Probleme des FC Bayern:Xabi Alonso lässt sich Bälle klauen

VfL Wolfsburg - FC Bayern München

Bedient nach zwei Rückrundenauftritten: Xabi Alonso.

(Foto: dpa)
  • Xabi Alonso zeigt auch gegen Schalke Anzeichen von irdischem Substanzverlust.
  • Noch vor Wochen würde der Spanier bei den Bayern als Herr der Pässe gefeiert, jetzt gilt er als Risiko.
  • Das sagt Arjen Robben zum misslungenen Rückrundenstart.

Von Jonas Beckenkamp

Xabi Alonso kennt jetzt auch den deutschen Winter, das ist nach zwei ungemütlichen Rückrunden-Spielen in der Bundesliga Gewissheit. Im November und Dezember des vergangenen Jahres durfte er sich gemächlich an die Frost-Phase in Deutschland herantasten, insofern kann er sich glücklich schätzen, dass er nicht gleich von null auf hundert frieren musste. Als es noch wärmer war in München, lernte der Fußballbetrieb diesen Basken mit dem roten Stoppelbart kennen - und viele waren begeistert. Alonso kam aus Madrid in die Liga geschwebt, ein galaktischer Herr der Pässe, ein Phänomen, ein Sextant des Fußballs.

Seit Erfindung der Statistik hatten Rechenfreunde keinen Fußballer erlebt, der so häufig den Ball am Fuß führt. Alonso schlich durch sein Revier im Mittelfeld und verrichtete sein Präzisionswerk: Hoch und weit sah bei ihm nie nach Verlegenheit aus, sondern vielmehr nach Beckenbauer'scher Eleganz. Ist alles gar nicht lange her. Doch die Dinge scheinen sich zu drehen. Erst geriet der 33-Jährige beim 1:4 in Wolfsburg ins Schlittern, weil der VfL ihm sein Lieblingsspielzeug (den Ball) vorenthielt. Nun folgte dieser seltsame Abend beim 1:1 gegen Schalke.

Es war kein Alonso-Abend, das deutete sich schon früh an. Der Weltmeister von 2010 musste regelrechte Ungeheuerlichkeiten ertragen: Etwa, als ihm biestige Widersacher wie Sidney Sam im Spielaufbau die Kugel klauten - oder als er selbst ein paar Zuspiele in die Gefilde des Gegners schickte. Alonso! Mit Fehlpässen! Gut möglich, dass es das zuletzt im vergangenen Jahrzehnt gab. Im Verbund mit Bastian Schweinsteiger soll der Spanier bekanntlich die bayerische Kommandozentrale im Mittelfeld verwalten - jetzt, da Trainer Pep Guardiola mit Philipp Lahm, Thiago, Javi Martinez und dem ausgeliehenen Pierre-Emil Hoibjerg gleich vier Organisationstalente fehlen.

Nur zehn direkte Duelle im Mittelfeld

Aus Sicht einiger Beteiligter funktionierte das sogar. "Wir haben das Spiel gut kontrolliert. Alles ist okay", lobte Guardiola, während Kapitän Schweinsteiger aufgefallen war, dass man im Vergleich zum Wolfsburg-Spiel "keine Konter zugelassen" habe. Gegnerische Schnellangriffe waren zuletzt auch wegen Alonsos Zweikampfführung ein Problem gewesen. Umso erstaunlicher, dass Schalke auf dieses Stilmittel und eigentlich auch auf jegliche weitere Bemühungen nach vorne verzichtete - und das in Überzahl. Zu den Wahrheiten der Münchner Vorstellung zählt aber auch, dass Alonso weiterhin kein Wellenbrecher im Zentrum ist, der sich dem Gegner entgegen wirft.

Ein Blick in die Statistik verrät, dass der Baske lediglich zehn direkte Duelle bestritt und davon sechs gewann. Beim defensiv aktiveren Schweinsteiger registrierten die Zählfüchse immerhin 21 Zweikämpfe, von denen der Kapitän 15 für sich entschied. Gegen die biederen Schalker Vorwärtsversuche fiel das nicht gravierend ins Gewicht, doch es warten ja noch schwierigere Aufgaben in der Champions League. Wenn nicht Max Meyer anrennt, sondern die Benzemas, Neymars und Hazards.

Guardiola wird den Würdeträgern Alonso und Schweinsteiger in der Mitte nur so lange vertrauen, bis zumindest Philipp Lahm wieder fit ist. Das Bayern-System braucht einen Aufpasser, der Bälle gewinnt, der Löcher kittet und gleichzeitig strategisch denkt. Alonso ist nur in letzter Kategorie ein Experte, Schweinsteiger beherrscht immerhin die Kulturtechnik des Beißens. Gut möglich, dass der Herr der Pässe aus dem Baskenland den deutschen Frühling von der Bank aus kennenlernt.

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