Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Uli Hoeneß in der Arena: Nur ein Fan?

Von Klaus Hoeltzenbein

Es ist jetzt die Zeit der Hobby-Psychologen. Derer, die versuchen, aus der Physiognomie, aus der Körperhaltung von Uli Hoeneß herauszulesen, ob ihn die Haft verändert hat. Weitergebracht haben die Beobachtungen vom Mittwochabend die Persönlichkeits-Deuter kaum. Denn der Mann, der da kurz vor 20 Uhr seinen Platz auf der Ehrentribüne der Arena suchte, wirkte rein äußerlich wie vor fast zwei Jahren. Jedenfalls hatte er seine Garderobe nicht geändert.

Übergeworfen hatte er eine dunkle Allwetterjacke des Team-Ausrüsters, wie er sie auch getragen hatte, als er letztmals bei einem Champions-League-Spiel zugegen war - im März 2014 bei einem 1:1 gegen den FC Arsenal. Und um den Hals gewickelt hatte er eine wärmende rot-weiß-rote Wollwurst, mit der sich Hoeneß stets als erster Fan des Klubs, den er aufgebaut, gelenkt, beherrscht hatte, zu erkennen gab. Das letzte Liga-Spiel, das er im Stadion sah, war im Mai 2014 ein 1:0 gegen den VfB Stuttgart. Anschließend schlossen sich in der JVA Landsberg die Tore.

57 Bundesliga-Duelle hatten ohne ihn stattgefunden, die Rückkehr sollte "als freier Mann, als Privatmensch" erfolgen, so Hoeneß. Er wolle Fußball jetzt erst einmal genießen, dann Urlaub machen, und erst im Sommer erklären, wie er sich das so vorstelle in seiner neue Rolle beim FC Bayern, die ja auch die alte sein könnte, da im November ein Wechsel auf dem Präsidententhron erfolgen kann. Den hat Karl Hopfner inne, vermutlich interimsmäßig, denn er werde diesen Thron räumen, hatte Hopfner erklärt, falls Hoeneß Anspruch erhebe.

Innige Umarmung mit Herbert Hainer

Kam da nun ein Fan? Oder doch einer, der längst seinen fest entworfenen Fahrplan hat für die Rückkehr zu Macht und Einfluss? Die Kameras jedenfalls, die aus der Ferne seinem Weg zur Sitzschale folgten, entdeckten Hoeneß schnell in einer innigen Umarmung mit Herbert Hainer, dessen Firma nicht nur jene dunklen Allwetterjacken fertigen lässt, die Hoeneß trägt. Adidas besitzt auch (wie Audi und die Allianz) 8,33 Prozent an der FC Bayern AG. Das Private und das Geschäftliche werden fortan nur schwer zu trennen sein, obwohl Hoeneß, der seit dem Montag wieder ein freier Mann ist, vorerst ohne jede offiziell bekannte Funktion beim FC Bayern ist.

Eine Sitzschale fand er zunächst zwischen seiner Frau Susi und Hainer. Nach 21 Monaten Haft (14 davon im offenen Vollzug) musste Hoeneß sich bis zur 64. Minute gedulden, ehe er in Freiluft mal wieder ein Bayern-Tor, jenes zum 1:1 von Arjen Robben, bejubeln konnte. Aus der Übung war er in dieser Hinsicht kaum gekommen, zu den Basketballern des FCB hatte er ja auch als Häftling gedurft, doch der Besuch in der Arena war ihm verboten. Sein Comeback dort, die Zeit als Fan, begann mit einer erstaunlichen Niederlage.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2889852
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.03.2016/chge
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.