FC Bayern und Borussia Dortmund im Champions-League-Finale:Fußball is coming home

Bayern Munich's Mueller celebrates after scoring against Barcelona during Champions League semi-final second leg soccer match in Barcelona

Thomas Müller nach seinem Treffer

(Foto: REUTERS)

Insgesamt erzielen die Münchner in zwei Partien sieben Treffer - und lassen kaum eine Chance des Gegners zu: Mit einem souveränen 3:0 beim FC Barcelona zieht der FC Bayern ins Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund ein und sorgt für einen historischen Moment: Am 25. Mai gibt es das erste deutsche Final-Duell in der Königsklasse.

Es war unzweifelhaft ein Siegerlachen, das Arjen Robben da zeigte. Soeben hatte er den Ball mit seinem linken Fuß ins lange Eck geschlenzt und war zur Ersatzbank des FC Bayern gespurtet. Jetzt stand er in der 48. Minute dieses Champions-League-Halbfinales in Barcelona zwischen seinen Mannschaftskameraden und lachte und strahlte.

Wie hoch war nach dem formidablen 4:o der Münchner im Hinspiel die Wahrscheinlichkeit gewesen, dass ihnen an diesem Abend im Camp Nou die Qualifikation fürs Finale in London misslingen würde? Ein, zwei, bei den größten Pessimisten vielleicht fünf Prozent. Doch nun hatte Arjen Robben das 1:0 erzielt, nun musste Barcelona nicht mehr nur mindestens vier Tore erzielen, um weiterzukommen, sondern sechs.

Wer jetzt noch an ein Ausscheiden der Münchner glaubte, der glaubt auch, dass sie in England bald den Rechtsverkehr einführen. Am Ende hieß es gar 3:0 für die Bayern, am 25. Mai kommt es so zum Duell gegen Borussia Dortmund um die Champions-League-Trophäe. "Wir haben ein super Spiel gemacht und überragenden Fußball gezeigt", lobte Bayern-Trainer Jupp Heynckes.

Vor dem Spiel hatten die Münchner durchaus eine schlechte Nachricht zu verarbeiten. Der Brasilianer Dante, die komplette Saison über die große Stütze in der Innenverteidigung, musste erkältet passen. Doch noch ehe sich der gemeine Bayern-Fan groß sorgen konnte, ob es das Aushilfs-Duo Boateng/van Buyten wohl mit Lionel Messi aufnehmen könne und ob hier nicht eine kleine Gefahr für den sicher geglaubten Finaleinzug lauern würde, konnte er beruhigt aufatmen: Der Argentinier saß zunächst nur auf der Bank.

Mit Messi an ein Wunder zu glauben, okay, das mochte ja noch irgendwie angehen. Aber nun, ohne den Dauer-Torschützen, da mussten die Barcelona-Fans schon kreativ sein, um sich noch Hoffnungen zu machen. Der breite und vor Spielbeginn extra stark gewässerte Platz vielleicht, der Barças Kurzpassspiel entgegenkommt?

Der feste Wille ihrer Spieler, der sich etwa bei Dani Alves zeigte, als er bei der Zeremonie vor dem Spiel so fest auf die Schulter des Einlaufkindes drückte, dass dem Bürschchen ein Bruch drohte? Oder die jüngere Fußball-Geschichte, in der es doch auffallend viele Vier-Tore-Shows gab? Hatte nicht Barça selbst im Achtelfinale gegen den AC Mailand ein 4:0 erreicht, und hatten nicht die Bayern-Profis Schweinsteiger und Lahm im Oktober mit der Nationalmannschaft gegen Schweden innerhalb von 28 Minuten vier Tore kassierte?

Betrübtes Barcelona

Nun: Der FC Bayern ist nicht der AC Mailand und der FC Bayern ist auch nicht die deutsche Nationalmannschaft. Allerdings ist auch der FC Barcelona nicht mehr der FC Barcelona, wie sich an diesem Abend rasch zeigte. Die Mannschaft von Trainer Vilanova agierte zwar etwas zielstrebiger als im Hinspiel und kam so wenigstens ab und an mal in eine Tordistanz, die das Publikum hoffnungsvoll raunen ließ - doch insgesamt blieb sie viel zu einfallslos. Und die Minuten verstrichen nicht nur torlos, sondern meist auch torchancenlos.

FC Bayern und Borussia Dortmund im Champions-League-Finale

Thomas Müller als Vortänzer nach dem Spiel 

(Foto: AFP)

Ein Versuch von Pedro aus der Distanz (24.), ein Schuss von Xavi aus sieben Metern (27.), eine Chance von Fabregas (31.), das war's in der ersten Hälfte im Wesentlichen und das war eigentlich ein bisschen wenig, wenn eine Mannschaft vier Tore erzielen muss. Doch Barça hatte es auch schwer, denn die konzentrierten Münchner stellten die Räume meist geschickt zu - und bei ihren zwischenzeitlichen Kontern strahlten sie weit mehr Torgefahr aus als die Gastgeber.

Vielleicht komme Messi ja später, um dann auch bei den Zuschauern noch einmal eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, hatte FC-Bayern-Trainer Jupp Heynckes vor dem Spiel orakelt. Doch auch nachdem die Halbzeitpause verstrichen war, blieb Messi draußen. Und drei Minuten später richtete er den Blick entgeistert gen Boden. Denn da hatte Robben mit seinem feinen Schlenzer das 1:0 für den FC Bayern erzielt - und die Sache war entschieden.

Doch es war bezeichnend zu sehen, was sich in der Folgezeit tat. Verständlich, dass sich Barça geschlagen gab. Ebenso verständlich, dass die Münchner Fans begannen, sich auf den historischen Moment einzustimmen, wenn es in London zum ersten Mal in der Geschichte der Königsklasse zu einem Bundesliga-Finalduell und zum überhaupt erst vierten Mal zu einem Endspiel zwischen zwei Mannschaften aus einem Land kommt. Doch die Münchner? Die machten fast so konsequent und konzentriert weiter, als könne es Barcelona mit Hilfe einer außerirdischen Macht gelingen, aus dem Nichts sechs Tore zu erzielen.

Mit dieser Einstellung spielten die Münchner souverän zu Ende: Zum einen gelang ihnen noch zwei Treffer, einmal lenkte Barças Piqué eine scharfe Hereingabe von Ribéry ins eigene Tor (72.), einmal verwertete Thomas Müller per Kopf eine Ribéry-Flanke (76.). Und zum anderen, und noch wichtiger, schafften sie es, dass von den sechs mit Gelb vorbelasteten Spielern (darunter so zentrale Kräfte wie Schweinsteiger, Martínez und Lahm) niemand eine Verwarnung erhielt und Heynckes gegen Dortmund seine Bestbesetzung aufbieten kann. "Wir haben hier 3:0 gewonnen, ich muss mich fast zwicken", sagte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge.

Und der FC Barcelona? Der kam noch zu einem Pfostenschuss durch David Villa, doch noch viel eindrücklicher war ein anderer Moment. Denn in der zweiten Hälfte ging zunächst Xavi vom Feld, dann Iniesta, und nun stand da auf dem Platz ein Barça-Team, das völlig ohne sein so oft bejubeltes dreieckiges Herzstück Xavi/Iniesta/Messi auskommen musste. Das Trio wiederum saß so betrübt draußen, als dünkte ihm, dass es an diesem Abend nicht nur zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit vom FC Bayern gedemütigt worden war - sondern dass die von ihm geprägte Ära des großen FC Barcelona gerade zu Ende geht.

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