FC Bayern: Van Gaals Entlassung:Besiegt vom Bauchgefühl

Van Gaals Rauswurf ist die späte Korrektur eines Münchner Irrtums: Wer derart beharrlich seine Partner vor den Kopf stößt wie der Holländer, kehrt nach einem Jahr als umschwärmtes Feierbiest in seine Schublade als Sonderling zurück.

Andreas Burkert

Nur noch fünf Spiele. Das ist nicht viel. Wer so kurz vor Saisonschluss noch einmal den Trainer austauscht, von dem hat die Panik Besitz ergriffen, der möchte doch noch irgendwie abwenden, was nicht passieren darf. Der FC Bayern hat diesen Schritt gewagt, die letzten fünf Spiele haben sie ihm nicht mehr zugetraut. Jürgen Klinsmann musste gehen.

Zwei Jahre nach dem Irrtum Klinsmann endet nun der einst so vielversprechende Zyklus des Fußballlehrers Louis van Gaal mit einer verstörenden Analogie: fünf Spieltage vor den Ferien, mit einem Machtwort von Uli Hoeneß und seinem unausgesprochenen Hinweis, dass ihn sein Bauchgefühl selten im Stich lässt.

Anders als Klinsmann ist van Gaal aber nicht an seinem Sachverstand gescheitert; daran ändert auch seine Sorglosigkeit bezüglich des Defensivspiels nichts und der Umstand, dass sein Team auch deshalb diese Saison fünfmal keine Führung durchbrachte. Vielmehr ist der Holländer, der einen irgendwie auch fesseln konnte mit seiner Attitüde des kauzigen Großkotz, als Führungspersönlichkeit zur Enttäuschung geworden, als unsensibler Abteilungsleiter des reichsten Familienbetriebs der Welt.

Man muss den hohen Herren in München ja keineswegs immer nach dem Mund reden, ganz im Gegenteil, Widerworte tun ihnen gut; sie liegen ja selbst häufig genug daneben mit Transfers oder selbstgerechten Ansichten. Aber wer derart beharrlich seine Partner vor den Kopf stößt wie van Gaal und nicht ein einziges Mal die offerierte Hilfestellung in Anspruch nimmt, der kehrt eben nach einem Jahr als umschwärmter Feldwebel und Feierbiest in seine Schublade als Sonderling zurück.

Eine weitere Lehre dieser Entlassung ist, dass, wer in München mit Uli Hoeneß partout nicht auskommen möchte, den Verein nicht begriffen und die Reaktion unterschätzt hat. Das könnten nach van Gaal bald auch die Holzköpfe aus der Kurve erleben, die stets singen, dass ihr Verein "forever number one" sein möge, den logischen Zugang der deutschen Nummer Eins (Neuer) aber als frevelhaften Verrat des Klubchefs geißeln.

Fünf Spiele noch, diesmal also mit van Gaals Vertrautem Jonker. Diese Personalie ist den fehlenden Alternativen des Marktes geschuldet und darf auch als vages Bekenntnis zum Vermächtnis des Fußballlehrers van Gaals gedeutet werden. Jonker künftig die Talente anzuvertrauen ist zumindest eine bessere Idee als jene, der von ihrer Autorität lebenden Instanz van Gaal als sogenannter lame duck das Minimal-Saisonziel zuzutrauen. Diesen erstaunlichen Irrtum haben die Bayern spät korrigiert.

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