FC Bayern in der Champions League:Abend der Annäherung

FC Bayern München: Trainer Hansi Flick beim Champions-League-Spiel gegen Lazio Rom

Hans-Dieter Flick hat als Bayern-Trainer eine herausragende Bilanz. Seine Beziehung zu Hasan Salihamidzic gilt aber als nicht so herausragend.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Der FC Bayern zieht gegen Lazio ins Viertelfinale ein - und versucht den Konflikt zwischen Flick und Salihamidzic abzumoderieren. Was das über den Sommer hinaus bedeutet, ist trotzdem ungewiss.

Von Sebastian Fischer

Romantik ist in Zeiten der Leere in Fußballstadien ein eher seltenes Phänomen. Früher gab es das ja ständig, als die Zuschauerränge noch voll waren: Da umarmten sich Fans und Spieler schickten Handküsse auf die Tribüne. Bei den Geisterspielen ist alles dagegen kühles Krächzen, Aussagen zum Beziehungsstatus hört man beinahe ausschließlich von deutlich vernehmbaren Fußballern wie Thomas Müller, der die Gegner auch schon mal "Rabauken" nennt. Am Mittwoch, beim 2:1 des FC Bayern gegen Lazio Rom in der Champions League, das nach dem 4:1 für die Münchner im Hinspiel erwartungsgemäß souverän zum Einzug ins Viertelfinale führte, war das allerdings ein bisschen anders.

Schon nach dem Tor zum 2:0 von Eric Maxim Choupo-Moting sah man vor der Bank des FC Bayern eine Szene der Einigkeit: Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic klatschten sich ab. Nach dem Schlusspfiff gaben sie sich die Hand. Und das war nur der nonverbale Teil der Aufführung einer Annäherung zwischen zwei Protagonisten des Rekordmeisters, deren Beziehung Flick persönlich jüngst mit einer Ehe verglichen hatte, in der es "immer mal wieder zu Unstimmigkeiten" kommen könne. Und nun? "Wir sind beide aufeinander zugegangen und haben das im Sinne des Vereins aus der Welt geschafft. Wir sind sehr optimistisch für die Zukunft des Vereins", sagte Flick nach dem Spiel im Sky-Interview.

Über die Partie, in der Robert Lewandowski per Elfmeter zur Führung getroffen hatte und Rom durch ein spätes Kopfballtor von Marco Parolo nur zum Anschlusstreffer kam, sprach hinterher kaum noch jemand. Niemals war der 19. Einzug ins Viertelfinale der Münchner Vereinsgeschichte noch annähernd in Gefahr geraten. Aber es war wohl die Aufstellung für die Partie gegen unterlegene Römer, die zur jüngsten von einigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Flick und Salihamidzic geführt hatte.

Alexander Nübel steht mal wieder im Tor

Im Bayern-Tor stand erst zum dritten Mal überhaupt Ersatztorwart Alexander Nübel, 24, den der Klub unter Federführung von Salihamidzic vor dieser Saison verpflichtet hatte - und dem Keeper dabei dem Vernehmen nach eine Klausel gewährte, wonach ihm eine gewisse Anzahl Spiele pro Saison garantiert sind. Ein Zugeständnis an den früheren Junioren-Nationalspieler, der ansonsten keine Chance auf Einsätze hätte hinter dem weltbesten Torwart Manuel Neuer, 34.

Man kann sich also vorstellen, dass Salihamidzic ein Interesse daran hegt, dass Nübel in Spielen wie am Mittwoch zum Einsatz kommt. Genauso wie es ihn sicher freuen würde, bekämen von ihm verpflichtete Ergänzungsspieler wie Marc Roca, 24, oder Bouna Sarr, 29, öfter eine Chance. Vor dem Spiel betonte Flick allerdings, er kenne die Verträge der Spieler nicht. Und in die Aufstellung "lasse ich mir auch nicht reinreden". Roca und Sarr spielten nicht. Und Nübel stand zumindest den Angaben des Klubs zufolge auch nur deshalb im Tor, weil Neuer just seit Dienstag eine leichte Erkältung zu schaffen machte.

