FC Bayern:Tolisso kehrt mit der Aura des Weltmeisters zurück

Lesezeit: 3 min

194 Minuten spielte Corentin Tolisso bei der Weltmeisterschaft in Russland - am Ende durfte auch er mit dem Pokal jubeln. (Foto: Franck Fife/AFP)
  • Zum dritten Mal hat der FC Bayern einen Weltmeister in den Reihen, der den Titel nicht mit Deutschland gewonnen hat: den Franzosen Corentin Tolisso.
  • Nach einem ordentlichen ersten Jahr in München und einigen Einsätzen bei der WM kann er nun Ansprüche anmelden.
  • Im Mittelfeld des FC Bayern gibt es zwar ein Überangebot an guten Spielern - doch Tolisso könnte jetzt besser dastehen als vor der WM.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Mit manchen Sitten und Bräuchen dieses lustigen Völkchens, bei dem er seit einem knappen Jahr lebt, fremdelt Corentin Tolisso nach wie vor, aber daraus sollte niemand schließen, dass er sich nicht freut, bald zurückkehren zu dürfen in dieses Bayern. Weißwürste, süßer Senf und Bier zum Frühstück, hat Tolisso vor wenigen Wochen dem Vereinssender des FC Bayern erzählt, "das ist zu hart".

Zu den Sitten und Bräuchen dieses lustigen Völkchens gehört es allerdings auch, dass kein Fest ausfallen darf, das der eigenen Großartigkeit gewidmet ist, so ist das auch bei Tolisso. "Einen gebührenden Empfang" werde der FC Bayern ausrichten, hat Klubboss Karl-Heinz Rummenigge mitteilen lassen, und wenn sie es gut mit ihrem Spieler meinen, werden sie dabei auf Weißwürste verzichten. Servieren würden sie dann Apfelstrudel und Brezn. Das, hat Tolisso erzählt, mag er ganz gerne.

Streit um Werbemotive
:"Das wird vom FC Bayern nicht akzeptiert"

Klubchef Karl-Heinz Rummenigge übt heftige Kritik am Deutschen Fußball-Bund, weil dieser wohl gegen Marketing-Leitlinien verstoßen hat. Auch das Statement eines Sponsors bringt den Verband in die Bredouille.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Anfang August wird der 23-Jährige zurück in München erwartet, als Letzter von zwölf WM-Reisenden des Vereins, vor allem aber: als Weltmeister. Mit diesem Titel hat sich auch der FC Bayern geschmückt, der Klub, teilte Rummenigge mit, sei "stolz darauf", einen "aktuellen Weltmeister in seinen Reihen zu haben". Zumindest für ein paar Tage überdeckt der Titelgewinn des Franzosen, dass ansonsten kein Spieler des Vereins stolz auf sein Turnier sein konnte; die acht Deutschen (inklusive des Zugangs Leon Goretzka) scheiterten wie der Pole Robert Lewandowski in der Vorrunde, die Spanier mit Thiago sowie die Kolumbianer mit James im Achtelfinale.

Neun Spieler fürs Mittelfeldzentrum

Zum dritten Mal hat der FC Bayern einen aktuellen Weltmeister in den Reihen, der den Titel nicht mit Deutschland gewonnen hat, nach Jorginhos Erfolg 1994 mit Brasilien sowie dem von Bixente Lizarazu 1998 mit Frankreich. Jorginho hat mit seinem Weltmeister-Status den Klub allerdings nicht lange geschmückt, er wechselte ein halbes Jahr später nach Japan. Lizarazu dagegen blieb noch sechs Jahre, er war eine der treibenden Kräfte beim Gewinn der Champions League 2001. Und Tolisso?

Das Mittelfeldzentrum, in dem auch bei der WM so viele Spiele entschieden wurden, ist beim FC Bayern auf den ersten Blick üppig besetzt, neun der 25 Spieler im Profikader fühlen sich dort wohl. Auf den zweiten Blick allerdings ist nicht eindeutig, wer vor der Abwehr spielen soll. Den Chilenen Arturo Vidal würde der Verein gerne verkaufen, den Basken Javier Martínez, der in der vergangenen Saison unter Jupp Heynckes gesetzt war, führen sie auf der Homepage des Vereins unter dem Mannschaftsteil "Verteidigung", möglicherweise bereits als Absicherung, falls Innenverteidiger Jérôme Boateng doch wechseln sollte; am Dienstag hat Martínez sich zudem das Knie verstaucht, wie lange er ausfällt, teilte der Klub nicht mit.

