FC Bayern:Ribérys Stakkato wirft Fragen auf

FC Bayern Muenchen  - Training Session

Im Training wirkte Franck Ribéry zuletzt agil.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der irre motivierte Franck Ribéry gibt an diesem Abend sein Comeback in der Champions League.
  • Er will dem FC Bayern unbedingt beweisen, dass er immer noch wichtig ist.

Von Christof Kneer

Die Büros der hohen Herren sind sehr praktisch gelegen, man sieht von ihnen direkt auf den Trainingsplatz. Am vergangenen Donnerstag standen also ein paar der hohen Herren an den Fenstern, und von dort sahen sie einen Spieler, der wühlte, trickste und dribbelte wie ein gesunder Franck Ribéry.

Zumindest bildeten sie sich ein, dass ein gesunder Ribéry so gespielt hatte, früher, in einer längst vergangenen Zeit. Wer es nicht mehr weiß: Dieser Ribéry war mal ein Publikumsliebling beim FC Bayern, die Leute liebten seinen Haken nach innen, seinen Antritt, sein energisches Stakkato. Franck Ribéry, 32, war beim FC Bayern früher mal das, was Douglas Costa, 24, heute ist und was Kingsley Coman, 19, einmal werden soll.

Der Spieler, der im Training aussah wie ein gesunder Franck Ribéry, war übrigens der gesunde Franck Ribéry.

Ribéry habe "irre trainiert", sagt Bayerns Kaderplaner Michael Reschke, der an einem der Fenster stand. "Total emotional" fand ihn auch Sportvorstand Matthias Sammer ein paar Fenster weiter. Und Pep Guardiola, der Trainer, der an keinem Fenster, sondern auf dem Rasen stand, konnte nach dieser Trainingsleistung gar nicht anders, als Ribéry direkt in den Kader fürs anstehende Bundesligaspiel zu holen.

Franck Ribéry ist tatsächlich zurück, nach einer neunmonatigen Verletzungspause hat er sich tatsächlich wieder hinein gekämpft in die Gegenwart des FC Bayern. Er hat sich allerdings ein unpraktisches Spiel ausgesucht für sein Comeback, sein großer Auftritt war am Ende doch kleiner als die Niederlage seiner Mannschaft. Ribéry, in der 75. Minute eingewechselt, hat in der kurzen Zeit sogar noch ein Tor geschossen, nach vorausgegangenem Haken samt Antritt und energischem Stakkato, aber in der Nachbetrachtung hatte das Tor keine Chance gegen die drei Tore, die der Bayern-Gegner aus Mönchengladbach schoss.

Wieder in die Wärme: Bayern nach Katar

Der FC Bayern plant im Januar wieder ein Kurz-Trainingslager in Katar. In Kürze werde man das "final entscheiden", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, "Stand heute werden wir in die Wärme gehen". Die Bedingungen auf der Aspire-Anlage in Doha seien "das Beste, was man im Winter-Trainingslager antreffen kann". Im vergangenen Jahr war der Trip des Klubs ins umstrittene Ausrichterland der WM 2022 international in die Kritik geraten - auch, weil die Bayern ein Testspiel in Saudi-Arabien abhielten. SZ

Am Mittwoch wird Ribéry nun auch wieder auf jene große Bühne heimkehren, auf der er dem Fußball im Februar abhanden gekommen ist. Vom Spielbetrieb verabschiedete er sich in der vergangenen Champions-League-Saison, beim 7:0 gegen Donezk; und zurückmelden wird er sich nun beim Abschlusskick der aktuellen Champions-League-Vorrunde in Zagreb. Womöglich bringt Guardiola ihn von Anfang an und lässt ihn rennen, bis er nicht mehr kann; oder er hält ihn zurück und wirft ihn irgendwann rein in dieses Spiel, das eine Art Schaulaufen werden könnte.

Die Bayern, als Gruppensieger bereits fürs Achtelfinale qualifiziert, können sich ja auch den Luxus leisten, den gerade genesenen Thiago nach Zagreb mitzunehmen und Torwart Manuel Neuer zu Hause zu lassen. Neuers Posten übernimmt für einen Abend Sven Ulreich; ein Torwart, der in seiner Zeit in Stuttgart oft erleben musste, wie Ribéry eine Abwehr kirre macht.

Neben Ribéry kehrt auch Thiago zurück

Der FC Bayern, dem Ribéry beim Comeback wieder begegnet, ist allerdings ein anderer als der, den er verlassen hat. Der FC Bayern, den er noch kennt, ist der, der nach dem Ausscheiden gegen Barcelona über fehlende Flügelspieler klagt und damit Arjen Robben und Franck Ribéry meint. Der neue FC Bayern dagegen hat längst seine Schlüsse aus dieser Zeit gezogen; er hat sich demonstrativ unabhängig gemacht, er hat sich ein bisschen emanzipiert von Robben und sehr emanzipiert von Ribéry. Er hat schicke, neue Flügelspieler verpflichtet, und bei jedem Dribbling und jedem Tor von Costa oder Coman hörte man die Branche leise fragen: Wo soll denn der Ribéry überhaupt noch spielen?

Es sei "wichtig, mit den Spielern sauber und offen zu sprechen", sagt der Sportchef Sammer, der Ribéry "durch die schwere Zeit begleitet" hat. Ribéry war ja nicht nur länger verletzt als bei einem Kreuzbandriss; er stand auch im Zentrum jenes legendären, soap-opera-artigen Ärztestreits, der den Verein umtrieb. Die erste Diagnose (Sprunggelenkverletzung) wurde im Laufe der klubinternen Kampfhandlungen von einer zweiten Diagnose (Knochenhautentzündung) überholt, die Behandlung wurde geändert, das Bein wieder ruhig gestellt, "das alles hat Franck schon aufs Gemüt geschlagen", sagt Sammer.

Er hat Ribéry dann immer wieder erklärt, "dass wir ihn nicht abschreiben, dass der Verein aber stabil bleiben muss und neue Spieler als Alternativen braucht". Auch mit dem gleichfalls verletzungsbegabten Robben führt er bisweilen solche Gespräche, "und beide verstehen das, weil sie Vollprofis sind", sagt Sammer, "aber gleichzeitig sind sie natürlich überzeugt, dass sie Topspieler sind".

Wie relevant Ribéry fürs Bayern-Spiel noch mal wird, traut sich zurzeit keiner vorherzusagen. Ribéry ist ein Emotionsspieler, ein Energieriese, der es sich selbst und den Costas und Comans noch mal dringend beweisen will, aber keiner kann abschätzen, ob er den Haken, den Antritt, das energische Stakkato noch mal dauerhaft auf die Bühne bringt - zumal er auch jenseits des Rasens nicht zur Ruhe kommt.

Gerade haben seine Anwälte angekündigt, das französische Magazin Closer wegen Rufschädigung auf 400 000 Euro Schadensersatz zu verklagen. Das Blatt hatte Ribéry Verbindungen zur Rotlichtszene unterstellt; zuletzt war Ribéry bei einem Ermittlungsverfahren vorgeladen, allerdings als Zeuge, nicht als Beschuldigter. Der Spieler sehe "seine Würde und sein Image ernsthaft verletzt", heißt es offenbar in dem anwaltlichen Schreiben. Ab sofort kann Ribéry sein Image wieder auf dem Rasen beeinflussen.

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