FC Bayern nach Hoeneß:Patriarchen haben ausgedient

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Umso größer war das Entsetzen, als Hoeneß am Donnerstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Nun nahmen die Dinge ihren Lauf. Bei dem Treffen am Freitag erklärte Hoeneß seinen Rücktritt, und dann ging alles plötzlich ganz schnell. Vizepräsident Karl Hopfner rückte im Aufsichtsrat der Fußball-AG in den Präsidialausschuss auf, und der von Stoiber geleitete Verwaltungsbeirat nominierte den Finanzstrategen einstimmig als Kandidaten für das Präsidenten-Amt. Am 2. Mai soll Hopfner bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählt werden.

Öffentlich war der frühere Geschäftsführer und spätere Finanzvorstand des FC Bayern hinter Hoeneß nie groß aufgefallen. Aber intern gilt er als integrer Sachwalter der Klub-Kasse und als ein Mann, der sich im Kreise der Konzernbosse im Aufsichtsrat durchaus behaupten könne. Hopfner werde, sagen führende Verantwortliche, die volle Amtsperiode von drei Jahren absolvieren - und mitnichten den Präsidentenposten für Hoeneß warm halten, bis der nach vielleicht einem Jahr Freigang aus dem Gefängnis erhalte.

Einer aus dem Klub, der seit Jahrzehnten dabei ist und eine ziemlich niedrige Mitgliedsnummer hat, der viel Einblick und Einfluss hat, vergleicht die Lage beim FC Bayern mit den Geschehnissen in der CSU nach dem Tod von Franz Josef Strauß. Da hatten sich zuerst viele Leute gefragt, ob die Christsozialen den Verlust ihres Patriarchen verkraften könnten. Das gelang, indem die Macht geteilt wurde, zuerst zwischen Max Streibl, Theo Waigel und Edmund Stoiber, später zwischen Waigel und Stoiber. So ähnlich müsse man sich das auch beim FC Bayern vorstellen, sagt der langjährige Funktionär mit der niedrigen Mitgliedsnummer und verweist auf Rummenigge und Hopfner, Sportchef Matthias Sammer und auf die anderen Vorstände.

Groß ist im Klub auch die Hoffnung auf die junge Generation - die zweite nach Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Aus der Generation dazwischen war ja aus vielen Gründen niemand in Frage gekommen für führende Aufgaben beim FC Bayern, kein Stefan Effenberg, kein Oliver Kahn, erst recht kein Lothar Matthäus. Und auch mit Mehmet Scholl hat es nicht geklappt.

Doch einer wie Philipp Lahm, sagt ein wichtiger Funktionär, könne nach seiner Karriere auf dem Feld in den Verein oder dessen Fußball-AG wechseln, in einem halben Jahrzehnt vielleicht, an welche Stelle auch immer. Lahm sei nicht der einzige, dem man das zutraue. Für die Identifikation der Fans mit dem FC Bayern sei das eine wertvolle Perspektive. Lahm ist keiner, der poltert und provoziert, er ist ganz anders als Hoeneß, und ein Patriarch wird er bestimmt nie werden. Für den FC Bayern muss das kein Nachteil sein. Patriarchen haben eigentlich längst ausgedient.

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