2:2 erzielt hätte. Doch stattdessen schoss er erst freistehend Manuel Neuer an und dann im zweiten Versuch so kläglich neben dem Pfosten, dass man den armen Mann nur noch in den Arm nehmen wollte. Neuer hätte in diesem Moment auch algerisches Können nichts mehr gebracht - er konnte nur noch staunen, wie die Kugel ins Aus kullerte.

Später sagte er: "Ich habe nur noch reagiert, indem ich versuchte, mich breit zu machen. Ich glaube, er stand beim Nachschuss schlecht zum Ball." Es ehrt den Nationaltorhüter, dass er dabei keine Miene verzog und auf jegliche Häme verzichtete. Er meinte es ernst. Wer schlecht zum Ball steht, schießt eben daneben, so einfach ist das, liebe Erkenntnistheoretiker des Fußballs. Aber Neuer hatte natürlich noch mehr zu erzählen. Geduldig erklärte er, dass seine Mannschaft in Auftaktspielen schon schlechter ausgesehen habe als an diesem Sommerabend und "dass wir mit dem Ergebnis gut leben können." Das stimmte, man erinnere sich nur an das 0:1 gegen Gladbach vor drei Jahren.

Ähnlich positiv wie der Torwart interpretierte auffällig geschlossen auch der Rest der Bayern-Belegschaft das Geschehen. Kapitän Philipp Lahm hatte ein "sehr ordentliches Spiel" ausgemacht, genauso sah es auch Trainer Pep Guardiola ("bin sehr, sehr zufrieden"), während Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge bei einigen "schon eine erstaunliche Form" feststellte. Er meinte damit nicht zuletzt die WM-Fahrer Lahm, Arjen Robben und Thomas Müller, die trotz verkürzter Vorbereitung recht fidel wirkten. Müller gab grinsend Auskunft über seine nie versiegende Berufslust: "Ich brauche kein Motivationsvideo. Ist doch schön, dass es wieder los geht."

Mit einem Schienbeintreffer schönster Prägung zum 1:0 (37.) hatte der Weltmeister die bis dahin wackelfreie Wolfsburger Wand durchbrochen, dann erhöhte Robben nach feinem Zuspiel des Debütanten Robert Lewandowski auf 2:0 (52.). Die Wolfsburger zeigten sich nach entschlossenem Beginn so freundlich, die Mitte der Partie gedanklich auf dem Sofa zu verbringen. Von dort aus raffte sich zwischendurch Ivica Olic auf, um den Ball zum 1:2 mächtig in den Winkel zu knallen.

Thomas Müller war so ehrlich, den holprigen Anfang (kaum Spielfluss, viele hohe Bälle ins Nirwana) und das kuriose Ende (Malanda!) dieses Premierenkicks zu erwähnen. "Sicher hatten wir Phasen, die wir uns anders vorgestellt haben, aber wichtig ist, dass wir gut aus den Startlöchern gekommen sind."

Einigung bei Benatia?

In jenen Phasen war vom Guardiola-Fußball mit seiner druckvollen Ballzirkulation wenig zu sehen. Die Abwehr schlingerte mitunter zwischen Dreier- und Viererkette hin und her, während im Mittelfeld der Pfiff nach vorne fehlte. Und vorne offenbarte sich, dass Lewandowski als stürmendem Spielmacher noch die Abstimmung mit den Kollegen fehlte. Der Pole vergab mehrere gute Möglichkeiten. Ihm habe einfach das Glück gefehlt, so seine nüchterne Analyse. Insgesamt stockte der Bayern-Motor noch gewaltig, aber das - so die allgemeine Stimmungslage - werde sich bald ändern. Am Ende lag der Ball nach einem Schuss von Sebastian Rode sogar zum vermeintlichen 3:1 im Tor, doch der Schiedsrichter erstickte den Jubelschrei der Arena mit einem nachträglichen Abseitspfiff. Wie die TV-Bilder ergaben, war dieser falsch. Egal.

Sportchef Matthias Sammer unternahm schließlich angestrengte Versuche, diesen keineswegs leichten Auftakterfolg in die gewünschte Richtung zu interpretieren. "Wir wissen, es kann noch nicht alles rund laufen. Wir müssen aufhören, uns mit den ganzen Problemen zu beschäftigen." Die Verletzungen wichtiger Kräfte wie Thiago, Bastian Schweinsteiger oder Javi Martínez hätten die Verantwortlichen zuletzt durchaus beschäftigt, "das weiß jeder", so Sammer, "aber jetzt ist es an der Zeit, anzugreifen."

Nach Berichten in italienischen Medien haben Sammer und sein Klub auch im Fall Mehdi Benatia noch einmal angegriffen. In der Gazzetta dello Sport und im römischen Messaggero steht, dass sich der Innenverteidiger des AS Rom bereits für einen Wechsel nach München entschieden habe und die Vereine sich auch in der Frage der Ablösesumme annähern. Angeblich soll sich die Summe auf etwa 30 Millionen Euro belaufen, was für einen Innenverteidiger ein stolzer Preis ist. In den kommenden zwei Tagen soll jedenfalls eine Entscheidung fallen. Im Stadion am Freitagabend weigerte sich Sammer, dazu einen Kommentar abzugeben.

Die Bayern sind in die Saison hineingerumpelt, sie haben gewonnen, aber geglänzt haben sie nicht. Selbst wenn Benatia bald dazu stoßen sollte, legt die Personalsituation nahe, dass sie noch eine Weile weiterrumpeln werden. Die gute Nachricht ist: Solange beim Gegner unglückliche Seelen wie Junior Malanda mitrumpeln, kann das sogar gut gehen.

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