FC Bayern vor der Rückrunde:Luxusproblem in der Offensive

Brenos Gezwitscher und der geplatzte Wechsel von Marco Reus stören Bayerns Vorbereitung kaum. Dafür bahnt sich eine luxuriöse Personaldebatte an: In der Offensive streiten fünf Spieler um vier Positionen - und da ist Ivica Olic noch nicht mit eingerechnet.

Johannes Aumüller

Es dürfte schon eine Weile her gewesen sein, dass sich Philipp Lahm das letzte Mal vor die Mannschaft des FC Bayern gestellt und ein paar entschuldigende Worte formuliert hatte. Am Dienstag aber musste der Kapitän des Tabellenführers noch einmal ran - wenn auch nicht in eigener Sache, sondern als Bote seines brasilianischen Mitspielers Breno.

Rot-Weiß Erfurt - Bayern München

Wo wird Toni Kroos spielen? Das ist eine der Fragen beim FC Bayern vor dem Rückrundenauftakt in Mönchengladbach.

(Foto: dpa)

Dieser hatte zu Wochenbeginn für Ärger gesorgt, als er sich via Twitter über den Verein beschwerte und den Umgang mit ihm eine "Sauerei" nannte, weil er bei einem Spiel der zweiten Mannschaft gegen Burghausen hatte mitwirken müssen. Nun überbrachte Lahm die Entschuldigung des Kollegen und gab sich auch deutlich milder als sein Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Dieser war über Brenos Verhalten merklich verstimmt, nachdem der Brasilianer vom Verein im Fall seines Hausbrandes und der Ermittlungen gegen ihn so unterstützt worden war. "Ich würde ihm zumindest mal die leicht gelbe Karte geben", sagte Rummenigge: "Er sollte es in Zukunft lassen, zu twittern."

Immerhin ist bei den Münchnern wenige Tage vor dem Rückrunden-Auftakt gegen Mönchengladbach (Freitag, 20:30 Uhr, live in der ARD) das Getwitter von Breno die einzige echte Aufregung in einer ansonsten harmonisch verlaufenden Winterpause - wenngleich Kapitän Lahm mit seiner Erfahrung von nun 21 Profi-Vorbereitungen sagte: "Wenn wir gewinnen, war die Vorbereitung gut, wenn wir verlieren, war sie schlecht. So ist das halt."

Doch objektiv können die Münchner zufrieden sein. Niemand ist gegangen, niemand hat sich verletzt, im Gegenteil: Bastian Schweinsteiger hat seine Schulterverletzung auskuriert und soll dem Münchner Spiel die Souveränität des ersten Saisondrittels wiederbringen. Der Vize-Kapitän musste am Dienstag zwar das Vormittagstraining wegen einer leichten Reizung im Knie abbrechen, aber sein Einsatz gegen Mönchengladbach ist nicht gefährdet.

Selbst der Wechsel von Marco Reus zum Rivalen Dortmund mitsamt der anschließenden gegenseitigen Sticheleien schien die Münchner nicht mehr groß zu stören. Sie haben sich ihre Strategie im Umgang mit den Borussen festgelegt: als Gegner anerkennen, aber sich selbst noch eine Stufe drüber stellen. "Dortmund ist unser einziger Meisterschaftskonkurrent. Ich denke, sie sind nach uns die Mannschaft mit der besten Qualität", sagte Toni Kroos - wobei die beiden Wörtchen "nach uns" nicht unbetont blieben.

Kroos selbst ist in der Rückrunde eine der zentralen Figuren des Bayern-Kaders. "Fast das Prädikat Weltklasse" gestand Vorstandsboss Rummenigge dem 22-Jährigen nach dessen überzeugender Halbserie zu. Die derzeit vielleicht spannendste Frage ist aber, in welcher Form sich der FC Bayern diesen Fast-Weltklasse-Spieler zu Nutzen macht.

Ribéry gegen Gladbach gesperrt

Denn Kroos hatte in diesem Jahr ja schon viele Positionen inne. Er spielte einen beeindruckenden Zehner, er gab während des verletzungsbedingten Ausfalles von Bastian Schweinsteiger einen ordentlichen Sechser, und Nationaltrainer Joachim Löw hält von dem 22-Jährigen so viel, dass er für ihn den Typus des Zwischenspielers erfunden hat.

Gegen Gladbach könnte den jüngsten Trainings- und Testspieleindrücken zufolge eine weitere Position hinzukommen: die im linken offensiven Mittelfeld, anstelle des gesperrten Franck Ribéry. "Ich habe das ja in Leverkusen gespielt", sagte Kroos. "Wir müssen schauen, ob wir es so machen, es gibt ein, zwei Varianten." In der zweiten Variante spielt er in der Mitte, und Thomas Müller übernimmt den linken Flügel.

Diese Überlegungen sind aber ein Hinweis darauf, dass sich bei den Bayern eine bereits im Sommer begonnene, aber wegen der Verletzungen von Robben und Schweinsteiger wieder eingeschlafene Luxus-Debatte erneuern könnte. Nämlich jene, wo denn all die Offensivkönner spielen sollen.

Heynckes gilt nicht gerade als Freund eines Sechser-Duos Schweinsteiger/Kroos, er bevorzugt einen Abräumer à la Timoschtschuk oder Luiz Gustavo als Schweinsteigers Nebenmann. Insofern bleiben für vier offensive Positionen fünf Kandidaten, nämlich Kroos, Müller, Ribéry sowie Arjen Robben und Mario Gomez - auch diese Auswahl war ein Grund für die Gefasstheit, mit der die Bayern Reus' Entscheid für den BVB zur Kenntnis nahmen.

Wer das Trainingslager und die Freundschaftsspiele genau verfolgt hat, könnte diese Liste sogar noch erweitern: um Ivica Olic. Der Kroate, nach schweren Verletzungen am Knie und an der Hüfte fast schon abgeschrieben und zwischenzeitlich kurz vor dem Absprung, überzeugte in den Testpartien. Von Heynckes gab es auffallend viel Lob.

"Man muss schauen, wie man die Mannschaft aufstellt", sagte Kroos. "Ich habe immer gesagt, dass die Zehn meine Lieblingsposition ist. Wenn ich irgendwo zentral spiele, bin ich zufrieden."

Beim bisher einzigen Mal in dieser Bundesliga-Saison, als Ribéry nicht von Beginn an spielte und Robben, Kroos sowie Müller die Dreierreihe im offensiven Mittelfeld bildeten, da begann Kroos in der Mitte, und Müller kam über links. Es war zum Saisonauftakt, beim 0:1 gegen Gladbach.

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