FC Bayern verliert gegen Dortmund:"Schnauze abputzen und weiter gewinnen"

Die Bayern wollen das 0:1 gegen Borussia Dortmund nicht überdramatisieren, müssen sich jedoch eingestehen: Die Meisterschaft ist wieder offen, die Tabellenspitze sogar ziemlich eng beisammen. Am Fehlen von Bastian Schweinsteiger wollen die Münchner die Niederlage jedoch nicht festmachen.

Carsten Eberts, Fröttmaning

Selbstverständlich hatte Jupp Heynckes auf diese Frage gewartet. Sie musste ja kommen, an einem Abend, nach dem der FC Bayern statt möglicher acht nur noch zwei Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund hat. "Wir wussten immer, dass eine Meisterschaft nicht nach 13 Spieltagen entschieden ist", sagte Heynckes nach der 0:1-Niederlage gegen den BVB und brachte gar ein Lächeln hervor: "Der neutrale Beobachter sagt sich bestimmt, dass dies gut für die Bundesliga ist."

Die Kräfte in der Bundesliga haben sich durch den Dortmunder Sieg nicht verschoben, der Topfavorit auf den Titel heißt immer noch Bayern München. Der Liga ist jedoch eine große Angst genommen: dass der Kampf um die Meisterschaft wegen eines uneinholbaren Vorsprungs der Münchner schon Mitte November entschieden ist. Nun sind die Verfolger wieder dran, Dortmund als Zweiter vorneweg. Und der Fast-Meister Bayern wird vorerst zum Doch-Nicht-Fast-Meister.

Diesen Umstand wollten die Münchner am Samstagabend nicht überdramatisieren. "Wir sind immer noch Tabellenführer", erklärte etwa Arjen Robben lakonisch, der nach seiner Leistenverletzung recht überraschend sein Comeback gegeben hatte. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge gab die neue Richtung vor: "Das war sicher kein guter Spieltag für Bayern München. Jetzt heißt es: Schnauze abputzen und weiter gewinnen."

Bei manchen Protagonisten überwog jedoch der Ärger über die eigene Leistung, insbesondere bei Philipp Lahm. "Das Schlimme ist, dass wir heute die Riesenchance vergeben haben, davonzuziehen", sagte der Kapitän: "Wir waren über 90 Minuten die bessere Mannschaft, Dortmund hatte seine Chance aus dem Nichts."

Nun muss Lahms Wertung des Spiels kurz hinterfragt werden. Denn gänzlich unverdient war der Dortmunder Sieg gewiss nicht: In einem aus taktischer Sicht hochinteressanten Spiel verstanden es die Dortmunder perfekt, den Münchner Spielaufbau zu stören. Sie doppelten, wo gedoppelt werden musste, installierten im Mittelfeld ein schwer zu durchdringendes Spinnennetz, liefen mit großer Akribie Löcher zu. Dass bei den Bayern nicht nur Rückkehrer Robben, sondern auch Thomas Müller, Franck Ribéry und Mario Gomez nicht ins Spiel fanden, war das Dortmunder Verdienst.

Auch eigene BVB-Chancen sprangen dabei heraus: In der zweiten Halbzeit scheiterte erst Shinji Kagawa völlig frei an Bayern-Keeper Manuel Neuer (58.), dann wurde ein Treffer von Robert Lewandowski wegen Abseits nicht anerkannt (74.). Das Tor des Tages von Mario Götze, der gedankenschnell vor dem wenig gedankenschnellen Jérôme Boateng abschloss, hingegen hatte gezählt (65.). Dies reichte den Dortmundern zum Sieg.

Ein Lob von Heynckes für Klopp

"Wir sind kompakt gestanden, haben super verschoben und den Bayern ist nichts eingefallen", befand Kapitän Sebastian Kehl. Sein Team habe "überraschend wenig zugelassen, gegen den Ball ein überragendes Spiel gemacht", bilanzierte auch Trainer Jürgen Klopp. Bayern-Coach Heynckes sagte hingegen: "Wenn man gegen Borussia Dortmund spielt, muss man mehr Druck aufbauen, als wir es gemacht haben." Das war, in Richtung von Klopp, vor allem als Kompliment gemeint.

Einem Eindruck wollten die Bayern jedoch entgegenwirken: dass die Niederlage leicht entschuldigt werden kann, mit dem Fehlen von Bastian Schweinsteiger. Natürlich vermisste das Münchner Mittelfeldspiel Schweinsteigers Führung, obwohl Heynckes extra Toni Kroos auf die Doppelsechs zurückbeordert hatte, um die Lücke gegen den deutschen Meister zu schließen. Dies hatte jedoch vor allem den Effekt, dass Kroos in der Offensive fehlte, als Ideengeber. Besonders in der Schlussphase, als es die Bayern sogar mit drei Stürmern (Gomez, Olic, Petersen) versuchten.

"Fußball ist ein Kollektivspiel, das kein einziger Spieler entscheidet", wischte Heynckes Fragen nach dem Personaleinsatz von Kroos beiseite. Kapitän Lahm ergänzte: "Es steht außer Frage, dass Bastian uns fehlt. Aber so stark muss der FC Bayern sein, um das zu verkraften."

Auf die Bayern kommen nun entscheidende Wochen zu. In der Champions League dürften sie am Dienstagabend gegen den FC Villarreal den Einzug ins Achtelfinale perfekt machen. Aber plötzlich ist die Bundesliga wieder das schwierigste Geschäft: Am kommenden Wochenende müssen die Bayern nach Mainz, wo sie sich in der Vergangenheit stets schwer taten, es folgen die kniffligen Partien gegen Werder Bremen und beim VfB Stuttgart.

"Die Situation ist jetzt eine andere", erklärte Heynckes mit Blick auf die Tabelle: "Gladbach, Schalke und Dortmund sind jetzt dran." Doch das ist, wie der Trainer bereits sagte, keine allzu schlechte Nachricht. Zumindest für den deutschen Fußball.

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