Er wirkte also überhaupt nicht wie ein Mensch, der eine schwere Frage mit sich herumschleppt, der womöglich nicht weiß, was er machen wird. Im Sommer dagegen, vor dem ersten Spieltag, als die Diskussionen über die Vertragsgespräche erstmals lauter und auch schärfer geworden waren, als alle auf eine Ansage Guardiolas warteten, war er selbst dünnhäutig, angespannt, manchmal sogar mit den Gedanken abwesend. Damals wirkte er wie ein Mann, den das Thema durchaus belastet, der womöglich selbst noch die richtige Antwort sucht.
Jungs, sagte er dann auf Nachfragen, es sei doch erst Juli. Dann wurde es August, es wurde Herbst, es kam der Advent. Weiter keine Antwort. Ob er mit einer Überraschung noch vor Weihnachten rechne, wurde Sportvorstand Matthias Sammer am vergangenen Wochenende gefragt. "Eine Überraschung wäre es ja nur, wenn er nicht bleibt", sagte Sammer. Es war die deutlichste Antwort der vergangenen Wochen, aber auch sie blieb undeutlich, weil Sammer eine ganz eigene Rhetorik eingeführt hat, in der er selbst dann verschleiert, wenn er eigentlich nur die Wahrheit sagen will. Am Dienstagabend lief Sammer lächelnd, aber auch schweigend zum Ausgang. Auch er lief wie einer, der sich keine allzu großen Gedanken vor dem kommenden Wochenende macht.
Sie sind beim FC Bayern ja schon länger vorbereitet auf beide Fälle. Sie würden dem Trainer gerne einen neuen Vertrag geben, sie wissen, dass er der Mannschaft eine fußballerische Idee gegeben hat, dass er das internationale Ansehen des Vereins noch einmal gesteigert hat. Rummenigge hat allerdings schon vor Monaten auch angekündigt, die Welt gehe nicht unter, falls Guardiola sich verabschieden werde. Sie wissen, dass das Niveau des Kaders inzwischen so hoch ist, dass er auch ohne Guardiola nicht auseinanderfallen wird.
Xabi Alonso, der Meister der inneren Ruhe, steht für diese Qualität ganz besonders. Als er Ende August 2014 kam, rettete er mit seinen langen Bällen das Team durch das Post-WM-Loch. Als im Frühjahr zeitweise die halbe Mannschaft ausfiel, steuerte er die Verbliebenen durch kräfteraubende Wochen. Zum Ende des Jahres ist er nun erneut der Überbrückungsspieler, gegen Darmstadt strukturierte vor allem er den Spielaufbau. Seine Grandezza bleibt unerreicht; am vergangenen Samstag scheiterte Arturo Vidal etwa gegen Ingolstadt daran, das Spiel zu ordnen wie nun der Baske.
Aber ob Xabi Alonso bleibt oder nicht, auch diese wichtige Frage wird zumindest bis Weihnachten verdrängt werden vom Warten auf eine Antwort, die wohl nur noch wenige überraschen wird. Außer vielleicht Matthias Sammer.