FC Bayern:Neun Mittelfeldspieler sind mindestens einer zu viel

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  • Hasan Salihamidzic sieht es als Pflicht des FC Bayern an, dem neuen Trainer Niko Kovac einen aufgeräumten Kader zur Verfügung zu stellen.
  • Alle neun zentralen Mittelfeldspieler werden darin keinen Platz finden.
  • Die Bayern sind also ansprechbar für mögliche Angebote, doch sie wissen ganz genau, wen sie ziehen lassen würden und wen nicht.

Von Christof Kneer

In seinem Urlaub in Miami hat Hasan Salihamidzic die deutschen Spiele bei der Fußball-WM gesehen, und er hat schnell gemerkt, welches Potenzial für seinen FC Bayern in diesem Untergangsszenario steckt. Er würde das nicht laut sagen und maximal sehr leise denken, aber im Grunde war diese Schlussfolgerung ja gar nicht zu vermeiden: Der FC Bayern könnte am Ende dieser missratenen WM-Kampagne als Krisengewinnler dastehen, und das nicht nur, weil die Münchner ihre deutschen Nationalspieler nun deutlich vor der Zeit zurückerhalten werden.

Klar war aber vor allem dies: Die Debatten um die Zukunft des deutschen Fußballs würden so laut und dröhnend geführt werden, dass der FC Bayern hinter diesem Lärm in ungewohnter Ruhe seine Arbeit würde erledigen können. Gut, es würde den Leuten auffallen, dass da ein neuer, junger Trainer auf dem Hof steht, und auch Präsident Uli Hoeneß würde sich wohl vorübergehend etwas wundern, weil Jupp Heynckes völlig ohne Vorwarnung einfach nicht mehr kommt. Aber davon abgesehen würde das ganze Land auf Jogi Löw schauen, auf Oliver Bierhoff, Mesut Özil und vielleicht sogar auf diesen Dings, na, Grindel oder wie der noch mal heißt ... und der FC Bayern könnte in dieser Zeit wahrscheinlich Robert Lewandowski an den FC Watutinki verkaufen - und keiner würde es merken.

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Der FC Bayern wird Lewandowski übrigens nicht verkaufen, an niemanden. Spätestens am 31. August würden alle merken, wie der FC Bayern ticke, sagt der Sportdirektor Salihamidzic, das soll heißen: Nach Ablauf der Sommer-Transferperiode wird Lewandowski immer noch ein Bayern-Spieler sein, ungeachtet der Versuche seines kuriosen Beraters Pini Zahavi, seinen neuen Klienten an den Mann zu bringen. Bisher hat Zahavi keinen Termin auf der Geschäftsstelle der Bayern bekommen, und wenn sich die Geschäftsstelle das genau überlegt, dann fällt ihr immer noch kein Grund ein, warum Zahavi plötzlich einen bekommen sollte.

Dennoch werden die Bayern versuchen, im Schatten der WM und all der DFB-Debatten zumindest mal jenen leisen Umbruch anzubahnen, der der Nationalelf womöglich noch bevorsteht. Ihren recht lebenskundigen Semestern wie Franck Ribery, 35, und Arjen Robben, 34, haben die Bayern ein paar ambitionierte neue Buben an die Seite gestellt, von Leon Goretzka, 23, und Serge Gnabry, 22, wird bereits in der neuen Saison eine Menge erwartet.

Vidal hatte seine Zeit beim FC Bayern

Gut möglich aber, dass die Bayern ihr Durchschnittsalter in dieser Transferperiode noch ein wenig weiter senken werden: So ist aus dem Umfeld des Chilenen Arturo Vidal, 31, zu vernehmen, dass der Mittelfeldspieler seine Leute schon ein paar auswärtige Optionen prüfen lässt. Vidal, dessen Vertrag in München noch bis 2019 läuft, könnte anderswo seinen sogenannten letzten großen Vertrag anstreben; und aus dem Umfeld des FC Bayern hört man, dass die Bayern da nicht dramatisch viel dagegen hätten. Vidal hatte seine Zeit beim FC Bayern und er hatte seinen Wert für diesen Klub; nicht ausgeschlossen, dass sich beide Parteien bald mit ein paar warmen Worten trennen werden.

