Champions-League-Gewinner FC Bayern:Glückselige Zufriedenheit

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Endlich darf er ihn Küssen: Arjen Robben mit dem Henkelpokal. (Foto: dpa)

Der FC Bayern feiert nach dem Sieg gegen Dortmund in London den Gewinn der Champions League: Ribéry bunkert den Henkelpokal an seinem Tisch, Dante setzt sein großes brasilianisches Grinsen auf, Robben ist einfach nur glücklich. Rummenigge spricht vom Sport-Comeback des Jahres - und davon, dass die Mannschaft auch betrunken gewinnen könne.

Von Carsten Eberts, London

Da war Thomas Müller, der auf dem Rasen kniete und mit erhobenen Fäusten jubelte. Da war Manuel Neuer, der aufgedreht wie selten vor der Münchner Kurve umher hüpfte. Da war Bastian Schweinsteiger, der fast andächtig über den Rasen schlich. Das waren die Momente direkt nach dem Schlusspfiff dieses denkwürdigen Champions-League-Finales.

Das war, bevor die Mannschaft ihren Coach Jupp Heynckes packte und übermütig in die Luft schmiss. Das große Ding, der Cup, dieser vermaledeite Henkelpott, der schon vor einem Jahr gewonnen werden sollte. Der dem Klub vor zwölf Monaten, beim verlorenen "Finale dahoam", so viel Leid und Selbstzweifel eingebracht hat. Er kehrt nun mit einem Jahr Verspätung nach München zurück.

Spät nachts im Londoner Hotel "Grosvenor House" an der Park Lane wurde natürlich an das vergangene Jahr erinnert, an dieses Spiel gegen den FC Chelsea, an diese groteske und schmerzliche Niederlage. Es ist ohnehin kaum möglich, den Champions-League-Titel des FC Bayern zu würdigen ohne diesen Blick in die Vergangenheit.

Spielszenen des Finales
:Hochklassig bis zur letzten Minute

Spannend, attraktiv, chancenreich: Das Champions-League-Finale erfüllte von der ersten Minute an die höchsten Erwartungen und endete mit einem denkwürdigen Tor. Die wichtigsten Spielszenen.

In seiner Bankettrede berichtete Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge von der Tristesse, vom gegenseitigen Mutzusprechen, vom Wiederaufstehen. "Diese Mannschaft ist das Sport-Comeback des Jahres", sagte Rummenigge, "wir sind wahnsinnig stolz." Dann wurde gefeiert.

Franck Ribéry hatte den Henkelpokal an seinem Tisch gebunkert und rückte das edle Teil auch nicht raus. Dante setzte sein großes brasilianisches Grinsen auf und streunerte von Tisch zu Tisch. Rummenigge paffte genüsslich seine Sieger-Zigarre, bis die Durchsage kam, dass Rauchen in diesem Hotel eigentlich untersagt ist. Rummenigge paffte trotzdem weiter.

Glückselige Zufriedenheit überall. Dabei hatten die Bayern durchaus Probleme gehabt in diesem spannenden und hochklassigen Finale. Die ersten 20 Minuten gehörten dem BVB, die Münchner hätten locker in Rückstand geraten können. Auch dass der zwischenzeitliche Vorsprung nach Mandzukics Führungstreffer (60.) nur sechs Minuten später durch Gündogans Elfmeter (66.) wieder egalisiert war, hätte nach einem normalen Spiel Gegenstand einer kritischen Nachbetrachtung sein müssen. Oder der Ellenbogenschlag von Franck Ribéry gegen Robert Lewandowski, der den Franzosen bei einem anderen Schiedsrichter wohl die weitere Finalteilnahme gekostet hätte.

"Das war nicht unser bestes Spiel. Es war viel Druck drauf", gestand Müller. Die Fallhöhe nach zwei verlorenen Endspielen in drei Jahren war einfach enorm. Unvorstellbar, wäre das nun wieder schief gegangen. Und es hätte durchaus schief gehen können, die Dortmunder waren ein würdiger, ein lange Zeit ebenbürtiger Gegner, der dieses Finale durchaus hätte gewinnen können.

Das merkten die Münchner, gerade nach dem Ausgleich. Torwart Manuel Neuer etwa sagte: "Nach dem 1:1 ist mir persönlich der Arsch auf Grundeis gegangen. Man wusste ja, wie es letztes Jahr gelaufen ist. Wir haben geführt und kriegen dann einen Elfmeter gegen uns. Es steht 1:1 und dann ist schon die 89. Minute und wir machen das 2:1. Dieses Gefühl jetzt gerade und als das Tor fiel, kann man einfach nicht beschreiben. Das ist nicht in Worte zu fassen."

Trainer Jupp Heynckes lobte seine Mannschaft ebenfalls in höchsten Tönen. Gerade weil seinen Spielern in diesem Finale nicht alles leicht fiel - und sie am Ende dennoch gewannen. Seine Worte richteten sich an den Kern des Teams, an das Innenleben. Einen Zusammenhalt wie bei dieser Mannschaft habe er in 35 Trainerjahren noch nicht erlebt, sagte Heynckes: "Alle haben mitgezogen, keiner ist ins Abseits geraten."

Insbesondere für seine Kapitäne Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, aber auch für all die anderen Spieler, die keine 23 Jahre alt mehr sind, freue ihn dieser Triumph. "Für sie wurde es Zeit, einen großen Titel zu gewinnen", sagte Heynckes.

Jupp Henyckes und Bastian Schweinsteiger beim Feiern. (Foto: dpa)

Schweinsteiger, Lahm, Ribéry - sie sind die eine große Geschichte dieses Finals. Sie alle haben schon diverse Endspiele gespielt, nur wenige davon gewonnen. Mit dem FC Bayern, mit ihren Nationalmannschaften. "Ein Traum geht in Erfüllung", sagte Schweinsteiger deshalb angemessen gerührt. Lahm fügte an: "Wenn man eine goldene Generation werden will, muss man Titel gewinnen." Auch Sportvorstand Matthias Sammer freute sich für seine beiden Kapitäne: "Es ist sehr wichtig, solch eine Laufbahn zu krönen, sonst hört das Gerede nie auf."

Noch einer, dem dieser Titel unwahrscheinlich gut tut, ist Arjen Robben. Auch der Niederländer hat in seiner Karriere viele Endspiele verloren, und er war die vielleicht tragischste Figur des Finals von 2012. In der regulären Spielzeit hatte er beste Chancen vergeben, in der Verlängerung einen Elfmeter verschossen, musste sich danach von den Fans herbe Kritik anhören. Sie pfiffen den Niederländer aus, schnell wurde gemutmaßt, Robben wäre die längste Zeit Angestellter des FC Bayern gewesen.

Nun war es ausgerechnet Robben, der in London den Siegtreffer im Finale erzielte. In der 89. Minute, als die Dortmunder bereits auf die Verlängerung schielten, nahm er einen geschickt durchgesteckten Pass von Ribéry auf, deutete BVB-Keeper Roman Weidenfeller an, dass er ihn links umkurven wolle - um das Spielgerät dann doch rechts am Standbein vorbei ins Tor zu schicken.

Mit einem Gesichtsausdruck, aus dem vor allen Unglauben sprang, raste Robben auf die Seitenlinie zu, wo ihn die Teamkollegen einholten. "Du willst natürlich nicht den Loser-Stempel", sagte Robben später. Den ist er nun los.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Erst verstört, dann verzückt

Manuel Neuer bekommt so viel zu tun wie zuletzt in 34 Bundesligaspielen nicht, Javi Martínez bringt seine ganze Wucht auf den Platz und agiert vortrefflich nach vorne und Bastian Schweinsteiger erkämpft sich trotz Verletzung beim Aufwärmen endlich diesen verdammten Titel. Die Bayern beim 2:1 gegen Dortmund in der Einzelkritik.

Von Andreas Burkert und Claudio Catuogno, London

Gegen 17 Uhr wird der FC Bayern an diesem Sonntag am Münchner Flughafen landen - dann wird sich zeigen, wie es der Klub mit der Ankündigung hält, gar keine Feier ausrichten zu wollen. Heynckes hatte sich eine konzentrierte Vorbereitung für das Pokalfinale gegen Stuttgart erbeten; aus dem Kreise seiner Mannschaft waren in London allerdings andere Töne zu vernehmen. Etwa Robben, der sagte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir vom Flughafen einfach nach Hause fahren."

Die Bayern wollen im Laufe des Tages verkünden, ob Heynckes' Planung weiterhin Bestand hat. In der Nacht jedenfalls sagte Rummenigge noch: "Wir haben in sechs Tagen wieder ein Finale, aber ich glaube, mit 1,8 Promille haben wir trotzdem eine Chance."

Statistiken zum Spiel

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