FC Bayern im DFB-Pokal:Eine Frage der Einstellung

  • Der FC Bayern rettet sich dank zweier später Tore bei Zweitligist Bochum in die nächste Pokalrunde.
  • Die Verantwortlichen flüchten sich nach der schwachen Leistung in Ironie und Sarkasmus.
  • "Wenn wir so spielen wie heute, haben wir alle keinen Spaß", sagt Leon Goretzka.

Von Carsten Scheele, Bochum

Manuel Neuer ist nicht nur Torwart, sondern neuerdings auch Chefredakteur. Der Kapitän des FC Bayern hat nach dem 2:1 (0:1) in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim VfL Bochum jedenfalls erzählt, wie er sich die Medienberichte am Mittwoch vorstellt. "Schreibt doch einfach 'FC Bayern München' als Titel", schlug er den Reportern vor, "und danach ein weißes Blatt." Denn das, so Neuer, beschreibe die Leistung am besten.

Hasan Salihamidzic versuchte es ebenfalls sarkastisch. Die Bayern hätten den Zweitligisten "hergespielt, das war gut, richtig gut", sagte der Sportdirektor, um sich kurz darauf selbst die Ernsthaftigkeit abzusprechen ("ohne Ironie geht es heute nicht"). Ob er nichts Substantielles zum Spiel der Mannschaft zu sagen habe? Salihamidzic entgegnete, er sei "einfach aus Freundlichkeit" zum kurzen Plausch mit den Journalisten erschienen. Ernsthaft? "Ich bin da, einfach nur um da zu sein."

Halb defätistisch, halb fassungslos reagierten die Bayern damit auf ihre eigene Leistung. In einer Kette an seltsamen Spielen in den vergangenen Wochen war die Pokalpartie in Bochum die dürftigste gewesen. Zumindest Neuer hat sich hinterher noch glaubhaft mit dem glücklichen Sieg beim Zweitligisten auseinandergesetzt (im Gegensatz zu Salihamidzic). Acht bis neun Minuten hatten gefehlt, und die Münchner wären frühzeitig aus dem Pokal geflogen. Nachdem Alphonso Davies in der ersten Halbzeit ein Eigentor unterlaufen war (36.), bugsierten Serge Gnabry (83. Minute) und Thomas Müller (89.) die Bayern doch noch ins Achtelfinale. Man sei "mit einer Schramme davongekommen", sagte Neuer, um anschließend das Ausmaß seiner Enttäuschung kundzutun.

"In der ersten Halbzeit war es richtig traurig, wie wir aufgetreten sind", sagte der Kapitän, der hinten in seinem Tor stand und sich wunderte, was seine fast ausnahmslos hochtalentierten Vorderleute fabrizierten. Neuer hat sich in den vergangenen Wochen häufiger kritisch mit den Leistungen seiner Mitspieler auseinandergesetzt. Anfangs wunderte er sich, das Team sei "nicht Bayern-like" aufgetreten; mittlerweile glaubt er offen, dass es eine Frage der Einstellung ist. Neuer sagt, er wisse nicht, woran es liegt, "ob wir vom Kopf nicht da sind oder ob man einfach nicht weiterkommen will. Da muss jeder anfangen, sich zu hinterfragen. Da darf sich keiner rausnehmen."

Auch Trainer Niko Kovac vermutet, dass einige Spieler mit den Gedanken gerade irgendwo sind, jedoch nicht bei den Schwarzbrotspielen in der Liga gegen Union Berlin oder im Pokal bei einem Zweitligisten. Er hatte eine Vielzahl an Abspielfehlern registriert, ein "Fehlpass-Festival", das es den fußballerisch unterlegenen Bochumern ziemlich leicht machte, mit den Bayern nicht nur mitzuhalten, sondern sie in der ersten Halbzeit auch zu beherrschen. "Das mit den Fehlpässen ist mir ein Rätsel", moserte Kovac: "So kommst du in keinen Spielfluss, so kannst du den Gegner nicht unter Druck setzen." Er hegt den gleichen Verdacht wie sein Kapitän: "Das hat ganz klar mit der Einstellung zu tun", wobei sich auch Kovac fragen lassen muss, weshalb die Mannschaft unter seiner Anleitung gegen kleinere Gegner so häufig unterperformt.

Müller hat noch einen schönen Satz parat

Vor dem Anpfiff hatte der Coach noch gedacht, die Pokalaufgabe gegen Bochum, den Drittletzten der zweiten Liga, ließe sich auch mit dosierten Kräften bewältigen. Er beorderte erstmals in dieser Spielzeit Robert Lewandowski auf die Bank, neben ihm auch den Rekord-Leihspieler Philippe Coutinho, Thomas Müller und David Alaba. Die drei Erstgenannten wechselte er dann aber bis zu 60. Minute allesamt ein, um die Pokalunternehmung zu retten. Er sei "enttäuscht", durfte Bochums Stürmer Simon Zoller mit Recht bilanzieren, "wir hatten die Bayern am Rande der Niederlage". Das bestätigte auch Leon Goretzka, für den es eine besondere Partie war.

Goretzka hat in Bochum einst alle Jugendmannschaften durchlaufen und seine Profikarriere begonnen, ehe er zu größeren Klubs weiterzog und nun zum ersten Mal gegen seinen Heimatverein auflief. Doch wirklich viel Freude versprühte Goretzka nicht. Zum einen, weil er nach seiner langen Verletzungspause nicht gut spielte; zum anderen, weil er seine eigene Mannschaft nicht wiedererkannte. "Wir brauchen eine gewisse Leichtigkeit im Spiel", urteilte Goretzka, "aber wenn wir so spielen wie heute, haben wir alle keinen Spaß." Die Bochumer hingegen hätten gezeigt, "was man mit viel Leidenschaft erreichen kann". Noch bis weit nach dem Schlusspfiff feierten die Zuschauer ihr eigenes Team, das sich nun wieder dem Abstiegskampf in der zweiten Liga widmen kann und muss.

Es waren schließlich Kingsley Coman und Müller, die das Spiel an sich rissen und die Bochumer - die spät durch eine rote Karte gegen Armel Bella-Kotchap geschwächt wurden - doch noch niederrangen. Coman bereitete den Siegtreffer von Müller vor, der passend zu diesem Abend auch noch einen schönen Satz parat hatte. Müller hatte offensichtlich keine Lust, sich erneut mit der Frage zu beschäftigen, ob er nun unglücklich in München sei - und ob weitere Spiele auf der Bank vielleicht bedeuten, dass er die Bayern in der Winterpause verlässt. Müller sagte, gänzlich ohne Ironie: "Wenn ich spiele, dann spiele ich. Wenn nicht, dann nicht."

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Nach einer schwachen Leistung gewinnt der FC Bayern gerade so noch in Bochum. Trainer Kovac spricht von einem "Fehlpassfestival", Sportdirektor Salihamidzic flüchtet sich in Ironie.

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