FC Bayern:Spannend wie ein Rosamunde-Pilcher-Film

Tja, existieren noch Worte, die diesen überragenden Bayern gerecht werden? Mit 4:0 zerlegen sie den 1. FC Nürnberg, und es verdichtet sich eine Gewissheit: Es gibt in der Bundesliga einfach keine Mannschaft, die mit dem FC Bayern mithalten kann.

Jürgen Schmieder

Dem aufmerksamen Bundesliga-Beobachter ist nach elf Spieltagen natürlich nicht entgangen, dass der FC Bayern ziemlich leicht zu besiegen ist in dieser Saison. Die gegnerische Mannschaft muss nichts anderes tun, als darauf zu warten, dass die Münchner jede der 15 Großchancen vergeben, die sie sich pro Partie erspielen. Dann braucht es nur noch einen grotesken Elfmeter oder einen abgefälschten Schuss, schon ist der Sieg perfekt. Ganz einfach.

Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez

Jubel, Jubel, Tralala: Die Bayern freuen sich über das 2:0 nach dem Gewaltschuss von Bastian Schweinsteiger.

(Foto: AP)

Der FC Nürnberg hatte an diesem Samstagnachmittag, das muss an dieser Stelle einfach mal gesagt werden, einfach nur Pech: Es gab keinen grotesken Elfmeter, es gab keinen abgefälschten Schuss - und blöderweise verwerteten die Münchner ihre erste Torchance, sie verwerteten auch ihre zweite Torchance. Sie vergaben natürlich auch elf Chancen, so stand es am Ende nur 4:0 in einer Partie, die wenig spannender war als ein Rosamunde-Pilcher-Film.

"Wenn wir so spielen wie heute, dann sind wir nicht zu stoppen", sagte der zweifache Torschütze Mario Gomez, der nun in zehn Spielen zwölf Treffer erzielt hat und bei guter Gesundheit durchaus in die Nähe der wohl auf alle Zeiten unerreichbaren 40-Treffer-Marke Gerd Müllers kommen könnte. Er hätte zu seiner Nicht-zu-stoppen-These noch hinzufügen können: von keiner Mannschaft in der Bundesliga. Er sagte aber lieber: "Wenn man so viele Spiele gewinnt wie wir, so viele Treffer erzielt und so oft zu Null spielt, dann ist es klar, dass die Leute Spaß daran haben, wenn man mal verliert."

Wer den Auftritt des FC Bayern am Samstag aufmerksam verfolgt hat, der wird erkannt haben, dass die Leute, so sie nicht Anhänger der Münchner sind, nicht oft Spaß haben werden in dieser Saison, vor allem nicht bei den Heimspielen der Münchner. Die Fans gegnerischer Mannschaften müssen schon arg masochistisch veranlagt sein oder sich für rot beleuchtete Luftkissen begeistern können, wenn sie freiwillig nach Fröttmaning reisen. Die vergangenen acht Heimspiele hat der FC Bayern gewonnen und dabei ein Torverhältnis von 33:0 erreicht.

Freilich könnte nun jemand anmerken, dass die Nürnberger - ohnehin keine Spitzenelf und nun auch noch seit sechs Spielen ohne Sieg - keine wirkliche Prüfung darstellen für den FC Bayern. "Es war kein Duell auf Augenhöhe", sagte Nürnbergs Trainer Dieter Hecking nach der Partie, "wir hätten auch in Bestbesetzung und Bestform hier verloren, das können und müssen wir akzeptieren".

Stellt sich also die Frage: Welcher Bundesligist ist dauerhaft in der Lage, den Münchnern auf Augenhöhe zu begegnen? Eine mögliche Antwort darauf gab Bayern-Trainer Jupp Heynckes: "Man hat heute gesehen, dass wir einen auf den Feldern der Bundesliga ungewöhnlichen Fußball spielen." Heißt übersetzt: Es gibt keine Mannschaft, die mit uns mithalten kann.

Hoeneß sagt nur ein Wort

Was Heynckes noch sagte: "Wir haben eine gute Raumaufteilung, wir agieren ballsicher, unser Passspiel ist präzise. Die Spieler haben Spaß am Fußballspielen, das ist ein wichtiger Faktor, um erfolgreich zu sein." Diese Sätze klingen arg nach banalen Floskeln, sie beschreiben den FC Bayern derzeit dennoch erschreckend präzise. Heynckes hat ein Konstrukt erschaffen, das den zarten Unwettern in der Bundesliga äußerst sicher trotzt. Dazu ist es dem Trainer gelungen, eine funktionierende Mischung zu finden aus defensiver Stabilität und offensiver Spielfreude.

Das erklärt die vier Treffer, die jeweils unterschiedlich herausgespielt wurden und doch ähnlich sehenswert waren. Dem ersten Treffer von Gomez ging ein präziser Seitenwechsel von Badstuber und eine ebenso präzise Flanke von Schweinsteiger voraus, dem zweiten Tor durch Schweinsteiger eine schöne Kombination über Ribéry, Lahm und Gomez. Der dritte Treffer war eine feine Einzelleistung von Ribéry, das Tor am Ende durch Gomez ein konsequent inszenierter Konter über Timoschtschuk und Kroos.

Defensiv stehen die Münchner sicher, Heynckes sagte danach: "Mir war wichtig, dass wir in der zweiten Halbzeit seriös gespielt und keinen Treffer zugelassen haben." Das liegt zum einen an einer eingespielten Reihe - vor allem aber am erneut herausragend agierenden Schweinsteiger davor. Er ist die tragende Säule des Münchner Konstrukts, neben ihm darf Timoschtschuk fehlerlos agieren, die Vorderleute wissen, dass sie sich gerne austoben dürfen, weil dahinter alles funktioniert.

Dieses Gebilde, so scheint es, ist derzeit nur dann in Gefahr, wenn tragende Säulen entfernt würden. Wenn etwa Boateng gesperrt ist oder Neuer, Gomez oder Schweinsteiger verletzt ausfallen würden. Schweinsteiger etwa musste mit einer Verletzung an der Wade das Feld verlassen. "Er hat einen Schlag darauf bekommen", sagte Heynckes, "wir müssen abwarten, ob es eine Verhärtung wird. Derzeit sieht es nicht gut aus."

Sie wirken arg selbstbewusst, diese Münchner, ohne ins Arrogante zu verfallen. Sie wissen um ihre exponierte Stellung in der Bundesliga, sie freuen sich auf Champions-League-Abende wie den am Mittwoch gegen den SSC Neapel, nehmen aber Partien wie die am kommenden Sonntag in Augsburg ernst.

Aus diesem Grund sagte Präsident Uli Hoeneß auch nur ein Wort nach dem Spiel gegen den FC Nürnberg: "Chapeau!" Er hatte offensichtlich großen Spaß - und es könnte durchaus sein, dass die Spieler des FC Bayern die französische Respektsbekundung in dieser Saison noch sehr, sehr oft zu hören bekommen. Dabei wäre es doch eigentlich so einfach, gegen sie zu gewinnen.

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