FC Bayern München:Xabi Alonso ist Ancelottis erste Personalie

Carlo Ancelotti will replacing Pep Guardiola next season as Bayer

Henkelpott-Erfahrung: Carlo Ancelotti als Trainer von Real Madrid 2014 mit dem Champions-League-Pokal.

(Foto: Javier Lizon/dpa)

Der FC Bayern spricht seine Zukunftsplanung bereits mit dem neuen Trainer ab - und erwartet eine unkompliziertere Zusammenarbeit als mit dem verschrobenen Genius Pep Guardiola.

Von Christof Kneer

Gegen eine Vertragsverlängerung von Jérôme Boateng wird kein Trainer etwas einzuwenden haben, jedenfalls keiner, dem man eine Fußball-Mannschaft anvertrauen möchte. Dasselbe gilt für Vertragsverlängerungen von Thomas Müller oder Javi Martínez, deren Wert jeder, der den Trainerschein rechtmäßig erworben hat, schätzen wird. Spannender wird es, wenn es um Xabi Alonso geht, einen Profi, den auch jeder im Team haben möchte, wenn er 25, 28 oder vielleicht auch 32 Jahre alt ist. Aber jetzt, mit 34? Immer noch strahlt der Spanier eine Würde aus, die man nicht lernen kann, immer noch gibt sein Passspiel einer Elf Geborgenheit und Nestwärme, aber manchmal hört man eben auch, wie die Rüstung des alten Ritters ein wenig knarzt. Und deshalb stellt sich schon die Frage: Soll man einem defensiven Mittelfeldspieler, der nicht mehr jedem Angriff des Gegners hinterherkommt, einen neuen Vertrag geben?

Diese Frage haben sie beim FC Bayern gerade beantworten müssen, und wie es sich gehört, haben sie dazu natürlich die Meinung des Trainers eingeholt. Des Trainers Carlo Ancelotti.

Alonso darf als erste Personalie Ancelottis gelten

Pep Guardiola ist noch eine halbe Saison lang Bayern-Trainer, und im Klub werden sich alles tun, um diesen Fakt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Offiziell werden sie sagen: Wir reden nicht über Ancelotti, der kommt erst am 1. Juli. Das ändert aber nichts daran, dass sie hinter den Kulissen mit Ancelotti reden. Bei Boateng, Müller und Martínez war Rücksprache überflüssig, aber bei Xabi Alonso wollten sie lieber doch ein Feedback aus Kanada, wo Ancelotti sein Sabbatical verbringt. Ancelotti hat Bayerns Bossen signalisiert, dass er den Routinier gerne im Kader wüsste, und so darf Xabi Alonso ein halbes Jahr vor Ancelottis Dienstantritt bereits als erste Personalie des neuen Trainers gelten.

Dieser kleine Gruß aus Kanada liefert erste Hinweise darauf, wie der neue Trainer tickt. Seine Spielidee ist deutlich konservativer als die von Guardiola, was sich schon dadurch ausdrückt, dass es - anders als beim Guardiola-Fußball - keinen klar definierten Ancelotti-Fußball gibt. Zwar schätzt auch der Italiener dominantes, auf seriösem Passfundament erbautes Strategiespiel, aber er hat auch die Gabe, die Dinge mal laufen zu lassen und rechtzeitig aus dem Bild zu gehen.

Beim FC Bayern akzeptieren sie, dass Ancelotti diese taktisch inzwischen hochgebildete Elf nicht im Guardiola'schen Sinne weiterentwickeln wird, er soll stattdessen eine Art Xabi Alonso auf der Trainerbank sein. Vielleicht nicht mehr ganz der allerneueste Schrei, aber eben doch mit der Qualität, einem Team außer einer professionellen Struktur auch eine gewisse taktische Schläue zu vermitteln.

Nicht ganz so fantasievoll wie sein Vorgänger

Den Bayern ist recht bald klar gewesen, dass sie sich nach Guardiola wieder einen Gegenentwurf in die Firma holen müssen, weil es Pep II auf dem Markt nicht gibt; Pep-Potenzial erkennen die Münchner zwar bei Thomas Tuchel, der allerdings in einer Stadt namens Dortmund coacht. So haben sich die Bayern wieder fürs Modell "Menschenfänger" entschieden, wie einer aus dem Klub sagt; Ancelotti wird näher ans Team heranrücken als der verschrobene Genius Guardiola, was ihm die Ankunft in der Kabine erleichtern dürfte. Natürlich werden die Spieler merken, dass Ancelotti sie tiefer verteidigen lässt, dass er nicht ganz so fantasievoll coacht wie sein Vorgänger, dass er die Positionen nicht ganz so exakt definiert; aber was sie an taktischen Spitzfindigkeiten vermissen, dürften Profis wie Müller, Lewandowski oder Ribéry durch den lässigen Führungsstil mehr als ausgeglichen wissen.

Auch auf der Führungsebene erwarten sie eine unkomplizierte Zusammenarbeit, wobei sie sich weiter vorbehalten, nicht alle Trainerwünsche zu erfüllen. Guardiola wollte im Sommer dringend einen neuen Rechtsverteidiger, um Philipp Lahm fürs Mittelfeld freizubekommen, aber die Bayern haben abgelehnt, weil sie Kandidaten wie Matteo Darmian (jetzt Manchester United) oder Danilo (Real Madrid) zu teuer fanden. Wie Ancelotti das sieht, werden sie jetzt in Erfahrung bringen, aber im Stillen natürlich. Denn wie gesagt: Noch heißt der Trainer Pep Guardiola.

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