Süddeutsche Zeitung

Oliver Kahn:"Ich werde jetzt nicht durch den Meeting-Raum grätschen"

  • Oliver Kahn tritt seinen Vorstandsposten beim FC Bayern an.
  • Den Wechsel von Alexander Nübel nach München bezeichnet er als "sehr mutigen Schritt".
  • Vereinschef Rummenigge fehlt kurzfristig bei der Vorstellung.

Von Christopher Gerards

Zum Abschluss der Pressekonferenz machte Oliver Kahn noch eine sehr konkrete Ankündigung. Es ging um die Frage eines Reporters, ob man sich künftig auf "einen explodierenden Vulkan" freuen dürfe. Die Frage, sagte Kahn, "musste kommen", und er fügte an, dass Emotionalität "sehr, sehr wichtig sei", sie ihm als Spieler geholfen habe. Er müsse schauen, wie er sich künftig auf der Tribüne verhalte. Aber er habe nun auch schon unternehmerische Dinge gemacht, da sei Emotionalität "nicht unbedingt so hilfreich". Und, da wurde Kahn nun sehr konkret: "Ich werde jetzt nicht durch den Meeting-Raum grätschen." Seine Profi-Karriere liege über elfeinhalb Jahre zurück, "und die Dinge ändern sich natürlich auch".

14 Jahre lang war Oliver Kahn Torwart des FC Bayern, er gewann acht deutsche Meistertitel, sechs Mal den DFB-Pokal, er war Kapitän und Welttorhüter, trug elfmeter-haltend zum Champions-League-Titel 2001 bei, wurde Weltpokalsieger. Und er war lange so etwas wie die Motivation in Person. "Weiter, immer weiter", für diesen Satz stand der Fußballtorwart Kahn, der auch mal mit Gegen- wie Mitspielern aneinandergeriet, der in einem TV-Interview auf die Notwendigkeit von "Eiern" verwies. Und nun also stellte Kahn, 50, sich in seiner neuen Rolle beim FC Bayern vor. Seit dem 1. Januar ist er Mitglied des Vorstandes, Ende 2021 soll er dann Vorstandschef werden, als Nachfolger von Karl-Heinz Rummenigge.

Es war - siehe etwa die Grätschen im Meeting-Raum - ein Auftritt ohne große Folklore, Kahn wählte bedachte Worte; nicht nur, wenn er seine Kompetenzen beschrieb, klang er selbstbewusst. Sein Ziel an der Spitze des Vereins sei es, "die Erfolgsgeschichte des Vereins fortzuschreiben", erklärte Kahn. "Das ist schon ziemlich reizvoll - und vielleicht noch eine Schippe draufzulegen. Das entspricht mir selbst und meinem Charakter."

Zugleich aber steckte in seinen Sätzen auch eine gewisse Bescheidenheit angesichts der kommenden Aufgabe. Als es etwa um die Frage ging, wo er Potenzial zur Veränderung sehe, sagte Kahn sehr allgemein: "Nur, was sich weiterentwickelt und verändert, bleibt letztendlich lebendig." Mit Blick auf den FC Bayern führte er aus, dass er sich aber erst einen Einblick verschaffen müsse "in die unterschiedlichen Bereiche, um sinnvolle Aussagen zu machen, was man verändern kann". Den Nachwuchsbereich identifizierte Kahn aber schon als "eines der wichtigen Themen".

Kahn sprach zudem davon, dass man "im Grunde nie so richtig" vom FC Bayern gehe. Er sprach von einer "Herzensangelegenheit" und davon, dass die vergangenen Tage für ihn emotional gewesen seien. Als es um seine Ziele ging, sagte Kahn, dass man "ein exzellentes Erlebnis für unsere Fans" bieten und Weltklasse-Fußball zeigen wolle - man habe den Anspruch "in allen anderen Bereichen, in denen wir aktiv sind, die Nummer eins sein zu wollen". Dies schwebe nicht nur ihm, sondern allen Beteiligten beim FC Bayern vor.

Neben Kahn saß der neue Bayern-Präsident Herbert Hainer, vormals Mitglied im Aufsichtsrat (Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war krankheitsbedingt verhindert). Er berichtete eingangs davon, warum man sich für Kahn entschieden habe. Im Aufsichtsrat habe man das Profil eines idealen Rummenigge-Nachfolgers erstellt. Drei Kriterien habe dieser mitbringen müssen: absolute Fußball-Fachkompetenz, ein Bayern-Gen und wirtschaftliche Kompetenz. "Viele Kandidaten" habe man sich "angeguckt", Kahn habe indes die Ansprüche auf sich vereint. Hainer verwies auf Kahns Kenntnis des Vereins, sein Studium, die Gründung eines eigenen Unternehmens. Auch Kahn hob am Dienstag sein Studium, seine Erfahrung als Unternehmer und seine Zeit als ZDF-Experte hervor. Dieses Paket "gibt mir doch sehr viel Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben".

Kahn bezeichnet Nübels Wechsel als "sehr mutig"

Kahn gab auch Hinweise darauf, wie seine anstehende Einarbeitungszeit aussehen wird. Es gebe eine Struktur für diese. Es gehe "nicht nur um den sportlichen Bereich", er müsse künftig "einen Blick haben für das große Ganze". Der Plan solle Kahn nun den "bestmöglichen Überblick über die Aktivitäten, die Themenbereiche des Vereins" geben. Seine Rolle beim ZDF wird Kahn übrigens zunächst fortführen, bei Bayern-Spielen soll er aber nicht zum Einsatz kommen. Da er aber auch bei der EM und Länderspielen gefragt sein wird, wird Kahn wohl nicht umhinkommen, Einschätzungen zur Leistung von Bayern-Spielern zu geben.

Beim FC Bayern wird sich Kahn auch bei Transferfragen einbringen, wie er auf eine Nachfrage bestätigte. Wie andere Mitarbeiter auch - Kahn verwies auf "viele Leute mit viel Wissen" im Verein - werde er sein Wissen einbringen. Die Verantwortung für den sportlichen Bereich habe aber Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Konkrete Nachfragen zu einem Transfer gab es schon: jenem von Schalke-Torwart Alexander Nübel, der im Sommer kommt - was schon jetzt für ein gewisses Konfliktpotenzial sorgt, da Manuel Neuer nicht so einfach Spiele abgeben will. Kahn nannte den Transfer "eine sehr, sehr kluge strategische Entscheidung" und Nübel einen "großartigen Torwart". Der Wechsel sei "ein sehr mutiger Schritt" von Nübel, sagte er später noch. Über Neuers Qualitäten müsse man "nicht diskutieren". Er wolle mit den Beteiligten sprechen, im Moment spiele das Thema aber keine Rolle. Noch am Dienstag wollte er ins Trainingslager der Mannschaft nach Katar reisen.

Für die mittlere Frist gab Kahn schon ein Ziel aus: "Wir wollen es nicht erlauben, diese Saison die Meisterschaft abzugeben", sagte er. Und erwähnte mit Blick auf die Champions-League-Gruppenphase mit sechs Siegen, dass beim FC Bayern "alles möglich" sei.

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