Zwei der neun Bewerber, Thomas Müller und James, orientieren sich deutlich offensiver. Und so gibt es keinen natürlichen Stammplatzkandidaten für das defensive Zentrum, nicht Sebastian Rudy, nicht Thiago, nicht Goretzka - und erst recht nicht Rückkehrer Renato Sanches. In dieses Vakuum stößt nun Tolisso mit seiner Aura des Weltmeisters.

Bundesliga
:Lewandowski will angeblich Aussprache mit FC Bayern

Laut einem Bericht fühlt sich der Stürmer zu Unrecht als Symbolfigur des Münchner Champions-League-Scheiterns dargestellt. Er wünscht sich offenbar ein Bekenntnis des Klubs.

Der Franzose, der im vergangenen Sommer für die Rekordsumme von 41,5 Millionen Euro aus Lyon nach München gewechselt war, kommt zwar nicht als WM-Stammspieler zurück, 194 Minuten war er in Russland im Einsatz. Seinen Anteil am Titelgewinn hat allerdings auch er. Zweimal stand er in der Startelf, zweimal beeinflusste er das Ergebnis. Im ersten Gruppenspiel stoppte er beim Stand von 1:1 einen aussichtsreichen Konter der Australier, es war eine clevere Aktion, allerdings auch eine, für die er die rote Karte hätte sehen können. Im Viertelfinale gegen Uruguay, seinem besten Spiel, bereitete Tolisso den 2:0-Endstand durch Antoine Griezmann vor. Es ist ein Zeugnis, mit dem er zumindest Ansprüche anmelden darf nach einem ordentlichen ersten Jahr in München.

"Sehr, sehr, sehr glücklich" sei er, sagte Tolisso im Mai. Vor WM-Beginn postete er auf Instagram ein Foto vom Tag seiner Vertragsunterschrift im Sommer 2017, "1 an" schrieb er dazu, ein Jahr, dazu ein rotes Herz. Gesagt hat Tolisso allerdings vor der WM auch schon: "Alle wollen spielen."

Nun, nach dem Ende des Turniers, dürfte sich auf dem sogenannten Transfermarkt eine Dynamik entwickeln, die auch den FC Bayern erfassen könnte, eine Dynamik, die diesen wuchtigen Kader etwas entschlackt. In den vergangenen Tagen hielten sich zum Beispiel Gerüchte, dass Real Madrid in diesem Sommer den für zwei Jahre ausgeliehenen James zurückholen wolle; der Kolumbianer wird wie der neue Real-Trainer Julen Lopetegui von dem gewieften Portugiesen Jorge Mendes beraten. Zehn Millionen Euro hat der FC Bayern 2017 als Leihgebühr gezahlt, im nächsten Sommer kann er James dank einer Option für 32,5 Millionen Euro verpflichten.

Trainer und Spieler hatten miteinander telefoniert; James, sagte sein Adoptivvater Juan Carlos Restrepo dem Radiosender "Cadena SER" am Wochenende, "würde sich sehr geschmeichelt fühlen, wenn Real Madrid sich damit beschäftigen würde, ihn zurückzuholen". Real aber beschäftigt sich eher damit, den Belgier Eden Hazard vom FC Chelsea zu verpflichten. Ein Mitarbeiter von Mendes' Agentur Gestifute sagte nun ESPN, dass es für diesen Sommer in James' Vertrag keine Option gebe, es werde nicht zu einem Wechsel kommen. Das gilt auch für Joshua Kimmich, der in besonders wilden Gerüchten in ein Tauschgeschäft mit James hineingedichtet wurde.

Spätestens sobald Tolisso dann zurückgekehrt ist, könnte also ein Gerangel um die Plätze im Mittelfeldzentrum entstehen, den Franzosen dürfte das kaum beunruhigen. "Alle", hatte er im Mai berichtet, "sind sehr freundlich."

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Frankreichs Sieg bei der WM
:Französisches Meer der Emotionen

Tolisso singt, Griezmann trinkt aus zwei Flaschen und Mendy bringt Präsident Macron eine spezielle Tanzbewegung bei: Wie die Franzosen ihren WM-Triumph feiern.

Von Martin Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: