Vor zwei Jahren griff Carlo Ancelotti zum Telefon und wählte die Nummer von Toni Kroos. Weil Ancelotti kein Norddeutsch und Kroos kein Norditalienisch kann, haben sie sich auf Englisch unterhalten, und die Verständigung klappte immerhin so gut, dass hinterher keine Fragen mehr offen waren.
Ancelotti hat Kroos erklärt, dass er das Spiel von Real Madrid verändern wolle, er plane weniger Konter und mehr Ballbesitz, und er sei überzeugt, dass Kroos der perfekte Spieler dafür sei. Real könne durch Kroos besser werden, versicherte Ancelotti dem Spieler noch und präsentierte sodann sein Fazit: Er, Ancelotti, wolle ihn, Kroos, unbedingt.
Kroos ist nach der WM 2014 dann tatsächlich zu Real gewechselt, wo ihm Ancelotti eine prägende Rolle anvertraut hat.
Bis 2016: Trainer Pep Guardiola (Wechsel zu Manchester City), Serdar Tasci (ausgeliehen von Spartak Moskau), Tom Starke.
Bis 2017: Xabi Alonso, Franck Ribéry, Arjen Robben, Holger Badstuber, Mario Götze, Rafinha, Kingsley Coman (ausgeliehen von Juventus Turin, mit Option zum Kauf), Julian Green.
Bis 2018: Philipp Lahm, Sebastian Rode, Sven Ulreich, Gianluca Gaudino (verliehen an den FC St. Gallen), Pierre-Emile Hojbjerg (verliehen an den FC Schalke 04).
Bis 2019: Carlo Ancelotti (neuer Trainer), Robert Lewandowski, Thiago, Arturo Vidal, Juan Bernat, Medhi Benatia.
Bis 2020: Douglas Costa, Joshua Kimmich.
Bis 2021: Mats Hummels, Renato Sanches, Thomas Müller, Jérôme Boateng, Manuel Neuer, Javier Martínez, David Alaba.
Im Moment wartet Europa wieder gespannt darauf, dass Ancelotti telefoniert. Auf dem internationalen Transfermarkt hängt alles mit allem zusammen, jede Personalie kann zu dem Dominostein werden, der alles in Bewegung bringt. So ist seit Dienstag klar, dass jene Klubs, die etwa auf den 18-jährigen Renato Sanches spekuliert haben, sich anderweitig orientieren müssen. Sanches geht zum FC Bayern, angeblich auf ausdrücklichen Wunsch des neuen Trainers Ancelotti. Im Gegenzug könnten sich enttäuschte Interessenten aber mit einem Weltmeister trösten: Mario Götze ist jetzt auf dem Markt.
Wie die SZ aus Ancelottis Umfeld erfuhr, hat Carlo Ancelotti in der vergangenen Woche tatsächlich schon mal telefoniert, aber es war ein anderes Gespräch als damals bei Toni Kroos. Ancelotti hat Mario Götze eröffnet, dass er ihm beim FC Bayern keine andere Rolle versprechen könne als jene, die er im Moment einnimmt. Ancelotti schätzt die exquisiten Qualitäten des Weltmeisters, aber beim ersten Rundgang durch seinen künftigen Kader ist er offenbar zum selben Ergebnis gekommen wie zuletzt Pep Guardiola.
Auf jenen Positionen, die Götze liebt, gilt es bereits jetzt einen Überfluss zu verwalten: Auf der zentralen Angriffsposition liegen Robert Lewandowski und Thomas Müller vorn, im zentralen offensiven Mittelfeld kommen neben Müller mindestens noch Thiago und Arturo Vidal in Frage.
Was Ancelotti aufgefallen ist
Ancelotti hat die Münchner zuletzt präzise studiert, und ihm ist offenbar kein Grund eingefallen, warum er Struktur oder Hierarchie des Kaders dramatisch verändern sollte. Und die Hierarchie war zuletzt ja so, dass Guardiola im Halbfinal-Rückspiel gegen Atlético Madrid nur einen einzigen Wechsel vorgenommen hat, obwohl er dringend ein weiteres Tor brauchte. Herein kam Kingsley Coman. Draußen blieb Mario Götze.
Der FC Bayern wollte das Gespräch zwischen Ancelotti und Götze auf SZ-Anfrage weder bestätigen noch dementieren, aber nach SZ-Informationen hat Götze von Ancelotti in der vergangenen Woche das klare Signal empfangen: Wenn Götze regelmäßig spielen wolle, so Ancelotti, dann empfehle er ihm, den Verein zu wechseln.