FC Bayern überrollt Barcelona:Auf dem Weg zur Nummer eins im Weltfußball

Bayern Barcelona Champions League Halbfinale

Die neue beste Mannschaft der Welt? Der FC Bayern nach dem 4:0 gegen den großen FC Barcelona

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern kann es selbst kaum fassen: Gegen die zuletzt beste Elf der Welt gewinnen die Münchner im Halbfinale der Champions League mit 4:0. Der Gala-Auftritt gegen Barça ist die Ehrenrettung aller Bundesliga-Klubs, die zuvor von den Münchnern verprügelt worden waren. In der Defensive ist die Mannschaft nicht zu überwinden, nach vorne nicht zu stoppen.

Eine Analyse von Thomas Hummel

Es liefen die letzten Minuten in diesem denkwürdigen Spiel, da setzte Bastian Schweinsteiger noch einmal ein Zeichen. Als das Münchner Stadion brodelte wie selten zuvor, stand er zum 20. oder 30. Mal genau in dem Quadratmeter des Spielfelds, in dem Xavi mit Messi gerade das berühmte Tiki-Taka beginnen wollte. Es ist jener Bereich zwischen der eigenen Abwehr und dem Mittelfeld, in dem der FC Barcelona seit Jahren Anlauf nimmt, um mit zwei bis sechs kurzen Pässen ganze Abwehrlinien zu zerlegen.

Doch da war wie immer Schweinsteiger und weil eh schon alles entschieden war, machte er sich diesmal nicht die Mühe, dem Gegner den Ball filigran abzulaufen oder ihn mühsam zu blocken. Sondern drosch die Kugel einfach auf die Tribüne. Wumms. Die Menschen johlten auf. Es war der letzte Imperativ des Spiels: Ihr kommt hier nicht durch, und wenn ihr es noch hundert Mal versucht, IHR KOMMT HIER NICHT DURCH!

Ihr, das war die bis dahin beste Mannschaft der Welt. War, muss es seit dem Dienstagabend heißen, denn der FC Bayern München hat das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen diese Mannschaft mit 4:0 gewonnen. Vier zu null. Der FC Bayern hat den FC Barcelona so dermaßen überrollt, dass zumindest für den Augenblick feststeht: Die Katalanen sind nicht mehr die Nummer eins im Weltfußball. Die Münchner sind zumindest für diese Saison dabei, zu übernehmen.

Manch einer konnte das kurz nach dem Abpfiff nur schwer fassen. Stephan Lehmann, der Stadionsprecher, verabschiedete die 68.000 Zuschauer mit den Worten: "Später einmal können Sie Ihren Enkeln erzählen: Ich war dabei." Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge sagte: "So einen Abend habe ich auch noch nicht erlebt, und ich bin schon lange dabei. 4:0 gegen die beste Mannschaft der Welt, das ist wie ein Traum hier." Auch Arjen Robben wirkte erstaunt von der eigenen Stärke: "Wahnsinn. Es ist kaum zu glauben."

Der Traum und der ganze Wahnsinn drücken sich auch in Zahlen aus. Mit 0:4 verlor Barcelona ein Spiel in der Champions League zuletzt 1997 gegen Dynamo Kiew. Noch nie hat ein Klub ein Halbfinale in diesem Wettbewerb mit vier Toren Differenz gewonnen. Dem Fußballdaten-Dienst Opta zufolge hat Barcelona seit zehn Jahren in keinem Spiel so wenige Torschüsse abgegeben, nämlich nur vier. Und das letzte Mal, dass Lionel Messi so hoch verlor, war im Juni 2010: im WM-Viertelfinale mit Argentinien gegen Deutschland.

Meisterleistung von Jupp Heynckes - wieder mal

Wie konnte es dazu kommen? Der Beginn dieser Geschichte liegt nach wie vor im vergangenen Sommer, als die Münchner nach all den Enttäuschungen richtig reagiert haben. Zugang Javi Martínez machte neben Schweinsteiger eine grandiose Partie und führt den brutalen Balleroberungsfußball des FC Bayern an. Auf die Frage, was dieses Team auszeichne, sagte Torwart Manuel Neuer: "Die Geschlossenheit und die Qualität in der Mannschaft. Wir sind durch die Niederlagen in der letzten Saison enger zusammengewachsen."

