FC Bayern vor der Champions-League-Quali:Bayern kontern Oliver Kahn

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Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm wollen sich von der Kritik ihres ehemaligen Mannschaftskameraden nicht aus der Ruhe bringen lassen. Doch das erste Qualifikationsspiel zur Champions League gegen den FC Zürich setzt Mannschaft, Trainer und Verein enorm unter Druck.

Carsten Eberts

Bastian Schweinsteiger und Oliver Kahn haben das Trikot des FC Bayern recht lange zur gleichen Zeit getragen. In der Saison 2002/03 absolvierte Schweinsteiger 14 Spiele in der Profimannschaft, wurde damals offiziell noch als Stürmer eingestuft, rückte erst später zurück ins Mittelfeld. Hinten im Tor stand all die Jahre Oliver Kahn. Bis dieser 2008 seine Karriere beendete.

Führungsspieler? Bastian Schweinsteiger (l.) und Philipp Lahm müssen sich mal wieder mit Kritik von einem Ex-Kollegen beschäftigen.  (Foto: dapd)

Wie sehr Schweinsteiger seinen Kollegen in diesen sechs Jahren schätzen lernte, verriet er in dieser Woche. Kahn hatte sich in einem Blog lautstark über die Führungsspieler Schweinsteiger und Lahm ausgelassen, fragte provokant: "Hängt die Titellosigkeit nicht vielleicht mit einer Spielergeneration zusammen, deren Stellvertreter Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger vehement leugnen, dass eine Mannschaft heutzutage echte Führungsspieler braucht?"

Schweinsteiger, der den lauten Auftritt mittlerweile ebenfalls schätzen gelernt hat, konterte sogleich. "Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass Oliver Kahn früher nichts mehr gehasst hat als Kritik von Ex-Kollegen, die über die Medien ausgeübt wird", sagte Schweinsteiger via Bild: "Von so einem großen Spieler erwarte ich, dass er sich an seine Worte erinnert."

Eine Diskussion wie diese ist eher in der Kindergarten-Ecke zu verorten - sie kam den Bayern dennoch nicht ungelegen. Zum einen, weil der Klub in aller Öffentlichkeit seine neue Einigkeit demonstrieren konnte: Schweinsteiger stellte sich vor Lahm, Lahm stellte sich vor Schweinsteiger, Trainer Jupp Heynckes gleich vor beide. Er halte die Führungsqualitäten beider Spieler für sehr gut, man brauche schließlich "nicht immer nach draußen zu poltern, um wahrgenommen zu werden".

Diese Diskussion lenkt dabei von den eigentlichen Problemen ab. Die Bayern spielen am Mittwochabend gegen den FC Zürich um die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League. Es ist zwar erst das Hinspiel, alles andere als ein deutlicher Sieg würde den Klub im Rückspiel sechs Tage später womöglich in arge Nöte bringen. "In diesen zwei Spielen geht es um wahnsinnig viel, um Finanzen, um Image", erklärte stellvertretend Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Heißt übersetzt: Fliegen wir raus, ist das für uns eine gigantische Katastrophe.

Dabei trifft Kahns Analyse durchaus zu. Ausgerechnet jetzt befindet sich der Klub in einer ausgemachten Offensivkrise. Noch vor wenigen Wochen war dies ein undenkbares Szenario: Die zuvor gescholtene Defensive steht vergleichsweise sicher, nun schießt der hochgelobte Angriff plötzlich zu wenig Tore. Trotz ansprechender Chancen gelang keines gegen Borussia Mönchengladbach, nur eines auch gegen den VfL Wolfsburg: in der 91. Minute - durch den Defensivspezialisten Luiz Gustavo.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Gruppenknuddeln in Ekstase

Manuel Neuer hat seine Kollegen schrecklich lieb, Franck Ribéry wird einen ganzen Nachmittag lang ausgepfiffen, Toni Kroos bewirbt sich mit einer peinlichen Schwalbe für einen Stammplatz und Luiz Gustavo schießt ganz unverhofft ein wichtiges Tor. Der FC Bayern beim 1:0 in Wolfsburg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Wolfsburg

Heynckes versucht sich an Erklärungen. "In den letzten Wochen lag das Hauptaugenmerk auf Defensive, vielleicht wurde da die Offensive etwas vernachlässigt", sagte Heynckes nach dem Wolfsburg-Spiel. "Ballbesitz war und ist gut, aber wir müssen schneller nach vorn spielen, wenn Raum da ist", erklärte Kapitän Lahm: "Es dauert einige Zeit, bis man das raus hat."

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Manuel Neuer hat seine Kollegen schrecklich lieb, Franck Ribéry wird einen ganzen Nachmittag lang ausgepfiffen, Toni Kroos bewirbt sich mit einer peinlichen Schwalbe für einen Stammplatz und Luiz Gustavo schießt ganz unverhofft ein wichtiges Tor. Der FC Bayern beim 1:0 in Wolfsburg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Wolfsburg

Die Andersartigkeit des Bayern-Spiels im Vergleich zur Konkurrenz ist dennoch offensichtlich. Während Meister Dortmund seinen Hochgeschwindigkeits- und Präzisionsfußball zelebriert, sind die Bayern auch unter Heynckes noch zu sehr in der Passen-und-dann-mal-sehen-Variante seines Vorgängers Louis van Gaal verhaftet. Die Bayern spielen statischer, schleppender, mit weniger Risiko. Und wenn nicht Arjen Robben oder Franck Ribéry auf den Außen das Tempo im Alleingang anziehen, verharrt das Spiel häufig in der gleichen Geschwindigkeit. Es geht gemächlich zu in München - zumindest so lange, bis sich der Gegner defensiv wieder formiert hat.

Immerhin kann Heynckes gegen Zürich wieder auf Robben setzen. "Er hat drei Tage sehr gut trainiert", verkündete der Trainer Heynckes vor dem dienstäglichen Abschlusstraining und ergänzte: "Es war klug, ihn nicht in Wolfsburg spielen zu lassen." Robben und Ribéry sollen über die Flügel agieren, Thomas Müller dürfte zurück ins Zentrum rücken. Treffen wird es damit wohl Toni Kroos, der damit auf die Ersatzbank müsste.

Heynckes wird also seine beste Elf aufbieten können. Platz für Interpretationen gibt es dann nicht mehr: Gelingt gegen Zürich wieder kein überzeugender Erfolg, wird sich auch Heynckes Fragen nach der Kaderkomposition gefallen lassen müssen.

Große Töne gibt es vor dem Spiel gegen den riesengroßen Außenseiter aus Zürich deshalb nicht. "Jeder ist sich bewusst, dass das keine leichte Nummer wird", versicherte etwa Thomas Müller. "Ich denke, gegen ein 2:0 hätten wir alle nichts", erklärte auch Lahm. Zum FC Zürich sagte Heynckes gar: "Das ist ein spielstarker und kreativer Gegner. Die werden sich nicht verstecken." Das 2:1 des FCZ am Wochenende gegen Meister FC Basel habe ihn ziemlich "beeindruckt".

Das sind vergleichsweise leise Sätze, doch das macht in diesem Fall nichts. Für die Schlagzeilen hatten die Münchner schließlich bereits Oliver Kahn. Der sagte zur eminent wichtigen Partie seines Ex-Klubs übrigens: nichts.

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