Transferpolitik:Bayern, überhört die Signale!

FC Bayern Muenchen v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Wer wechselt noch zum FC Bayern? Uli Hoeneß redet auf Karl-Heinz Rummenigge ein (Archivbild aus dem Mai 2019).

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern ruft einerseits den Kaderumbruch aus, andererseits weiß er erkennbar nicht, was er will - das ist fast schon ein gefährliches Bild.

Kommentar von Claudio Catuogno

Üblicherweise haben Preisschilder den Zweck, Interessenten über die Summe zu informieren, die sie bei einem Kauf berappen müssen. Bei den Preisschildern, die Vereine auf ihre Fußballer kleben, gilt das nicht unbedingt.

Am offensivsten betreibt das Fantasiesummenspiel der FC Barcelona: Bei Vertragsabschlüssen informiert der Klub sogar selbst über die Höhe der vereinbarten Ausstiegsklauseln. Für Lionel Messi liegt diese aktuell bei 700 Millionen Euro. Jordi Alba, Sergio Busquets und einige andere dürften Barça gegen die Zahlung von 500 Millionen verlassen. Arturo Vidal wäre im Vergleich dazu ein Schnäppchen: Den 32-Jährigen, 2018 für 18 Millionen vom FC Bayern gekommen, könnte man sich für 300 Millionen aus dem Regal nehmen. Steht jedenfalls auf dem Etikett.

150 Millionen eher als Abschreckung gedacht

Welchen Spieler ein Verein viel günstiger abgeben würde, welchen wiederum auf gar keinen Fall, wo also die tatsächlichen Schmerzgrenzen liegen - darüber sagen solche Summen nichts. Um das herauszufinden, muss man ins Gespräch kommen. Fragen kostet ja nichts.

Manchester City hat kein solches Preisschild auf Leroy Sané gepappt, sein bis 2021 laufender Vertrag sieht keine Ausstiegsklausel vor. Aber als das Werben des FC Bayern um den Nationalspieler im Juli unüberhörbar wurde, hat der englische Klub mal einen möglichen Kaufpreis verlauten lassen: 150 Millionen Euro.

Man kann so einen Betrag als Einstieg in eine Verhandlung interpretieren, wie auf einem Basar. So haben die Bayern die Zahl offenbar verstanden - sonst hätten sie nicht öffentlich ihren Optimismus kundgetan, dass das Geschäft zustande kommt. Doch nun wird immer klarer: Bei Sané waren die 150 Millionen eher als Abschreckung gedacht, weniger als Ermunterung zum Verhandeln. City wollte den Spieler behalten. Die Bayern scheinen das bloß nicht recht kapiert zu haben.

Wie der Eindruck entstanden ist, dass die Münchner manchmal komisch sind

Nun ist im Lichte der jüngsten Kreuzband-Verletzung, der Operation und der monatelangen Pause im Fall von Sané sowieso alles anders. Aber die Frage, die das wochenlange Theater aufwirft, stellt sich jetzt beim hektischen Fahnden nach Ersatzkandidaten (wie offenbar Ivan Perisic von Inter Mailand) erst recht: Kapieren die Bayern die Signale des Marktes? Sind sie ausreichend im Gespräch?

Man erinnert sich an den Wechsel von Mario Götze im Jahr 2013: fixiert, ohne Borussia Dortmund überhaupt Bescheid zu geben (Götze hatte eine Ausstiegsklausel). Diese feudale Attitüde haben die Bayern nie wirklich abgelegt. Auch bei City hat man sich jetzt gewundert: Die Bayern hätten nicht mal ein Angebot für Sané abgegeben, heißt es, seien zugleich aber beleidigt, dass der City-Trainer Guardiola den Spieler im englischen Supercup einsetzte (wo er sich dann verletzte).

Früher hatte das noch besser geklappt

Früher hatte das noch besser geklappt: Die ganz verrückten Dinge - 105 Millionen für Paul Pogba, 101 Millionen für Gareth Bale -, die haben die Bayern immer die anderen machen lassen. Aber zwei, drei Preisklassen drunter, da haben sie meistens bekommen, wen sie wollten, von Götze bis Lewandowski, von Robben bis Martínez. "Wenn Sie wüssten, wen wir für die neue Saison schon sicher haben", polterte nun vor einiger Zeit der Präsident Uli Hoeneß im TV-Studio - tatsächlich hatten sie sich bloß hier und da jemanden warmgehalten. Sie hören von uns - wenn ein Spieler das von den Bayern-Verhandlern gesagt kriegt, kann es vorkommen, dass er nie mehr von ihnen hört. Den Eindruck, dass die Münchner manchmal komisch sind, haben sie derzeit jedenfalls nicht nur bei Manchester City.

Der Markt ist internationaler und die zahlungskräftige Konkurrenz ist größer geworden, auch die sportliche Perspektive erscheint derzeit anderswo besser. Wenn ein Verein wie der FC Bayern einerseits den großen Kaderumbruch ausruft, andererseits aber erkennbar nicht weiß, was er will - dann ist das fast schon ein gefährliches Bild.

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