Salihamidzic beim FC Bayern:Gegen all die Skeptiker

Eintracht Frankfurt v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Soll zum 1. Juli 2020 neuer Sportvorstand des FC Bayern werden: Hasan Salihamidzic, 42, seit 2017 als Sportdirektor im Klub tätig.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der Aufsichtsrat der Münchner will Sportdirektor Hasan Salihamidzic zum Sportvorstand befördern.
  • Auch mit dieser Personalie sorgt Präsident Uli Hoeneß dafür, dass der Verein weiter in seinem Sinne gelenkt wird.

Von Benedikt Warmbrunn

Hasan Salihamidzic ist nicht Uli Hoeneß, er wird auch nie Uli Hoeneß werden, er wird also zum Beispiel eher nie live in einer Fernsehsendung anrufen und herumpoltern. "Ich habe Folgendes auf dem Herzen: dass sich große Teile der Runde total despektierlich äußern", so einen wütenden Anrufersatz wird es von Salihamidzic nicht geben, auch nicht die Behauptung, dass etwas auf dem "Mist" von jemandem gewachsen sei. Salihamidzic ist also nicht Hoeneß, doch die Frage ist, ob das ein Nachteil sein muss, oder ob es vielleicht sogar ein Vorteil sein kann.

Am Montagabend um 20.36 Uhr hat der FC Bayern eine Pressemitteilung verschickt, in der er bekannt gab, dass sich der Aufsichtsrat des Vereins "bei der heutigen Sitzung mit der Personalie Hasan Salihamidzic befasst" habe. Der Sportdirektor habe seit 2017 "hervorragende Arbeit" geleistet, weswegen die Runde der Aufsichtsräte Folgendes auf dem Herzen hat: "Der Aufsichtsrat beabsichtigt daher, die Zusammenarbeit mit Hasan Salihamidzic fortzusetzen und ihn zum 1. Juli 2020 in den Vorstand zu berufen."

Da Salihamidzic selbst kaum etwas gegen diese Art der Zusammenarbeit haben wird, werden die anstehenden Verhandlungen sehr wahrscheinlich erfolgreich abgeschlossen werden. Am Montag hieß der Vorsitzende des Aufsichtsrats übrigens noch Uli Hoeneß.

Salihamidzic hat sich nie irritieren lassen

An diesem Freitag, bei der Jahreshauptversammlung, zieht sich Hoeneß - vermeintlich - zurück, er wird danach nicht mehr Präsident sein, und bei der nächsten Sitzung des Aufsichtsrates auch nicht mehr dessen Vorsitzender, sondern nur ein einfaches Mitglied. Als eine der letzten Amtshandlungen hat Hoeneß nun sichergestellt, dass die Geschicke des Vereins weiterhin so gelenkt werden, wie er sich das vorstellt. Hoeneß hatte für Salihamidzic, den er 2017 gemeinsam mit Klubboss Karl-Heinz Rummenigge als Sportdirektor installiert hatte, geworben, nachdem es zuletzt keinen Sportvorstand gegeben hatte.

Hoeneß rief tatsächlich am Sonntag in der Talkrunde "Doppelpass" an. "Total despektierlich" habe sich die Runde über Salihamidzic geäußert, weswegen Hoeneß ins Telefon rief, dass die Transfers der französischen Weltmeister Benjamin Pavard und Lucas Hernández sowie des Kanadiers Alphonso Davies "allein auf seinem Mist gewachsen" seien, auf dem von Salihamidzic. Es ist davon auszugehen, dass Hoeneß das mit dem Mist anerkennend gemeint hat.

Hoeneß' Anruf hat Salihamidzic vor der Sitzung des Aufsichtsrats also gestärkt. Er hat zugleich aber auch den Eindruck verstärkt, dass da einer nach zwei Jahren immer noch den Schutz des Allermächtigsten im Kosmos des FC Bayern benötigt.

Salihamidzic, 42, hat sich nie davon befreien können, dass er der Kompromisskandidat der Bosse war. Hoeneß wollte ursprünglich Max Eberl aus Mönchengladbach holen, Rummenigge wollte Philipp Lahm. Dass der andere seinen Kandidaten bekommt, wollten beiden nicht. Und es ist nicht despektierlich, wenn man nicht ausschließt, dass diese Haltung Salihamidzic nun auch zu seiner Beförderung verhilft. Hoeneß, der ja nur formal ein einfaches Mitglied im Aufsichtsrat wird, faktisch aber eine prägende Figur im Verein bleibt, verhindert durch den Sportvorstand Salihamidzic, dass den Posten ein Kandidat bekommt, der ihm, Hoeneß, weniger vertraut. Und Rummenigge verhindert gleichzeitig, dass der als sein eigener Nachfolger vorgesehene Oliver Kahn jemanden installiert, der Rummenigges Macht weiter beschneidet. Wie Kahn zu dieser Beförderung steht, ist nicht überliefert.

Der Noch-Sportdirektor muss nun einen Trainer finden

Dass Salihamidzic im Spannungsfeld der Bosse arbeiten kann, hat er seit 2017 bewiesen. Anders als Hoeneß hat er nie gepoltert, er hat sich auch nie davon irritieren lassen, dass viele in der Branche und sogar manche im Klub seine Arbeit skeptisch sehen. Er hat sich stattdessen eingerichtet in dieser Nische, die ihm die Bosse gelassen haben. Im Sommer hat er sich nicht locken lassen von Ankündigungen von Hoeneß ("Wenn Sie wüssten, was wir alles sicher haben ..."), sondern versucht, in einem nicht leichten Klima zu transferieren.

"Ich tue alles nach bestem Wissen und Gewissen."

Ob er zu forsch war, als er angekündigt hatte, dass er "unbedingt" Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea wolle? Ob er zu vorsichtig war, einen Wechsel von Leroy Sané von Manchester City vorzubereiten? Am Samstag, nach dem 4:0 gegen Dortmund, hatte Salihamidzic gesagt: "Ich tue alles nach bestem Wissen und Gewissen. Ich habe immer versucht, für den Klub das Beste zu tun. Solche Spiele sind gute Bestätigungen."

In den nächsten Tagen wird es eine der Aufgaben des Noch-Sportdirektors Hasan Salihamidzic sein, mit dem Übergangstrainer Hansi Flick darüber zu reden, wie lange dieser für den Übergang zur Verfügung stehen will und ob sich dieser Übergang vielleicht bis zum Sommer hinauszögern ließe. Danach wird er sich an Gespräche machen, in denen er klären muss, welcher Trainer zum FC Bayern passt, und unter Umständen wird er auch klären müssen, wie leicht sich dieser Trainer aus seinem aktuellen Vertrag lösen lässt, um dann am 1. Juli 2020 die Arbeit in München aufzunehmen, am selben Tag wie der neue Sportvorstand, Hasan Salihamidzic.

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