Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Nagelsmann vor Wechsel nach München

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Der Trainer will RB Leipzig verlassen, um beim FC Bayern Nachfolger von Hansi Flick zu werden. Die Vereine verhandeln über finanzielle Details - im Gespräch ist eine Ablöse von mehr als 25 Millionen Euro.

Von Javier Cáceres und Moritz Kielbassa, München

Trainer Julian Nagelsmann steht kurz vor einem Wechsel zum FC Bayern. Nach SZ-Informationen hat der 33-Jährige bei RB Leipzig seinen Wechselwunsch hinterlegt, dem Vernehmen nach sind sich alle Parteien grundsätzlich einig, beide Vereine sind wohl bereits dabei, die finanziellen Details zu verhandeln und mögliche strittige Punkte aus dem Weg zu räumen. Nagelsmann würde damit zur neuen Saison Nachfolger von Hansi Flick, der als Top-Kandidat für das frei werdende Bundestrainer-Amt gilt. Für Nagelsmann, der in Leipzig noch einen Vertrag bis Juni 2023 ohne Ausstiegsklausel für diesen Sommer besitzt, müssten die Bayern allerdings eine Weltrekord-Ablösesumme für Trainer bezahlen. Sie könnte bei mehr als 25 Millionen Euro liegen, aber knapp unterhalb der am Sonntagabend von mehreren Medien kolportierten 30 Millionen. Von den Vereinen gab es am Montag noch keine Stellungnahmen.

Nagelsmann wurde seit der Verkündung des Abschieds von Joachim Löw nach der EM im Sommer und den anschließenden Spekulationen, wonach Flick seinen ehemaligen "Chef" Löw beim DFB beerben solle, als künftiger Bayern-Coach gehandelt. Flick hatte seinerseits öffentlich angekündigt, die Bayern am Saisonende verlassen zu wollen. Eine Einigung über eine vorzeitige Auflösung seines Vertrags in München stand bis zum Montag noch aus. Es galt jedoch bereits als ausgeschlossen, dass Flick auch über den Sommer hinaus FCB-Trainer bleibt.

Nagelsmann hatte bisher reserviert auf die Gerüchte um das Bayern-Interesse reagiert. In einem SZ-Interview erklärte er zwar vor einigen Wochen, er könne nicht garantieren, seine Verträge künftig immer bis zum letzten Gültigkeitstag zu erfüllen. Er betonte aber, dass er sich niemals durch einen Streit mit seinem aktuellen Klub aus einem Kontrakt hinausstreiken würde. Vor seinem Wechsel zu Leipzig hatte Nagelsmann im Sommer 2018 akzeptiert, dass ihm sein damaliger Klub Hoffenheim zunächst eine frühzeitige Freigabe verweigert hatte, er wechselte ein Jahr später. Im SZ-Interview sagte er: Wenn es für einen Transfer vor Vertragsende keine bindende Ausstiegsklausel gebe - wie aktuell bei ihm -, dann müsse immer eine einvernehmliche Einigung erfolgen.

Die kam nun offenbar mit den Leipzigern zustande, obwohl die RB-Verantwortlichen öffentlich bisher eisern den Standpunkt vertreten hatten, es gebe für Nagelsmann keine Schmerzgrenze und "kein Preisschild". Dies soll kein Bluff oder pures Pokern gewesen sein, doch Klubchef Mintzlaff und Leipzigs sportliche Leitung mussten sich die Frage stellen, ob es Sinn ergeben würde, Nagelsmann den Wunsch nach einem Wechsel zu den Bayern zu verwehren. Unter dem Energiebündel Nagelsmann steht RB als Tabellenzweiter vor dem besten Saisonabschluss der jungen Vereinsgeschichte. Auch in der Champions League hat Nagelsmann die sächsischen Bullen etabliert, in der Vorsaison gelang überraschend der Einzug ins Halbfinale, zuletzt war im Achtelfinale gegen Liverpool Schluss.

Nun aber könnte sich für den 33-Jährigen, der im Februar 2016 als jüngster Chefcoach der Bundesliga-Geschichte in der Beletage debütiert hatte, eine Art Lebenstraum erfüllen: Nagelsmann ist gebürtiger Oberbayer (Landsberg) - und sympathisiert seit Kindertagen mit den Bayern. Sein Wunsch zu wechseln, war offenkundig größer als die Ambition, in einer dritten Saison mit Leipzig die Münchner im Kampf um die Meisterschaft herauszufordern.

Marsch, Glasner und Matarazzo wären mögliche Nagelsmann-Nachfolger

Ein möglicher Nagelsmann-Nachfolger in Leipzig käme aus den USA, Bundesstaat Wisconsin: Jesse Marsch, 47, coacht bereits seit 2015 für die Fußballfamilie von RB. Damals installierte ihn der aktuelle Leipziger Geschäftsführer Oliver Mintzlaff als Cheftrainer bei den New York Red Bulls. Ab Sommer 2018 war Marsch bereits für ein Jahr in Leipzig - als Co-Trainer von Ralf Rangnick, der damals für eine Saison den Brückentrainer bis zur Ankunft von Nagelsmann gab. Seit 2019 setzt Marsch als Chefcoach von RB Salzburg die Erfolgsserie des österreichischen Meisters fort.

Neben Marsch stehen aber offenbar noch mindestens zwei weitere Trainer, die bei Ligakonkurrenten im Amt sind, auf Leipzigs Beobachtungsliste: zum einen Oliver Glasner (VfL Wolfsburg), der schon mal Co-Trainer am Bullen-Standort Salzburg war - und auch die Entwicklung von VfB-Stuttgart-Coach Pellegrino Matarazzo wird in Leipzig mit wohlwollendem Interesse verfolgt. Oliver Glasner soll allerdings aus privaten Gründen auch eine Rückkehr in seine Heimat Österreich erwägen, obwohl er mit Wolfsburg als Tabellendritter auf Champions-League-Kurs liegt. Er wird daher auch als Anwärter für Salzburg oder Österreichs Nationalelf gehandelt.

Leipzig verkündet den Abschied von Sportdirektor Krösche

In der Bundesliga dürfte sich jedenfalls das spektakuläre Trainer-Domino in der Spitzengruppe der Tabelle fortsetzen. Inzwischen ist es kein abwegiges Szenario mehr, dass alle augenblicklichen Top-sieben-Klubs in die kommende Saison mit neuen Cheftrainern starten werden. Sicher waren ja bereits die ligainternen Wechsel von Marco Rose (von Gladbach nach Dortmund) und Adi Hütter (von Frankfurt nach Gladbach).

Hinzu käme nun Nagelsmann - und er wäre nicht der Einzige, der sich aus Leipzig verabschiedet. Auch Sportdirektor Markus Krösche, 40, der vor zwei Jahren gleichzeitig mit dem Trainer bei RB ankam, verlässt den Verein am Saisonende. Krösche, zuvor Sportchef des SC Paderborn, hatte im Juli 2019 den Leipziger Projektleiter Rangnick beerbt. Er dachte offenbar seit geraumer Zeit über einen Wechsel nach und galt schon mal vor einigen Wochen als Top-Kandidat bei Schalke 04. Dieser Kontakt führte allerdings zu keiner Einigung.

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