Nun sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Sportdirektoren und Trainern im Fußball keine ganz einzigartige Entwicklung, beim VfL Wolfsburg kam das in dieser Saison etwa auch schon vor, dann wurde sich wieder vertragen. Die Besonderheit beim FC Bayern - neben der, dass es sich nun mal um den deutschen Rekordmeister handelt - ist allerdings die, dass die Geschichte schon sehr lange andauert.

Schon im Wintertrainingslager während der vergangenen Saison, als Flick gerade mal seit ein paar Wochen Trainer war, forderte er öffentlich Verstärkung für den Kader - und bekam dann einen Rechtsverteidiger namens Alvaro Odriozola, den er so gut wie nie einsetzte. Die zweite Besonderheit ist bekanntlich die, dass eine Zuspitzung des Streits zwischen Flick und Salihamidzic in diesem Sommer auch dazu führen könnte, dass der Deutsche Fußball-Bund einen logischen Nachfolger für Joachim Löw als Bundestrainer nach der EM findet: Hansi Flick.

Der FC Bayern spielt erfolgreich Fußball

Es drohte dabei zuletzt fast etwas unterzugehen, dass der FC Bayern gerade sehr erfolgreichen Fußball spielt und in Bundesliga und Champions League noch um zwei Titelverteidigungen konkurriert, was unabhängig von Zukunftsplänen natürlich auch im Interesse von Flick und Salihamidzic ist. "Man bekommt mit, was geschrieben und diskutiert wird. Es wäre schöner, bei dem Erfolg, wenn Ruhe einkehrt und von intern nicht Zündstoff nach außen getragen wird", sagte Joshua Kimmich nach dem Spiel bei Sky.

Es passte natürlich hervorragend zur Wortmeldung des Mittelfeldspielers, dass auch Flick in seinen Interviews vor und nach dem Spiel von Versöhnung sprach. Vorher erklärte er, dass es nicht um seine, sondern um "unsere" Wunschspieler gehe: den Rechtsverteidiger Sergiño Dest (jetzt Barça) und den Angreifer Callum Hudson-Odoi (immer noch Chelsea), die diesmal auf einem Transfermarkt unter Corona-Bedingungen schwer zu bekommen gewesen seien. Nach dem Spiel berichtete Flick dann von der Aussprache mit Salihamidzic.

Was genau es aus der Welt zu schaffen gab, darauf ging Flick nicht ein. Aber in der Pressekonferenz führte er lächelnd aus, dass beide, Salihamidzic und er, nun "sehr erleichtert" seien. Und er erklärte, dass es abgesprochen gewesen sei, dass nicht Salihamidzic, sondern er die entsprechenden Interviews am Spieltag gebe. Der Sportvorstand hat sich zur Sache bislang nicht öffentlich geäußert.

Eine Absage an den DFB und an mögliche Avancen um Flick kam bislang nur von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der inzwischen als Flicks Bezugsperson im Verein gilt, am Ende des Jahres allerdings abtritt. Salihamidzic soll sich dagegen den Gerüchten zufolge schon mal prophylaktisch nach den Zukunftsplänen von Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann erkundigt haben.

Über die Zukunft, die über ein möglichst erfolgreiches Ende dieser Saison hinaus geht, wollte Flick am Mittwoch nicht sprechen. Es ging noch kurz um Lucas Hernández, den im Sommer 2019 für 80 Millionen Euro als Innenverteidiger verpflichteten Franzosen, der unter Flick meist Ersatz-Linksverteidiger ist, auch eine Personalie mit Konfliktpotenzial. Wenn es nach der Münchner Kaderplanung geht, ist Hernández in der kommenden Saison der Ersatz für den linken Innenverteidiger David Alaba, der im Sommer den Verein verlässt. Gegen Rom spielte Hernández 90 Minuten lang, die meiste Zeit als Linksverteidiger. Er sei froh, dass er ihn auf beiden Positionen einsetzen könne, erklärte Flick. Er sagte: "Für mich geht's erst mal um diese Saison."

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