FC Bayern München:Sieg für van Gaal

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Der FC Bayern München gewinnt nach einem 0:1-Rückstand noch hochverdient mit 2:1 und sendet damit zugleich ein Warnsignal an die Konkurrenz.

Dominik Prantl

Das einzig wahre Verkehrsmittel, um zu den Heimspielen des FC Bayern in Münchens Norden zu fahren, ist selbstverständlich die U-Bahn. Nicht nur, weil die Bahn das umweltfreundlichste Massenverkehrsmittel seit der Postkutsche ist, sondern weil hier auch die Stimmung der Fußballfans noch unverfälscht transportiert wird. Im Stadion ist sie unter dem Eindruck des Dargebotenen und dem Druck der Massen längst zu einem Einheitsbrei komprimiert, aber in der U-Bahn wird noch diskutiert und argumentiert statt gepfiffen und gejohlt: "Der Sturm muss endlich wieder treffen, da reicht das 2:1 von letzter Woche auch nicht", hieß es also an der Haltestelle Münchner Freiheit, und am Kieferngarten sollte die ganze "Mannschaft endlich wieder Fußball spielen". Es waren Fans von Eintracht Frankfurt, die so sprachen.

Gerade noch dreifach gepunktet: Louis van Gaal klatscht nach dem Spiel ab. (Foto: Foto: dpa)

Die Wortbeiträge hätten ebenso gut aus dem nebendran sitzenden Fanlager der Bayern stammen können, so nah waren sich die beiden Teams mit den so unterschiedlichen Ansprüchen in der jüngeren Vergangenheit gekommen. Nur 90 Bundesliga-Minuten und einen viel zu niedrig ausgefallenen 2:1-Sieg später allerdings hatte der FC Bayern mit spielerischen Mitteln eine Kluft zwischen sich und dem potentiellen Kandidaten für das Mittelfeld der Tabelle gerissen. "Wir hatten einfach nicht den spielerischen Mut", räumte Frankfurts Trainer Michael Skibbe denn auch ein. Genau diesen Mut hatten die Münchner bewiesen und damit ein ziemliches Kontrastprogramm zu den vergangenen Wochen geliefert.

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Die Konkurrenz sollte diesen Sieg der Bayern, so unscheinbar er auf dem Ergebniszettel wirkt, als Warnsignal werten. Was eignet sich besser zur Reparatur eines angeknacksten Selbstvertrauens, als einen völlig überraschenden 0:1-Rückstand letztlich doch noch in ein 2:1 zu verwandeln? Und das Ganze in der Gewissheit, dass eigentlich ein 6:1 verdient gewesen wäre? Trainer Louis van Gaal war keineswegs einem tückischen Rechenschieber aus der eigenen Merchandising-Abteilung auf den Leim gegangen, als er meinte: "Ich habe 14 große Chancen gezählt." Beinahe die Hälfte davon ging auf das Konto von Luca Toni. Der diesmal unermüdlich schuftende Italiener hätte sich alleine in diesem Spiel an die Spitze der internen Torschützenliste setzen können.

Masterplan des Trainers

Tatsächlich fügt sich Toni trotz seiner Abschlussschwäche ein in eine Art Renaissance des etablierten Personals beim FC Bayern. Während die Neuerwerbungen Danijel Pranjic und Anatolij Timoschtschuk auch gegen Frankfurt Schwierigkeiten bei der Akklimatisation in München offenbarten, trieb vor allem Mark van Bommel seine Mannschaft voran. Der Kapitän führte gleich zwei Statistiken an: die des zweikampfstärksten Spielers und die des Spieler mit den meisten Ballkontakten. Dazu passte, dass der schon längerem in Bayern beheimatete Verteidiger Daniel van Buyten das 2:1 erzielte.

Und dennoch war es letztlich weder das große Spiel des unermüdlichen Toni, des umsichtigen van Bommel oder des umtriebigen Thomas Müllers, sondern ein Triumph des Kollektivs - und damit ein Sieg für Trainer van Gaal. Sogar das Gegentor wenige Sekunden nach der Einwechslung von Arjen Robben für Miroslav Klose schien in van Gaals Masterplan berücksichtigt: "Wenn ich Robben und Gomez einsetze, ist das immer schlecht für die Ordnung." Allerdings war es wohl eher Patrick Ochs, der mit einem feinen Pass auf Torschütze Alexander Meier Unruhe im gesamten Defensivverbund der Münchners stiftete (59.) und außerdem van Buytens Seelenfrieden störte: "Nach dem 0:1 habe ich mich schon gefragt. Oh, da ist jetzt richtig was los, wenn wie das nicht mehr rumdrehen."

In den Jubelmodus

Viel nachhaltiger wirkten sich Robben und Gomez fortan auf die Ordnung von Frankfurts Defensive aus. Bei einer hohen Flanke von Müller war es Gomez, der mit diversen Körperteilen vor Torhüter Nikolov am Ball war. Robben musste nur mehr abstauben (70.), weshalb das Arena-Publikum mal wieder seine Launenhaftigkeit unter Beweis stellte und von Pfeifkonzert auf den Anfeuerungsmodus umschaltete. Und wenig später wieder zurück auf Pfeifkonzert. Denn Louis van Gaal nahm Luca Toni vom Feld und brachte Verteidiger Martin Demichelis beim Stande von 1:1 (86.). Es war sein Masterwechsel.

Van Buyten stürmte nämlich fortan, stellte mit seinem Siegtor per Kopf den Jubelmodus her, und entsprechend souverän moderierte der Trainer die Pfiffe gegen seine Rochaden: "Wir sollten mit dem Tor nicht immer nicht bis zur letzten Minute warten. Das mögen die Münchner nicht so gerne." Den Frankfurter Fans in der U-Bahn waren die Münchner Vorlieben wahrscheinlich so was von egal, aber zweifelsfrei überliefert ist das nicht: Zurück in die Innenstadt ging's mit dem Auto.

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