FC Bayern:Wie stabil sind die Nerven von Franck Ribéry?

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Zurzeit häufiger ein Fall für Gespräche mit dem Schiedsrichter: Franck Ribéry fiel auch in Jena nicht nur wegen seiner fußballerischen Fähigkeiten auf.

(Foto: Matthias Koch/Imago)

Der Franzose würde seinen Vertrag beim FC Bayern gerne verlängern, aber seit Monaten fehlt ihm ein Signal des Vereins. Nun häufen sich seine Rangeleien auf dem Fußballplatz.

Von Benedikt Warmbrunn, Jena

In manchen Fragen des Lebens wäre es dann doch ganz interessant, die Meinung von Matthias Sammer zu hören. Kaum einer weiß so verlässlich auch im Guten und Leichten noch etwas Unheilvolles und Schweres zu erkennen, er hat sich da in den Jahren zu einer Kassandra des deutschen Fußballs entwickelt - nach all seinen Mahnungen wurde ihm irgendwann leider viel zu wenig Gehör geschenkt.

Und wenn es dann unheilvoll und schwer war, hörte wieder kaum einer auf Sammer, weil dann berichtete er von den leichten Zeiten, die bald wieder kommen würden. Seit sechs Wochen arbeitet Sammer allerdings nicht mehr als Sportvorstand des FC Bayern, es waren unbeschwerte Wochen, aber spätestens am vergangenen Freitag wäre es dann doch ganz interessant gewesen, die Meinung von Matthias Sammer zu hören. Seine Meinung zu Franck Ribéry.

Der Franzose hat eine ziemlich unheilvolle Woche hinter sich, er durfte endlich wieder einmal unbeschwert von Schmerzen Fußball spielen, aber das interessierte keinen. Sein Körper ist wieder stabil, er spielt auch wieder in Ansätzen diesen unberechenbaren Fußball, der ihn einst berühmt gemacht hat. Aber um seinen Körper geht es nicht. Es geht um seine psychische Stabilität.

Im Mai, im Pokal-Endspiel gegen Dortmund, hatte er Gonzalo Castro ins Auge gefasst

Am Freitag, beim 5:0 des FC Bayern im DFB-Pokal in Jena, rangelte sich Ribéry mit seinem Gegenspieler Matthias Kühne. Nachdem dieser ihn gerempelt hatte, legte Ribéry seinen Arm an, drückte Kühne zu Boden. Und so setzte er seine Liste der Unbeherrschtheiten fort. Am Sonntag zuvor hatte er im Supercup Dortmunds Felix Passlack den Ellenbogen ins Gesicht geschlagen. Ende Juli, auf der USA-Reise des FC Bayern, hatte er sich im Testspiel gegen Inter Mailand mit Felipe Melo gebalgt. Im Mai, im Pokal-Endspiel gegen Dortmund, hatte er Gonzalo Castro ins Auge gefasst. Würde er nicht diese Reihe fortführen, wäre der Drücker in Jena wohl überhaupt keiner Erwähnung wert.

Zu all diesen Hitzkopfigkeiten wäre nun die Meinung von Matthias Sammer interessant gewesen, als aktiver Spieler wurde er ja selbst Motzki gerufen, und bestimmt hätte er diese Auftritte einzuordnen gewusst. Da, wo andere nun etwas leicht Diabolisches sehen, hätte Sammer immer noch das Schelmische entdeckt, das Spielerische, das, was Ribéry auch ausmacht. Aber Sammer war ja eben nicht mehr da. Und so läuft nun eine Diskussion, in der es darum geht, warum ein 33-Jähriger immer noch nicht Herr seiner Nerven ist.

Ribéry fehlt ein Zeichen des FC Bayern

Carlo Ancelotti, der Trainer des FC Bayern, hatte Ribéry bereits nach dem Supercup ermahnt, unter der Woche erzählte er, dass der Franzose "verstanden hat, dass er das nicht tun soll". Am Freitagabend versuchte Ancelotti seinen Linksaußen zu schützen. Dieser habe "nichts Besonderes" gemacht, er habe "immer korrekt gespielt". Kühne selbst sagte der Bild, man solle die Szene "nicht überbewerten", die Rangelei sei "keine unfaire Aktion" gewesen; "allgemein arbeitet er viel mit dem Oberkörper", sagte er über seinen Gegenspieler.

Am Sonntag meldete sich jedoch der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer zu Ribérys unheilvoller Woche, der Bild am Sonntag sagte er, dass er den Franzosen für eine "tickende Zeitbombe" halte. Dieser sei "sehr leicht reizbar", dies wüssten die Gegenspieler durch kleine Provokationen auszunutzen, "das kann eine Taktik sein", sagte Kinhöfer. Die Schiedsrichter hätten einen Spieler wie Ribéry ohnehin "im Blick", eine falsch entschiedene Situation, und schon habe man "Alarm im Stadion", so wie beim Supercup in Dortmund. "Die Frage ist, ob er in seinem Alter noch bereit ist, dazuzulernen", sagte Kinhöfer. "Man muss auch den Verein in die Pflicht nehmen, auf ihn einzuwirken."

Ribéry würde gerne verlängern - der Verein zögert

Im Verein wissen sie um die Launen ihres Spielers, nicht erst seit den jüngsten Streitigkeiten. Zum früheren und wohl zukünftigen Präsidenten Uli Hoeneß pflegt Ribéry ein enges Verhältnis; gerade wenn es ihm schlecht ging, reiste er zu diesem an den Tegernsee. Im Sommer hatte Ribéry zudem oft betont, wie wohl er sich unter Ancelotti fühle, dass dieser auf ihn eingehe, dass dieser ihm Freiheiten zugestehe, die ihm zuletzt unter Guardiola gefehlt hätten. Doch ein Zeichen aus dem Verein fehlt Ribéry, seit Monaten schon.

Seit neun Jahren spielt er für den FC Bayern, im nächsten Sommer läuft sein Vertrag aus. Der Flügeldribbler würde diesen gerne verlängern, am besten gleich um mehrere Jahre. Doch während der Klub mit anderen Spielern langfristig verlängert hat, muss Ribéry warten. Seine Verletzungsanfälligkeit in den vergangenen Jahren ließ die Klubbosse zögern, nun kommt die Anfälligkeit für Undiszipliniertheiten hinzu. Und so geht Ribéry in seine zehnte Saison beim FC Bayern in einem persönlichen Zwiespalt zwischen der zurück gewonnenen Freiheit auf dem Platz und der Unsicherheit daneben.

Und so wäre es wohl ganz leicht für den Verein, ein wenig auf Franck Ribéry einzuwirken.

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