Vidal würde den Bayern noch eine freundliche Ablösesumme einbringen, mit seinem Abschied könnte er aber vor allem auch dem neuen Trainer einen Gefallen tun. Zwar schätzt Niko Kovac unerschrockene Mittelfeldspieler aus dem einfachen Grund, weil er selber mal einer war - als Trainer schätzt er aber auch eine Kabine, die überschaubar bleibt. Es sei "die Pflicht des Vereins, dem Trainer einen Kader zur Verfügung zu stellen, in dem keine Unzufriedenheiten vorprogrammiert sind", sagt Hasan Salihamidzic, "und wir haben - Stand jetzt - neun mehr oder weniger zentrale Mittelfeldspieler für wahrscheinlich nur drei Positionen." Neun! Das Ausrufezeichen spricht er mit.

Also alle Neune bitte mal kurz aufstellen zum Zählappell: Javi Martinez, Vidal, Thiago, Sebastian Rudy, Corentin Tolisso, Leon Goretzka, James Rodriguez, Thomas Müller und - hallo, bitte herschauen! - Renato Sanches. Neun, dieser Meinung ist Salihamidzic sehr ausdrücklich, sind in jedem Fall mindestens einer zu viel.

Die Bayern werden also ansprechbar bleiben für mögliche Angebote, ein zweiter Abschied im Mittelfeld gilt im Moment als nicht wahrscheinlich, aber auch nicht als ausgeschlossen. Für den jungen Portugiesen Sanches sind weitere Leihangebote von Premier-League-Klubs eingegangen, aber in München haben sie beschlossen, dass sie ihr hohes Investment erst mal in der eigenen Firma zu retten versuchen. Niko Kovac fühle sich vom Fall Sanches herausgefordert, berichtet Salihamidzic, dieses begabte, aber noch sehr unrunde Talent habe den Ehrgeiz von Kovac geweckt.

Auch der Spanier Thiago wird immer wieder mit seinem Heimatklub FC Barcelona in Verbindung gebracht, "aber wir planen natürlich mit ihm", sagt Salihamidzic. Allerdings werde das "mit neun Mittelfeldspielern ein sehr interessanter Konkurrenzkampf", was übersetzt so viel heißt wie: Wir würden Thiago zwar deutlich mehr Steine in den Weg legen als Vidal, aber wenn ein Bewerber mit ganz vielen Muskeln kommt, dann könnte es schon sein, dass der die vielen Steine auch wegräumen kann.

"Stand heute ist, dass wir mit Jérôme in die Saison gehen"

Am wenigsten Steine - allenfalls ein paar Kieselchen - muss übrigens derjenige entfernen, der sich für den fast vergessenen Linksverteidiger Juan Bernat interessiert: "Ich lese auch, dass es Interessenten geben soll", sagt Salihamidzic und meint damit womöglich auch den VfL Wolfsburg, "und eines ist ja klar: Juan hat sich in vier Jahren bei uns nicht richtig durchsetzen können. Ich denke, dass er das auch so wahrnimmt, und es wird in diesem Jahr nicht leichter für ihn." Mit solchen Sätzen bestellen die Bayern ihrem Spieler im Grunde den Möbelwagen.

Es werden noch ein paar spannende Wochen beim FC Bayern, zumal ja - neben Vidal - ein weiterer großer Name zum Thema werden könnte: Ob der mit Klubchef Rummenigge ausführlich entzweite Verteidiger Jérôme Boateng den Bayern erhalten bleibt, gilt trotz jüngster Bekenntnisse von beiden Seiten als fraglich: "Stand heute ist, dass wir mit Jérôme in die Saison gehen", sagt Salihamidzic, "aber Jérôme hat bekanntlich bestimmte Vorstellungen geäußert, und sollte es ein seriöses Angebot für ihn geben, werden wir uns das anhören." Nach der WM wird die Öffentlichkeit solche Dinge auch wieder mit der gebotenen Hysterie verfolgen.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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