FC Bayern: Trainingslager in Doha:Grübeln in der Wüste

Mit dem wechselwilligen Mark van Bommel fliegt der FC Bayern zum Trainieren nach Katar. Während der Kapitän nach der Verpflichtung von Luiz Gustavo seine Optionen abwägt, überrascht van Gaal mit der Ankündigung eines weiteren Transfers.

Andreas Burkert

Einer ist unpünktlich am Sonntagmorgen. Es handelt sich, das ist gut zu erkennen, um einen namhaften Fußballprofi aus Holland. Der Bursche habe wohl Probleme mit der Weckfunktion seines iPhones und deshalb den gemeinsamen Treffpunkt an der Säbener Straße verpasst, witzelt Louis van Gaal mit bittersüßem Ton. Aber mit diesem Herrn plant er ohnehin nicht mehr, und dass er wider die Interessen aller Beteiligten nun doch mitreist ins Trainingslager nach Katar, wird der Trainer des FC Bayern so belanglos finden wie einen defekten Silvesterböller oder eine Wortmeldung seines Intimfeindes Johan Cruyff.

Trainingslager FC Bayern München - Abflug

Vorerst noch dabei: Mark van Bommel fährt trotz der Verpflichtung seines vermeintlichen Nachfolgers Luiz Gustavo mit ins Trainingslager der Bayern.

(Foto: dpa)

Vom Reservisten Edson Braafheid hat er sich innerlich längst verabschiedet, seitdem ihm der Verteidiger im Herbst in der Kabine lautstark Widerworte gab. So geht jedenfalls die Legende. Während also Braafheid morgens auf dem Münchner Airport nach dem letzten Aufruf doch noch auftaucht und vorm Gate bis auf van Gaal jeden per Handschlag begrüßt (sofern das während des Gefummels an seinem Mobiltelefon möglich ist), war Mark van Bommel natürlich pünktlich erschienen.

Allerdings zweifelt man dann doch kurz, ob der Kapitän wirklich einsteigt: Sekundenlang starrt er auf die Anzeige, "2570 - Doha, 10:00" steht dort geschrieben. Schwitzen unter van Gaals Regiment auf einer kargen Halbinsel am Persischen Golf, das sagt sein Blick, muss das wirklich sein? "Jetzt fahren wir ins Trainingslager", sagt er, "und ich schau' mal."

So nachdenklich ist seit dem kauzigen Menschenforscher Oliver Kahn noch nie ein Münchner Spielführer mit auf Reisen gegangen, aber man muss van Bommel da verstehen. Denn sein Arbeitgeber hat erwartungsgemäß Ernst gemacht und den defensiven Mittelfeldspieler Luiz Gustavo verpflichtet. An Neujahr traf der Brasilianer aus den Ferien in München ein, im Anschluss an die Unterzeichnung eines bis 2015 gültigen Vertrags soll er am Montag mit Sportdirektor Christian Nerlinger in die Wüste nachreisen.

Gustavo sei "eine Verstärkung für Bayern München", findet van Gaal, "er hat bei Hoffenheim immer im Mittelfeld gespielt, aber auch Innenverteidiger und linker Außenverteidiger, und das ist auch ein Grund, warum wir diesen Spieler geholt haben: Weil er multifunktional ist, und auf diesen Positionen haben wir vielleicht ein Problem".

Nach der etwas überraschenden Absage des englischen Linksverteidigers Leighton Baines vom FC Everton, den schlimmes Heimweh vom nächsten Karriere-Schritt abhält, galt die vorzeitige Verpflichtung Gustavos intern als abgemacht; angeblich 15 Millionen Euro Ablöse überweisen die Bayern für den 23-Jährigen, den Hoffenheim im Sommer 2007 vom Provinzklub Corinthians Alagoano auslieh und dann für eine Million Euro kaufte.

Alaba nach Hoffenheim

Verrechnet wird bei dem Deal die Ausleihe David Alabas an die Hoffenheimer, der 18-jährige Mittelfeldspieler soll dort zunächst bis zum Saisonende Spielpraxis erhalten. "Er ist ein großes Talent", sagt van Gaal über den jungen Österreicher, der ihm vor der Saison als Argument gegen die diskutierte Verpflichtung von Nationalspieler Sami Khedira diente: "Aber das Problem ist, dass er bei Bayern München keine Spielzeit bekommt, und das ist wichtig für ein großes Talent."

Gustavo - 72 Erstliga-Spiele, zwei Tore, vier Platzverweise - kommt, und neben Martin Demichelis (nach Malaga) darf auch Braafheid gehen, wenn sich ein Abnehmer findet. Doch was wird aus van Bommel? Beim Pokalspiel vor Weihnachten in Stuttgart hatte der 33-Jährige seine Neigung zum vorzeitigen Abschied wegen des Münchner Flirts mit Gustavo nicht verheimlicht.

Über die Feiertage hat sich seine Einstellung nicht geändert. "Das Transferfenster ist gerade erst geöffnet, das ist für jeden Verein eine unruhige Zeit, das sieht man jetzt in Hoffenheim", sagt er. Viele Interessenten hätten sich auf seine indirekte Stellenanzeige gemeldet, "das macht mich ein bisschen stolz, und ich habe schon einigen Vereinen abgesagt". Es muss nur das richtige Angebot kommen. Dann geht er.

In München endet van Bommels Kontrakt unwiderruflich Ende Juni. Über ein Interesse aus Wolfsburg war berichtet worden, ebenso über die Option Tottenham. Zumindest die Engländer, erzählt er leise, "die haben sich nicht gemeldet". Ansonsten? "In Spanien habe ich schon bei Barcelona gespielt, da bleibt nicht mehr viel." Eine Rückkehr in die holländische Eredivisie sei dagegen "auf jeden Fall eine Option". Ursprünglich wollte er mal die Karriere bei seinem einstigen Klub PSV Eindhoven ausklingen lassen. Mal sehen, sagt er und ergänzt zurückhaltend: "Ich bin nicht in der Position, etwas ausschließen zu können."

Van Gaal scherzt: "99 Prozent"

Das gilt somit auch für die Möglichkeit, dass van Bommel am Samstag in Doha letztmals die Kapitänsbinde trägt; beim Test zum Abschluss der Plackerei bei 25 Grad, gegen den Tabellen-Elften der Qatar Stars League, Al Wakhrah. Er glaube nicht, dass van Bommel jetzt noch gehe, sagt van Gaal, aber vielleicht hat er da wieder nur ein Späßchen gemacht. Wie bei jenem neuen Offensivspieler, der "zu 99 Prozent" diese Woche noch hinzustoßen werde.

Nach dieser vermeintlichen Ankündigung sah sich daheim Vorstand Karl-Heinz Rummenigge gleich zu einem Dementi genötigt: Im Januar werde außer Gustavo niemand geholt, der Trainer müsse Arjen Robben gemeint haben, der nach seiner Verletzung zurückkehre. Robben hat Silvester in Dubai verbracht und reiste von dort aus nach Doha. Er war zu 100 Prozent pünktlich und trainierte zum Auftakt mit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: