FC Bayern vor dem Finale:Münchner Stimmungstief

DFB-Pokal - Abschlusstraining Bayern München

Plant wohl nicht mehr mit Mandzukic: Trainer Pep Guardiola.

(Foto: dpa)

Vor dem Prestigeduell im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund streicht Trainer Pep Guardiola überraschend Stürmer Mario Mandzukic aus dem Pokal-Kader. Schweinsteiger fällt aus, Ribérys Einsatz ist fraglich - und der Fall Thiago verrät die innere Zerrissenheit des Klubs.

Von Boris Herrmann, Berlin

Man sagt, dieses Pokalfinale sei ein Stimmungsendspiel. Im Fall von Jürgen Klopp, dem Trainer von Borussia Dortmund, stimmt das nicht ganz. Er ist schon vor Anpfiff bestens gelaunt. Ein Mann, der mit sich und seinem Verein im Reinen ist, saß Freitagnachmittag im Keller des Berliner Olympiastadions und blickte gemeinsam mit dem Münchner Kollegen Pep Guardiola in das leuchtende Gold der DFB-Pokaltrophäe. Nach einer Weile sagte Klopp zu seinem Nebenmann: "Pep, glaub mir, Deutscher Meister werden reicht. Lass dir von den anderen nichts erzählen."

Man kann Guardiola nur wünschen, dass er sich nichts von Klopp erzählen lässt. Er wird diesen Pokal sehr wohl gebrauchen können, wenn es ab Sonntag um die Endabrechnung seiner ersten Münchner Saison geht. Die Meisterschale wird da vermutlich nur noch in den Fußnoten auftauchen. Manch einer glaubt ja, die Stimmung beim FC Bayern sei gerade am Kippen. Nimmt man das Gesicht zum Maßstab, mit dem Guardiola in Berlin neben dem Dortmunder Dauergrinser saß, dann ist sie bereits gekippt.

"Das war eine Katastrophen-Saison", bilanziert Guardiola. Und man muss schon sehr gut hingehört haben, um im Subtext die Ironie zu finden. Der Spanier ist natürlich weiterhin sehr, sehr stolz auf alle seine Spieler. So wollte er zumindest offiziell verstanden werden. Überzeugend klang das diesmal nicht. Neben Klopp saß ein Mann, der sich zu fragen schien, wo er da hineingeraten ist.

Man hat in diesem Fußballbetrieb schon viele Stimmungen kippen gesehen, aber so schnell ist es selten gegangen. Es ist keine zwei Monate her, dass Guardiola mit seinem Team zuletzt in Berlin spielte. Damals, in der Nacht der März-Meisterfeier, war sich alle Welt sicher, dass die Bayern - und zwar genau diese Bayern - auf Jahre hinaus unschlagbar sein würden. Dann kamen doch ein paar Niederlagen zusammen, darunter ein 0:3 gegen Dortmund sowie ein 0:4 gegen Real Madrid.

Und schon scheint sich ein alter Verdacht zu bestätigen: Der FC Bayern ist ein Klub, der auch deshalb so ungern verliert, weil er nicht verlieren kann. Die Mannschaft, die vor wenigen Wochen einhellig als die beste der Welt tituliert wurde, steht nun womöglich vor einem Umbruch. Noch ist nicht absehbar, wie groß er wird. Aber das Ergebnis vom Samstag könnte darauf nur noch kosmetische Auswirkungen haben.

Pep Guardiola ist angetreten, um einen bestens funktionierenden Verein zu revolutionieren. Dabei kommt es gerade zu Reibungsverlusten, die zahlreichen Beteiligten aufs Gemüt zu schlagen scheinen. Im Mannschaftskreis herrscht offenbar große Verunsicherung, weil viele nicht mehr wissen, wie hoch oder wie tief sie in der Gunst des Trainers stehen.

Dass Guardiola nach der Pleite gegen Madrid seine Startelf als "Big Riesenfehler" bezeichnete, spricht nicht nur für seine gesunde Selbsteinschätzung. Es spricht auch gegen jene Spieler, die beim Big Riesenfehler in den Hauptrollen mitwirkten. Vormals unantastbare Bayern-Profis wie Bastian Schweinsteiger, Franck Ribéry oder Thomas Müller machen sich seither nicht ohne Grund ein paar Gedanken mehr als sonst.

Guardiola wollte Thiago schnell wieder fit bekommen

Der Angreifer Mario Mandzukic hat den Vorteil, dass er sich diese Gedanken sparen kann. Er weiß jetzt aus sicherer Quelle, dass er nicht mehr gebraucht wird. Für das Pokalendspiel steht er nicht mal im Kader, er ist in München geblieben. Guardiola legte Wert auf die Feststellung, dass der Kroate nicht verletzt ist: "Er hätte spielen können. Ich habe aber gedacht, ich nehme andere Spieler mit." Ob Mandzukic je wieder für Bayern spielen wird, darf man getrost bezweifeln.

Bislang unbestätigte Gerüchte besagen, die Münchner würden ihn gerne gegen David Luiz (FC Chelsea) tauschen, um so die Ablösesumme für den brasilianischen Verteidiger zumindest ein bisschen zu drücken. Fakt ist aber auch, dass Mandzukics Marktwert durch die jüngste Ausbootung nicht unbedingt steigt. Nicht alle in der Vereinsführung sind über diese offensichtliche Geldverbrennung erfreut.

Bastian Schweinsteiger wird in Berlin auch nicht spielen. In seinem Fall gibt es zumindest eine medizinische Erklärung: "Er hat ein bisschen Probleme im Knie, er hat Schmerzen", berichtete Guardiola. Auch das sind schlechte Nachrichten, nicht zuletzt für Bundestrainer Joachim Löw. Für das Münchner Stimmungstief spielt ferner eine Rolle, dass auch der Einsatz des Rückenversehrten Ribéry fraglich ist. Die Großwetterlage trübt sich aber vor allem angesichts der neuerlichen Verletzung des Spaniers Thiago weiter ein. Nicht nur, weil der erklärte Lieblingsschüler Guardiolas nach seiner Knie-OP auf unbestimmte Zeit fehlen wird, sondern weil dieser Fall die innere Zerrissenheit des Vereins veranschaulicht.

Dem Vernehmen nach wurde Thiago auf Wunsch Guardiolas und mit Zustimmung von Klubchef Karl-Heinz Rummenigge - aber gegen den Willen des Vereinsarztes Müller-Wohlfahrt - einem spanischen Mediziner anvertraut, um ihn möglichst noch in dieser Saison wieder fit zu bekommen. Klubsprecher Markus Hörwick teilte dazu am Freitag mit: "Bei uns herrscht freie Arztwahl."

Unter der Woche hatte Thiago tatsächlich wieder trainiert. Danach soll der Riss in seinem Innenband um ein Vielfaches länger gewesen sein als zuvor. Spätestens da fragten sich einige einflussreiche Herren in München, ob Guardiolas Reformeifer nicht zu weit geht.

"Das ist ein sehr schöner Pokal", so argumentierte der spanische Trainer im Berliner Stadionkeller gegen seine schlechte Laune an. Jürgen Klopp saß immer breiter grinsend daneben. Er sagte: "Ganz recht Pep, im Gegensatz zur Meisterschale kann man da sogar was reinfüllen." Er schien mehr denn je daran zu glauben, dass die kalte Füllung am Ende aus Dortmund kommen wird.

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