Die Entschlossenheit, der Fußballwelt zu zeigen, dass die Münchner nicht immer in den entscheidenden Spielen verlieren, hat inzwischen eine Wucht entfaltet, der kein Gegner standhalten kann. Nicht Juventus Turin, nicht der FC Barcelona. Eine Tatsache, die zur Ehrenrettung einiger Bundesligisten wie Wolfsburg, Hamburg, Hannover und all den anderen dient, die von den Münchnern ebenso lustvoll verprügelt worden waren.

Gegen Barcelona wurde zudem nochmals deutlich, was für ein gutes Trainergespann der FC Bayern angestellt hat. In Erwartung des weltberühmten Pep Guardiola liefert Jupp Heynckes mit seinem Team eine taktische Meisterleistung nach der anderen ab. Fanden sie gegen Juventus ein Mittel gegen Andrea Pirlo, schafften sie es diesmal, Lionel Messi, Xavi, Iniesta und ganz Barça zu bremsen. Barcelonas Taktik in der Offensive beruht auf den Anspielstationen "zwischen den Linien", zwischen Abwehr und Mittelfeld, wo dann blitzschnell durchkombiniert wird.

Diesen Raum verbarrikadierten Schweinsteiger, Martínez und die Innenverteidiger, vor allem Lionel Messi war völlig aus dem Spiel genommen. Daneben rannten Franck Ribéry, Thomas Müller, Mario Gomez und Arjen Robben nach hinten wie die Karnickel vor den Hunden. Bisweilen standen zehn Bayern-Spieler rund um den eigenen Sechzehner, um Torwart Neuer zu unterstützen.

Der letzte Faktor für das rauschende Fest war die fast groteske Überlegenheit der Münchner bei hohen Bällen. Beim 1:0 übersprang Dante den Brasilianer Dani Alves und Thomas Müller köpfelte ein (25.). Beim 2:0 übersprang Müller wieder Alves und Mario Gomez schoss ein (49.), wenngleich in Abseitsposition. Bei jedem hohen Ball litten die Katalanen hinten Höllenqualen. Durch den Vorsprung konnten die Bayern zunehmend kontern und erhöhten noch durch Robben (73., dem allerdings ein Foul von Müller vorausging) und den überragenden Müller (83.).

Heynckes hat es wie kaum ein Bayern-Trainer vor ihm geschafft, alle Fußball-Millionäre hinter dem Ziel "Erfolg für die Mannschaft" zu einen. "Wir haben einen super Kader, der auch sehr gut harmoniert. Wenn mal einer nicht spielt, ist keiner sauer und beleidigt und freut sich für die anderen", führte Neuer aus. Thomas Müller assistierte: "Die Mannschaft funktioniert. Und damit meine ich nicht elf Spieler, sondern 25, das sieht man Woche für Woche, Tag für Tag."

So kulminierte diese fußballerisch fast irreal erfolgreiche Saison des FC Bayern an diesem Dienstag. Da wurde am Morgen bekannt, dass der Klub Mario Götze von Borussia Dortmund für 37 Millionen Euro verpflichtet, einen der begehrtesten jungen Spieler der Welt. Präsident Uli Hoeneß zeigte sich inmitten der Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung mit einem rot-weißen Schal im Stadion als wäre alles wie immer und erhielt von vielen Menschen Solidaritätsadressen. Und dann schießt die Mannschaft den großen FC Barcelona mit 4:0 aus dem eigenen Stadion.

Kapitän Philipp Lahm veranlasste das zu einer Prognose: "Uns stehen schöne Jahre bevor. Wir haben einen super Kader mit super Charakteren und dazu die finanziellen Mittel, immer wieder Topspieler zu holen." Eine gewagte Prognose war das nicht.

Match-Fakten zu Bayern - Barcelona

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