Serge Gnabry:Solo-Abend zum richtigen Zeitpunkt

Serge GNABRY (FC Bayern Muenchen) schiesst das Tor zum 0-1,Aktion,Torschuss gegen Konstantinos MAVROPANOS (VFB Stuttgart; Gnabry

Traumtor zum Auftakt: Serge Gnabry schlenzt an Fabian Müller vorbei ins Tor.

(Foto: Frank Hoermann/imago images/Sven Simon)

Drei Tore, zwei Vorlagen: Serge Gnabry kommt nach einer Phase mit wenigen Spielminuten fulminant zurück. Solche Auftritte sind der Beleg, dass der Bayern-Kader trotz aller Ausfälle immense Möglichkeiten bietet - was man auch an Marc Roca sieht.

Von Martin Schneider

Serge Gnabry war in den vergangenen Wochen nicht oft in den Schlagzeilen, und vermutlich war ihm dieser Umstand sehr recht. Gnabry, sehr gut mit Joshua Kimmich befreundet, konnte ja beobachten, welche Wucht so eine öffentliche Impfdebatte entwickeln kann und wie sie irgendwann so groß wird, dass man eigentlich niemandem wünscht, in ihrem Zentrum zu stehen. Gnabry tauchte in dieser Debatte immer nur am Rande oder als Geraune auf, so richtig ins Gespräch kam er erst, als Bundestrainer Hansi Flick sagte: "Serge hat eine Booster-Impfung bekommen."

Booster-Impfung meint in dem Fall nicht den dritten, sondern den ersten Piks. Gnabry hatte sich im April mit dem Virus infiziert, galt dann sechs Monate lang als genesen. Als er nach Ablauf der Frist im November zweimal als Kontaktperson in Quarantäne musste, geisterte sein Name als einer der "ungeimpften Bayern-Spieler" durch die Diskussionen. Aber weil sein Fall anders war als der von Kimmich und weil Gnabry sich auch nicht dazu äußern wollte und musste, blieb es bei Erwähnungen in Randspalten.

Das Thema ist nun erledigt, Gnabry ist raus aus den Quarantänen, raus aus jeglichen Impfdiskussionen und wieder voll auf dem Platz. Beim Spiel gegen den VfB Stuttgart, seinem Ausbildungsverein, lieferte er im Mannschaftssport Fußball einen dieser Solo-Abende, schoss drei Tore selbst, bereitete die anderen beiden von Robert Lewandowski vor. Und das, nachdem in jüngster Vergangenheit auf Gnabrys Positionen meist Thomas Müller, Leroy Sané oder Kingsley Coman spielten. In sechs Bundesligaspielen nacheinander lief er nur einmal über die volle Spielzeit auf. "Er hat aktuell mit seinem Rücken ein bisschen zu kämpfen, deswegen bekommt er im Moment einen Tick weniger Minuten, als er sicherlich verdient hat", sagte Julian Nagelsmann in der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Der Bayern-Trainer wurde auch nach einer möglichen Vertragsverlängerung mit Gnabry gefragt. Dessen Kontrakt läuft bis Juni 2023, beide Parteien befinden sich in Verhandlungen. Dazu Nagelsmann: "Ich kenne den Serge schon seit Ewigkeiten, ich schätze ihn als Mensch und als Spieler sowieso und würde mir nichts sehnlicher wünschen, als dass er verlängert."

Tatsächlich ist Gnabry ein Spieler, mit dem Nagelsmann, immer noch selbst erst 34 Jahre alt, so etwas wie eine Geschichte hat. Ein Gespräch zwischen den beiden war ausschlaggebend für Gnabrys Leih-Ausflug zur TSG Hoffenheim, als Nagelsmann dort noch Trainer war. Schon als noch überhaupt nicht absehbar war, dass beide mal beim FC Bayern zusammenfinden würden, schwärmte Gnabry in Interviews von der Entscheidung, in den Kraichgau zu gehen.

Kingsley Coman droht mit einer Verletzung am Oberschenkel auszufallen

Unabhängig von der gemeinsamen Vergangenheit bietet Nagelsmanns neues Bayern-System auch für Gnabry andere Möglichkeiten. Er selbst hat nie bestritten, dass er mit der klassischen Position des Flügelläufers nur bedingt zufrieden ist und sich am liebsten in der Mitte in alle Richtungen drehen möchte - dazu passend schoss er seine Tore gegen Stuttgart auch mit beiden Füßen. Nagelsmann hat genau so eine Position gerade für Leroy Sané geschaffen. Und Coman fällt als klassischer Flügelläufer mit einem Muskelfaserriss erst mal aus. Er griff sich nach 27 Minuten an den Oberschenkel und musste ausgewechselt werden.

So ist Gnabry nun auch wieder ein Paradebeispiel für die immer noch immensen Möglichkeiten des Bayern-Kaders. Die sind auch im zentralen Mittelfeld vorhanden, wo Marc Roca gegen Stuttgart nach den Ausfällen von Kimmich, Goretzka, Tolisso und Sabitzer plötzlich eine kleine Chefrolle übernehmen musste. Er machte das angesichts von bisher 25 Einsatzminuten und einem zerfurchten Platz so gut, dass er sich ein Sonderlob von Nagelsmann abholte. Er "liebe solche Spieler, die allen Grund haben, auf den Trainer sauer zu sein" - und dann so auftreten wie Roca: "Heute hat er mir gezeigt, dass es ein Fehler ist, ihn so wenig zu bringen."

Serge Gnabry: Spielte sich gegen den VfB Stuttgart neben Gnabry wieder ein bisschen in den Fokus: Marc Roca.

Spielte sich gegen den VfB Stuttgart neben Gnabry wieder ein bisschen in den Fokus: Marc Roca.

(Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Da sprach eventuell auch ein wenig schlechtes Gewissen aus Nagelsmann, denn Roca hatte im Sommer auf die Olympischen Spiele mit der spanischen Nationalmannschaft verzichtet, um sich auf die Vorbereitung unter dem neuen Trainer zu konzentrieren, in der Hoffnung, eine Chance zu bekommen - ohne dann eine wirkliche Chance zu bekommen. Wie es mit dem 25-Jährigen weitergeht, der mit der Hypothek kam, "nur" aus der zweiten spanischen Liga zum FC Bayern gewechselt zu sein, ist trotzdem offen. Nagelsmann sagte, Roca sei ein Spieler, der den Anspruch habe, öfter zu spielen, und das auch artikulieren würde - dann kann man sich gut vorstellen, dass der Spanier in einem solchen Gespräch vom Trainer gern mal wissen würde, was er eigentlich plant.

Für den FC Bayern geht es am Freitag zu Hause gegen die schlingernden Wolfsburger in die Winterpause, der Herbstmeistertitel ist gesichert, danach folgt eine "Winterpause" bis zum 7. Januar. Wer von den Verletzten im Kader bis dahin wieder fit wird, das dürfte vor allem für Marc Roca interessant sein. Für Serge Gnabrys Stammplatz hat es eher keine Bedeutung.

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