FC Bayern:Drei Optionen für Kovac

FC Bayern Muenchen v VfB Stuttgart - Bundesliga

Derzeit sehr oft auf der Bayern-Bank: James Rodriguez.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern gibt Sandro Wagner nach China ab.
  • Der Verein muss sich jetzt wieder mit einem Szenario beschäftigen, das er vermeiden wollte: Im Sturm lastet alle Verantwortung auf Robert Lewandowski.
  • Als Alternative zu Lewandowski könnten Thomas Müller, Serge Gnabry oder, was unwahrscheinlich ist, James Rodriguez spielen.

Von Benedikt Warmbrunn

Wie grauenvoll kompliziert die Lage werden könnte, haben sie beim FC Bayern schon einmal erfahren, an Halloween 2017. Der FC Bayern spielte bei Celtic Glasgow, vor einer beeindruckenden Kulisse, allerdings auch beeindruckend schweratmig; den Siegtreffer zum 2:1 erzielte Javier Martínez, mit einem Pflaster über der Stirn. Der Baske postete später ein Foto, das ihn mit einer blutüberströmten rechten Gesichtshälfte zeigte, dazu schrieb er: "Happy Halloween". Doch was die Lage für den FC Bayern wirklich grauenvoll machte, war die Besetzung im Angriff. Als Stürmer spielte James Rodríguez.

Der Kolumbianer war damals, in den ersten Wochen unter dem einfühlsamen Jupp Heynckes, dabei, im Verein beliebt zu werden, er fing an, seine technischen und gedanklichen Kunstmomente auch in Deutschland zu zeigen. Doch ein Stürmer, das zeigte der letzte Oktoberabend 2017, ist James nicht. Das Grauenvolle für den FC Bayern war es an jenem Halloween also, dass ihnen noch einmal vorgeführt wurde, wie verheerend für die Mannschaft ein Ausfall von Robert Lewandowski ist, der aufgrund von muskulären Beschwerden nicht mit nach Schottland geflogen war.

Dieses grauenvolle Szenario ist am Mittwoch nach München zurückgekehrt, zumindest in die Hinterköpfe der Bosse.

Um Punkt 9 Uhr veröffentlichte der Klub eine Pressemitteilung, in der er den Wechsel von Sandro Wagner, 31, zu Tianjin Teda in die chinesische Super League bekannt gab. "Er hat ein sehr attraktives Angebot aus China vorliegen und wir haben daher seinem Wunsch entsprochen", wird Hasan Salihamidzic zitiert; der Sportdirektor bedankt sich bei Wagner "ausdrücklich für die Zeit beim FC Bayern", und das war geradezu überschwänglich. Ausgehalten hatte es Wagner in München schließlich nicht einmal 13 Monate lang.

Gnabry wäre für den taktisch bislang konservativen Trainer Kovac fast schon ein Experiment

Der Verein hatte Wagner im Dezember 2017 verpflichtet, und zwar deshalb, weil er ein Szenario wie jenes in Glasgow in Zukunft eben vermeiden wollte, eine Partie ohne Lewandowski. Der erste Stürmer des Vereins, der zuvor nie freiwillig auf eine Spiel verzichtet hatte, im Zweifel nicht einmal mit einem Bänderriss in der Schulter, dieser überehrgeizige Angreifer also hatte in den Wochen zuvor ein paar beunruhigende Sätze gesagt. "Jeder Spieler braucht seine Pausen." Oder: "Es wäre schon von Vorteil, in der entscheidenden Saisonphase eine Alternative auf der Bank zu haben."

Der FC Bayern verstand. Und kaufte aus Hoffenheim Wagner, der seine Rolle so verinnerlichte, dass er seinen Rang in der Stürmerhierarchie auch als Rückennummer auf dem Trikot trug: Er trug die "2".

Nun aber, kurz vor dem Ende der winterlichen Transferperiode an diesem Donnerstag um 18 Uhr, fehlt dem FC Bayern wieder ein Ersatz für Lewandowski.

Das Problem mit James

Unter Trainer Niko Kovac hat der Pole zwar festgestellt, dass er so viele Pausen doch gar nicht benötigt, bisher verpasste er in der Liga nur 101 und in der Champions League gar nur sechs Minuten. Lewandowski verfügt über einen ungewöhnlich robusten Körper, wegen muskulärer Beschwerden ist er in seinen viereinhalb Jahren in München zusammengenommen nicht einmal einen Monat ausgefallen (selbst mit der Kombination Kieferbruch/ Nasenbeinbruch/Gehirnerschütterung/ Rippenprellung verpasste er im Frühjahr 2015 nur eine Partie). Sollte dem 30-Jährigen aber doch einmal nach einer Pause zumute sein, stellt sich für Kovac nun die Frage, wer ihn ersetzen könnte.

Historisch gewachsen wäre die erste Lösung Thomas Müller, der bereits vor Wagners 13 Monaten in München Lewandowski gelegentlich vertreten hatte. Müller aber vertraut auch als Stürmer auf sein Gespür für die Schleichpfade, und manchmal führen ihn diese auch weit vom Strafraum weg. Die spielerisch nahe liegendste Lösung wäre daher Serge Gnabry, der schon in Joachim Löws Nationalmannschaft zuletzt erfolgreich in der Sturmmitte gespielt hatte. Auf dieser Position profitiert er von all seinen Fähigkeiten, von seiner Geschwindigkeit, von seinem Trickreichtum, von seiner Stärke im Abschluss. Gnabry im Sturm wäre jedoch für den taktisch eher konservativen Kovac ein Experiment; der Trainer scheint den 23-Jährigen fest auf der rechten Außenbahn eingeplant zu haben, obwohl dieser sich dort nicht am wohlsten fühlt.

Die dritte Option ist zumindest unter Kovac zugleich auch die unwahrscheinlichste. Die dritte Option lautet: James.

Den Kolumbianer schätzt Kovac zwar als Techniker, er ist ihm aber zu langsam. Zudem stören ihn dessen bisweilen aufbrausendes Temperament und dessen Undiszipliniertheiten; laut Bild kam James am Samstag 17 Minuten zu spät zum Abschlusstraining. Dass der FC Bayern den ausgeliehenen Mittelfeldspieler fest für 42 Millionen Euro von Real Madrid verpflichtet, erscheint zurzeit fast ausgeschlossen. James aber frustriert die Situation zunehmend; im Sommer steht die Copa América an, James möchte sich mit Einsätzen empfehlen. Diese wird er unter Kovac zumindest nicht regelmäßig bekommen.

Nach der Verletzung von Neymar schaut sich Paris Saint-Germain gerade verzweifelt nach einem Ersatz um; den Deutschen Mesut Özil hatte der Klub von Trainer Thomas Tuchel angefragt - dieser aber wollte sich nicht ausleihen lassen, zudem verdient er in England ein fürstliches Gehalt. Ein anderer möglicher Kandidat als Ersatz für Neymar wäre: James. Doch bei ihm könnte Paris die komplizierte Transfersituation abschrecken; es müssten sich ja drei Vereine einigen, Real, Paris und die Bayern. Und in München sollten sie zurzeit auch kein Interesse daran haben, ihre ohnehin schon ausgedünnte Offensive noch weiter zu schwächen.

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