Bundesliga:Plötzlich hält auch Wolfsburg Bayern für schlagbar

FC Bayern: Arjen Robben im Training

Arjen Robben war die vergangene Woche einer der wenigen Verbliebenen Im Training des FC Bayern.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Sechs Spiele hintereinander haben die deutschen Nationalspieler des FC Bayern nun schon nicht mehr gewonnen.
  • Statt mit Selbstvertrauen kommen sie nach den Pleiten gegen die Niederlande (0:3) und Frankreich (1:2) ernüchtert zurück vom DFB-Team zum FCB.
  • Es ist deshalb eine spannende Frage, ob Trainer Niko Kovac genau wie Bundestrainer Joachim Löw den Dauerpatienten Thomas Müller zur Erholung aus dem Team nimmt.

Von Jonas Beckenkamp

So richtig glücklich war Bayern-Trainer Niko Kovac nicht, dass er jetzt fast zwei Wochen kaum jemand zum gemeinsamen Arbeiten zur Verfügung hatte. Es war ja ein wenig einsam geworden an der Säbener Straße, all die Nationalspieler tingelten durch Europa, da gab es wenig Gelegenheit, die Probleme in München aufzuarbeiten. Dass es nach vier sieglosen Spielen Verbesserungsbedarf gibt, ist aber eine dringliche Realität.

So blieb Kovac nur die Hoffnung, dass seine Profis "ein Erfolgserlebnis haben, um das mit nach München zu bringen", wie er sagte. Nun ja, das klappte nicht, die Nationalspieler bringen nun zwei weitere Pleiten mit in den Bundesliga-Alltag, ihr Selbstvertrauen dürfte nicht unbedingt größer sein als vor dem Abflug in die große weite Welt. Spieler wie Mats Hummels, Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Niklas Süle, Serge Gnabry, Thomas Müller oder Jerome Boateng kehrten ohne erwärmende Momente zurück, dafür aber mit der wachsenden Erkenntnis: Mia san sieglos. "Wir haben null Punkte geholt, das reicht leider nicht für ein gutes Gefühl", sagte Hummels der Bild-Zeitung.

Wie von Löw könnte Thomas Müller auch von Kovac auf die Bank beordert werden

Der Innenverteidiger hat genau wie seine bayerischen Nationalteam-Kollegen nun sechs Spiele hintereinander nicht gewonnen - was für die Bayern ungewohnt ist. Vor wenigen Wochen fragte man sich ja, ob sie das in München überhaupt noch kennen: Verlieren? Kriseln? Hummels fordert deshalb für die Auswärtspartie am Samstag (15.30 Uhr/im SZ-Liveticker) beim VfL Wolfsburg einen Stimmungswandel: "Es wird mal wieder Zeit, dass wir uns das Gefühl eines Sieges wieder holen." Verloren haben die Deutschen zwar immer noch vereint als Team, dennoch brachte die Länderspielphase auch so etwas wie einen vordersten Verlierer hervor: Nach den zwei Pleiten in der Nations League ist das sicherlich Thomas Müller.

Gegen die Niederlande (0:3) vergab der Stürmer eine Großchance, gegen Weltmeister Frankreich (1:2) kauerte er 88 Minuten auf der Bank, ehe er für seinen Vereinskollegen Gnabry eingewechselt wurde. Im Nationalteam hat er schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr getroffen, zuletzt gelang ihm im Testspiel gegen Spanien im März ein Tor. Müllers Bilanz in München ist etwas besser, doch auch hier war er zuletzt mit der Mannschaft reihenweise vorne abgeprallt. Es ist deshalb eine spannende Frage, ob Kovac genau wie Bundestrainer Joachim Löw den Dauerpatienten Müller zur Erholung aus dem Team nimmt.

Denn ähnlich wie Löw kann sich Kovac nach den jüngsten Enttäuschungen derzeit keine Rücksicht auf vergangene Verdienste leisten. Bei einer weiteren Niederlage in Wolfsburg dürfte die von Präsident Uli Hoeneß ausgesprochene Rückendeckung ("Werde Kovac verteidigen bis aufs Blut") einem gehörigen Stresstest unterzogen werden. Schon jetzt sind die fünf Plätze und vier Punkte, die den Dauermeister von Platz eins trennen, nach eigenem Selbstverständnis zu viel. Aus Fanperspektive sei "die Konstellation super", sagte Arjen Robben im kicker: "Das wollen doch alle."

"Ein guter Zeitpunkt, um Bayern zu Gast zu haben"

Er müsse über die "Schwarz-Weiß-Malerei immer schmunzeln", merkte der Niederländer noch an: "Wenn man die letzten Spiele größer macht, als sie sind, redet man sich selbst in eine Krise. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur um Kleinigkeiten geht." An diesen "Kleinigkeiten", die sich vor der Länderspielpause als ziemlich große Baustellen offenbart hatten, etwa im Offensivspiel, konnte Kovac mit seinem Team wegen der vielen Abstellungen kaum arbeiten. Zumindest trainierte der von der Nationalmannschaft abgereiste Jérôme Boateng nach seinen Muskelproblemen wieder mit - in der aktuellen Form ist er aber kaum eine Option für die erste Elf.

Dass es bei Bayern plötzlich wieder mehr Lösungen bei Ballbesitz und ein flotteres Flügelspiel gibt, ist fraglich. Und das weiß auch der Gegner. "Ich glaube, dass es ein guter Zeitpunkt ist, Bayern München nach einer Länderspielpause zu Gast zu haben", sagt Marcel Schäfer, Sportdirektor des VfL Wolfsburg. Außerdem habe Borussia Mönchengladbach beim 3:0 vor zwei Wochen "eindrucksvoll bewiesen, dass es möglich ist", die Bayern zu schlagen. Schon Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer hatte danach behauptet, dass Bayern bei den Gegnern keine große Angst mehr auslöse.

Wolfsburgs Trainer traf eine ähnliche Analyse: Er sieht in der aktuellen Krise des FC Bayern durchaus Chancen für seine Jungs. "Wir haben zuletzt gesehen: Sie sind zu schlagen", sagte Labbadia am Donnerstag. "Das ist sicherlich außergewöhnlich und nicht normal", folgerte der VfL-Coach zur Situation beim FC Bayern. "Wir dürfen uns aber nicht beeinflussen lassen von dem, was bei den Bayern passiert. Ich erwarte auch nicht, dass eine Mannschaft kommt, die Fracksausen hat". Der VfL selbst ist allerdings ebenfalls seit einiger Zeit sieglos in der Liga. Der bislang letzte Erfolg gelang beim 3:1 in Leverkusen am zweiten Spieltag. "Wir haben gegen beide Teams, die die Bayern geschlagen haben, gute Spiele gemacht", erklärte Labbadia, dessen Team sowohl gegen Berlin als auch Gladbach ein 2:2 erreichte.

Es dürfte spannend werden, ob auch Wolfsburg vom Münchner Kuddelmuddel profitieren kann, wie die FCB-Nationalspieler mit dem erneuten Knacks umgehen. Nur eines gilt als sicher: Sie werden angestachelt sein und die Partie als das wahrnehmen, was sie wohl tatsächlich ist: Eine Frage der Ehre.

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