Süddeutsche Zeitung

FC Bayern und der BVB im Champions-League-Finale:Wir haben uns ganz schön viel Spaß gemacht

Die Fußball-Szene hat ein neues Topmodel: Der FC Bayern macht mit dem 2:1 in Wembley die Wachablösung des FC Barcelona perfekt. Das hochklassige Spiel gegen Dortmund hat gezeigt, der deutsche Fußball ist einmalig in Europa. Das liegt nicht nur an Bayern und Dortmund.

Ein Kommentar von Ralf Wiegand

Der Fußball kann so ein gnadenloser Richter sein mit seiner brutalen Autorität, die es ihm erlaubt, ein Urteil aufgrund einer einzigen Sekunde zu fällen. Egal, was vorher gewesen ist, was richtig oder falsch war, welchen Plan es gegeben hat: In diesem einen, entscheidenden Moment muss der Ball ins Tor.

Akzeptiert man eine solch ungerechte Zuspitzung als Gesetz dieses Sports, so ging es für den FC Bayern München in den Augenblicken zwischen Franck Ribérys Pass auf Arjen Robben und dessen letzter Ballberührung tatsächlich um die Bewertung einer Epoche.

Hätte Robben die Chance vergeben, die Bayern hätten zu historischen Verlierern mit drei Finalpleiten in vier Jahren werden können. Zu unwägbar wären Verlängerung und Elfmeterschießen gewesen. So aber, dank Robbens Tor, dienen sie von einem Moment auf den anderen als Blaupause für die führenden internationalen Klubs.

Die Bayern sind das neue Topmodel der Szene denn erst durch das 2:1 von Wembley ist die Wachablösung des FC Barcelona, den die Münchner im Halbfinale gedemütigt hatten, perfekt.

"Wir gegen uns"

Das ist das eine Ergebnis von London. Das andere ist, mit welcher Wucht und Freude der deutsche Fußball insgesamt ins europäische Rampenlicht getreten ist durch dieses Finale, das die Bild-Zeitung nicht ohne Witz mit "Wir gegen uns" betitelt hatte. Wir haben uns nämlich ganz schön viel Spaß gemacht mit einem Endspiel, das vom sichtbaren Siegeswillen beider Mannschaften veredelt worden ist.

Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht, denn in vielen großen Spielen der Vergangenheit sind nur höchst professionelle Fehlervermeidungsprogramme abgespult worden. Für so viele Torszenen wie am Samstagabend muss man eine ganze Weile in den Annalen zurückblättern.

Und weil es zwei deutsche Mannschaften waren, die dieses gute, selbstbewusste Spiel abgeliefert haben, stellt sich die Frage, was das nun mit dem deutschen Fußball an sich zu tun hat. Viel. Denn das Modell, das diesem Bundesliga-Triumphzug durch die Champions League zugrunde liegt, ist einmalig in Europa. Klubs, die sich mindestens zu 51 Prozent selbst gehören und per Satzung einen großen Teil ihrer Einnahmen in die Entwicklung von Talenten investieren müssen, dazu eine perfekte Infrastruktur - das zahlt sich aus.

Erfolg durch Vielfalt

Die Bundesliga ist den langsameren, aber sichereren Weg gegangen im Vergleich zum von Mäzenen und Oligarchen bestimmten englischen Klubfußball, der spanischen Monokultur aus Barcelona und Madrid oder der italienischen Schuldenliga.

Dass die Bundesliga nun diesen Erfolg hat, liegt auch an ihrer Vielfalt. Es liegt daran, dass etwa der kleine SC Freiburg mit seiner Idee von Fußball die Liga ebenso weiterentwickelt wie der große FC Bayern, der das internationale Flair bringt. Das alles fließt auch in den überzeugenden, individuellen Stil der Nationalmannschaft ein.

Der deutsche Fußball gibt in diesen Tagen eben ein ziemlich geschlossenes Bild ab. Und das wäre auch bei einem Dortmunder Sieg so gewesen.

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SZ vom 27.05.2013/infu
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