Franz Beckenbauer hatte Mario Götze schon vor einem Jahr einen guten Rat für die Zukunft geben wollen: "Er muss erwachsener werden." Das ist leichter gesagt als getan, erst recht als rundum sorglos versorgter Profi der Fünf-Sterne-Kategorie. Die Nachricht vom Montag aber lässt aufhorchen: Der Weltmeister trennt sich "einvernehmlich" von seinem langjährigen Berater Volker Struth. Ob das als Indiz des geforderten Erwachsenwerdens zu werten ist, muss sich zeigen.
Der Zeitpunkt für den Wechsel ist erstaunlich. Götzes Vertrag läuft im Sommer 2017 aus, der FC Bayern scheint ihm keine Steine in den Weg zu legen, schon jetzt zu gehen und damit eine Ablösesumme von mindestens 20 Millionen Euro einzuspielen - und zugleich eine hoch dotierte Planstelle freizumachen. Die Rede ist von rund zwölf Millionen Euro Jahressalär. Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass auch Bayerns künftiger Trainer Carlo Ancelotti keinen gesteigerten Wert auf Götze lege. Struth war an sich auf Arbeitgeber-Suche, um ihm wieder regelmäßigere Einsätze auf dem Rasen zu ermöglichen. Gegenüber Bild überraschte der Siegtorschütze der WM 2014 am Montag nun mit der Aussage, er "freue" sich auf "die neue Saison in München". Er werde "alles daran setzen, bei meinem ersten Training unter Carlo Ancelotti topfit anzutreten".
Sein Ex-Berater hatte offenbar andere Pläne mit Götze
Das kann taktisches Geplänkel sein. Der 23-Jährige will sich in Zukunft von seiner Familie, sprich: von seinem Vater Jürgen Götze vertreten lassen, der schon bisher an der Beratung partizipierte. Für Rechts- und Vertragsangelegenheiten aber soll künftig der Münchner Anwalt Peter Duvinage zuständig sein. Der hat die Kanzlei von Axel Meyer-Wölden übernommen, dem früheren Berater von Boris Becker oder Placido Domingo. Von Duvinage werden offenbar auch Bayern-Spieler Holger Badstuber und Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl vertreten. Meyer-Wölden galt bis zu seinem Tod 1997 als Spezialist für besonders gewiefte Verhandlungstaktik und vertrackte Vertragsinhalte. Sein Nachfolger Duvinage sitzt auch im Schiedsgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und einer Reihe anderer Sportgremien.
Die Trennungs-Nachricht war am Wochenende gerüchteweise durchgesickert, am Rande des DFB-Pokalfinales in Berlin. Volker Struths Kölner Beratungs-Firma SportsTotal durfte sie am Montag zuerst auf der eigenen Homepage verbreiten: "Nach ausführlichen Überlegungen und Gesprächen in den vergangenen Wochen" habe man sich "einvernehmlich" zur Trennung entschlossen. Das war Diplomatendeutsch. Man hört aber auch, dass der Impuls zur Trennung von Struth ausgegangen sei. Angeblich hatte er seinem Klienten Götze zu einer Rückkehr zu Borussia Dortmund geraten, um die ins Stocken geratene Karriere dort mit möglichst wenig Risiko wieder in Schwung zu bringen. Mario Götzes Vater arbeitet nach wie vor an der Technischen Universität Dortmund als Professor für Elektrotechnik, die Familie lebt in Dortmund. Struth sei der Meinung gewesen, dass es für Götze Priorität habe, wieder mehr spielen zu können. Ob in Dortmund oder bei einem anderen Klub aus der zweiten Reihe der Spitzenvereine.
Vater Jürgen Götze wollte am Montag zum überraschenden Beraterwechsel keine konkrete Stellung beziehen, sagte aber im Gespräch mit der SZ: "Ich weiß nichts von einem angeblich bevorstehenden Wechsel nach Liverpool. Mario ist mein Sohn, wir reden miteinander, ich müsste es wissen." Der FC Liverpool mit Götzes ehemaligem Trainer Jürgen Klopp war als bisher einziger Interessent aus der Deckung gekommen und hatte ein öffentliches Angebot gemacht. Allerdings konnte sich Klopps Elf als Tabellenachter weder für die Europa League noch die Champions League qualifizieren. Liverpool und Klopp werden deshalb nicht zum Zuge kommen.