Gerüchte um Wenger und Bayern:Der Experte wirbt vergeblich

  • Arsène Wenger würde gerne neuer Trainer des FC Bayern werden, daraus macht er als Experte des katarischen Senders "beIN Sports" kaum ein Geheimnis.
  • Er ist aber kein Kandidat mehr bei den Münchnern.
  • Wahrscheinlicher ist, dass Hansi Flick als Übergangslösung bleibt.

Von Benedikt Warmbrunn

Der Mann, der vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben als Sportfunktionär den Dingen aus einer klitzekleinen Entfernung zuschaut, spazierte in bester Laune in die Münchner Herbstnacht hinein. Uli Hoeneß lief durch die Münchner Arena wie einer, der nicht mehr den großen Druck spürt, und warum sollte er das auch, nicht einmal eineinhalb Wochen vor dem Ende seiner Amtszeit als Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern. Wer der neue Trainer werde, wurde Hoeneß, in den vergangenen Jahrzehnten im Klub der Allwissende, gefragt. Hoeneß lachte. Er sagte: "Gute Frage!" Dann lief er weiter hinaus in die Nacht, zufrieden mit sich und seinem Verein und vielleicht auch damit, wie dieser sich auf die Zukunft vorbereitet.

Es stellen sich beim FC Bayern in diesen Tagen einige gute Fragen. Natürlich auch die, wie der Klub aussehen wird ohne Hoeneß mit höchster Verantwortung, aber diese prinzipiell wirklich gute Frage schaffte es am Mittwochabend nicht einmal auf das Treppchen der guten Fragen. Die anderen, wichtigeren guten Fragen lauten: Wer wird der neue Trainer? Wann kommt der neue Trainer? Und wer wird diesen Trainer finden, zumal auf einem Trainermarkt, auf dem sich die guten Trainer nicht gerade gegenseitig auf den Füßen stehen?

"Natürlich", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, habe Hoeneß Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und ihm "die Aufgabe gegeben", einen Trainer zu finden. "Wir werden auch gemeinsam entscheiden und selbstverständlich dem Aufsichtsrat das vorlegen, was wir vorhaben."

Arsène Wenger wirbt für sich selbst

Die Trainersuche des FC Bayern im November 2019 hat daher ohnehin schon eine historische Note, sie muss gelten als die erste nach dem - vordergründigen - Hoeneß-Rückzug, obwohl es ja bis zu diesem Rückzug noch ein paar Tage hin sind. Die Trainersuche im November 2019 ist außerdem wichtig für die Geschichtsschreibung, weil es der FC Bayern in den vergangenen Jahren durch zwei nicht optimale Entscheidungen (Carlo Ancelotti und Niko Kovac) nicht geschafft hat, mit einer dauerhaften Lösung die Mannschaft neu aufzubauen. Der Klub sucht also einen passenden Trainer, und eigentlich sucht er ihn für sofort.

Also, die wichtigste gute Frage: Wer wird der neue Trainer? Salihamidzic sagte: "Wir lassen uns überhaupt nicht unter Druck setzen. Wir werden in Ruhe eine Entscheidung treffen." Der Sportdirektor sagte das ganz ruhig, er kennt das ja aus dem Sommer. Damals wollten alle von ihm wissen, welche Spieler der Klub noch verpflichtet, am Ende kam Philippe Coutinho, der zweitteuerste Spieler der Fußballgeschichte (wenn auch erst einmal zur Leihe).

Am Mittwochabend und am Donnerstag wurde jedoch auch schon ein Name konkret gehandelt, der von Arsène Wenger, diesem Guru, der 22 Jahre lang den FC Arsenal trainiert hatte, bis zum Sommer 2018. Dass Wenger so konkret gehandelt wurde, verdankte er hauptsächlich dem Werben des Fußballexperten des katarischen Senders "beIN Sports", und Wengers Anliegen war es dabei durchaus zuträglich, dass dieser Experte Arsène Wenger selbst ist. Über die Bayern sagte dieser Experte am Mittwoch: "Was ich an ihnen bewundere, ist, dass sie immer nach vorne spielen, immer den Ball haben, immer das Spiel dominieren wollen. Die Geschichte des Klubs ist es, attraktiven Fußball zu spielen." (Offenbar hat der Experte des katarischen Fernsehen im Oktober 2019 keine Bayern-Spiele gesehen.) So wie Wenger sprach, muss auch nur noch Wenger zusagen, dass er nach München kommt, der 70 Jahre alte Franzose sagte: "Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich will oder nicht."

Wenger wäre wohl ohnehin nur eine Übergangslösung

Wenger war der Erste, der sich interessiert gezeigt hat; die ebenfalls gehandelten Kandidaten Erik ten Hag (Amsterdam), Thomas Tuchel (Paris) und Ralf Rangnick (Leipzig) hatten erklärt, sich auf ihre aktuelle Aufgabe zu konzentrieren. "Das werde ich natürlich nicht kommentieren", sagte Salihamidzic am Mittwoch zu Wenger. Er wiederholte: "Wir werden uns in Ruhe und ohne Druck den Trainer aussuchen, der unserer Meinung nach der richtige für uns ist." Und trotz seiner eigenen Euphorie war Wenger für Salihamidzic und Rummenigge nie ein Kandidat gewesen. Ohnehin wäre Wenger nur eine Übergangslösung gewesen, einer, der bis zum Sommer hätte bleiben können, um dann das Team an die lang ersehnte dauerhafte Besetzung zu übergeben. Das könnte Tuchel oder ten Hag werden, es könnte aber auch eine Hängepartie werden wie im Frühjahr 2018, als irgendwann nur noch Kovac übrig war, der die Mannschaft bis zum Sonntag betreut hatte. Und falls eine Übergangslösung benötigt werde, so ließe sich ein Satz von Salihamidzic interpretieren, dann müsste der Klub ohnehin nicht weitersuchen.

Der Sportdirektor sagte einmal: "Er ist der richtige Trainer für uns." Er, Hansi Flick, hatte zuvor 2:0 gegen Piräus gewonnen, er hatte einem zuletzt wirr gewordenen Team zu mehr Struktur verholfen, nach einer Trainingseinheit; er hatte sich sogar getraut, Coutinho erst in der 90. Minute einzuwechseln. "Sehr konzentriert und fokussiert" habe Flick das gemacht, sagte Salihamidzic, der Trainer habe "selbstbewusst mit der Mannschaft gesprochen". Am Samstag gegen Dortmund wird Flick erneut auf der Bank sitzen. Aber danach? "Es ist für mich wirklich eine Aufgabe für die zwei Spiele", sagte Flick. "Ich bin mir der Position, die ich habe, bewusst. Ich habe schon einige Positionen in meinem Leben hinter mir. Ich weiß, was es bedeutet, wo ich mich zurücknehmen muss, wo ich in den Vordergrund gehen muss." Es sind die richtigen Sätze eines richtigen Trainers, der - das betonte Salihamidzic - "bis auf Weiteres" bleiben werde.

Es ist eine Zeitspanne, die sich beliebig lang dehnen lässt, um in Ruhe den nächsten richtigen Trainer zu finden. Sie lässt sich auf jeden Fall dehnen bis zum Spiel am 23. November in Düsseldorf, vielleicht sogar bis Weihnachten, und natürlich lässt sich diese Zeitspanne ohne Weiteres auch dehnen bis zum kommenden Sommer.

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