FC Bayern:Nur ein Revolutiönchen

Eine Sechs, ein junger Stürmer, ein älterer Keeper - der FC Bayern plant. Und in der Abwehr steht eine halbe Revolution ins Haus. Doch Manager Hoeneß findet, es gebe "nicht viel zu tun".

Andreas Burkert

Sie haben Elfmeter geübt, auch der wieder einsatzfähige Torwart Kahn. Es könnte also durchaus wieder eng werden für die Bayern, aber sie haben ja zuletzt Gefallen gefunden an der dramaturgischen Zuspitzung, mit der sie die wegen ihrer Krimiqualität beachteten Erfolge in DFB-Pokal und Uefa-Cup einfuhren. Am Mittwochmorgen ging es nun nach St. Petersburg, wo es nach dem 1:1 aus dem Halbfinal-Hinspiel ziemlich anstrengend werden dürfte auf dem ackergleichen Rasen des Petrowski-Stadions. Die Bayern haben sich trotzdem fröhlich in die nördlichste Fünf-Millionen-Stadt aufgemacht, ihre Differenzen beschränken sich auf Petitessen. "60 zu 40", sagt beispielsweise Trainer Hitzfeld zu den Chancen auf das Europacup-Finale, während Manager Hoeneß stur auf ein "50 zu 50" beharrt.

FC Bayern: Viel Bewegung rechts hinten: Philipp Lahm sondiert Angebote, auch Kollege Willy Sagnol ist abwanderungswillig.

Viel Bewegung rechts hinten: Philipp Lahm sondiert Angebote, auch Kollege Willy Sagnol ist abwanderungswillig.

(Foto: Foto: AP)

Geldschränke für Toni und Ribéry geöffnet

Uli Hoeneß, 56, mag in der Tagesarbeit weiterhin angestrengt wirken, doch zumindest gedanklich hat er sich nach eigener Aussage schon mal zurückgelehnt auf seinem Anwesen am Tegernsee. Der Seeblick hat ihn allerdings vor knapp einem Jahr auch nicht trösten können, als sich der FC Bayern auch mit Rückkehrer Hitzfeld vergebens um die Zulassung für die Champions League bemühte. Er musste lesen, er sei wohl zu alt für den Job, das hat ihn tief getroffen: "Nee", antwortet er, "was damals geschrieben wurde, vergesse ich nicht mehr."

Auch deshalb haben sie ja damals die Geldschränke geöffnet für Toni und Ribéry und einige andere. Er sei "heute sogar froh", dass sie 2007 nur Vierter geworden seien, hat Hoeneß nach dem Berliner Pokalsieg erzählt: "Wenn wir Dritter geworden werden, hätten wir das alles nicht gemacht." Nun sagt er spitz: "Jetzt sind wir Meister, da sollte der eine oder andere konstatieren, ob sein Grundurteil über uns aus dem vorigen Jahr so richtig war."

In St. Petersburg müssen sich die Bayern zumindest nicht mehr mit sich selbst versöhnen, für sie ist das nun alles nur noch Zugabe; Ottmar Hitzfeld, 59, bezeichnet einen Finalerfolg am 14. Mai in Manchester sogar "als Krönung, das Triple würde 2001 toppen". Was natürlich eine kühne These ist, denn 2001 hat er mit Bayern neben der Meisterschaft auch die Champions League gewonnen. In die Schampusklasse kehren sie nicht mehr gemeinsam zurück, aber auch so fühlen sich die Münchner gewappnet. Hoeneß findet, es gebe "nicht viel zu tun, wir brauchen keine halbe Revolution mehr".

Erwartungen an Jürgen Klinsmann

Genau das wird jedoch von Hitzfelds Nachfolger Jürgen Klinsmann erwartet, und zu hören ist, dass er bereits mit weltmeisterlichem Eifer an der freundlichen Übernahme schuftet. Vermutlich ist es also recht praktisch für Hoeneß, dass ihn Klinsmann nicht per E-Mail erreichen kann; der Klubmanager verweigert sich ja weiterhin den vermeintlichen Zwängen der Moderne. Mit dem Mobiltelefon kann Hoeneß aber umgehen, und so hat er wohl auch von Klinsmanns Arbeitsbesuch in der nächsten Woche erfahren.

Zu klären gibt es da für den zufriedenen Double-Gewinner wohl doch mehr, als er einräumen möchte. Zum einen hat er den gewünschten Zukauf einer Nummer Sechs bestätigt, doch Klinsmanns französischer Topkandidat Mathieu Flamini (FC Arsenal) hat sich angeblich dem AC Mailand versprochen. Und außerdem steht Bayern zumindest in der Abwehr eine halbe Revolution ins Haus.

Denn dass Philipp Lahm zu einem sofortigen Transfer zum FC Barcelona neigt, ist durchgedrungen, der Rechtsverteidiger will sich nach einem Treffen mit Klinsmann erklären. Dass sie Lahm jetzt und nicht erst nach Vertragsende 2009 gehen ließen, sagt Hoeneß nicht. Er sagt nur: "Erst wenn Philipp zu mir käme, würde ich mich damit beschäftigen."

Auf der nächsten Seite: Eine Offerte des AC Mailand für Sagnol - und der FC Bayern will noch "etwas Junges und Günstiges" und holen.

Nur ein Revolutiönchen

Gleiches gilt für den anderen abwanderungswilligen Rechtsverteidiger Willy Sagnol, den Hitzfeld wegen der ihn betreffenden Kritik des Franzosen ("keine Hilfe bekommen") nicht ganz unerwartet für den Petersburg-Kader strich. Zu ihm sagt Hoeneß: "Bei mir ist Willy noch nicht wegen eines Wechsels gewesen."

"Bei mir ist Willy nicht gewesen"

Sagnol darf das als Einladung verstehen, zumal ihm nach SZ-Informationen eine Offerte des AC Mailand vorliegt. Die Italiener möchten ja ihren Kader verjüngen und würden sich mit einem 31-Jährigen tatsächlich verbessern im Vergleich zu Cafu; der Brasilianer wird bald 38. Von Lahms Entscheidung hängt auch Andreas Görlitz' Zukunft ab, der an den KSC ausgeliehen ist. Zwar erinnert Hoeneß an den gültigen Vertrag, doch Görlitz selbst klärt auf: "Die Entscheidung liegt nicht bei mir, sondern in München."

Eine Sechs, vielleicht einen Ersatz für Lahm, das soll es dann fast sein. Nun ja, ein Stürmer werde noch kommen, räumt Hoeneß ein, obwohl er findet, "dass Ribéry auch zweite Spitze spielen kann, deshalb werden wir da nur einen 18-, 19-Jährigen holen - etwas Junges und Günstiges". Günstig und etwas älter, nämlich 35, ist Mark Schwarzer, Australiens WM-Torwart. Der ablösefreie Stammkeeper des FC Middlesbrough sei "einer der Kandidaten" als Mann hinter Michael Rensing, der künftigen Nummer eins.

Es gebe also nicht wirklich viel zu tun, hat Uli Hoeneß beteuert, und wenn sie jetzt noch zum Uefa-Cup-Finale in Manchester reisen würden, sagt er abschließend, "dann schaue ich mir direkt nochmal ,Besser geht's nicht' an, den Film mit Jack Nicholson". Aus der Traumwelt Hollywoods.

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