FC Bayern München:Serdar Tasci - Hauptsache ein gesunder Innenverteidiger

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Serdar Taşçı, hier noch als Spieler des VfB Stuttgart, trug schon in der Vergangenheit mal ein Bayern-Trikot. (Foto: HJS/imago)
  • Mit dem Ex-Stuttgarter Serdar Tasci verpflichtet der FC Bayern einen klassischen Not-Transfer.
  • Taşçı soll den Klub langfristig nicht besser machen, er soll kurzfristig die Ausfälle von Jérôme Boateng und Javi Martínez kompensieren.
  • Vor allem seine Fähigkeiten im Spielaufbau machen ihn für Bayern in der Bundesliga interessant.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Für seinen ersten Auftritt als Spieler des FC Bayern stellt sich Serdar Tasci neben den Champions-League-Pokal, aber es ist nicht die Trophäe, die diesen Transfer am besten zusammenfasst. Tasci redet für das Klubfernsehen, er erzählt von seinem Tag, und irgendwann schaut er auf die Uhr und sagt einen Satz, der eigentlich ganz genau beschreibt, warum er an diesem ersten Februar-Abend neben dem Champions-League-Pokal steht. Tasci sagt: "Es ist jetzt 17.30 Uhr."

Der FC Bayern hat auf dem Transfermarkt eine gewisse Kunstfertigkeit entwickelt; wenn der Klub monatelang einen neuen Flügelspieler sucht, präsentiert er Douglas Costa, der als Unbekannter nach München kommt und kurz darauf als eine der größten Attraktionen der Bundesliga gilt. Selbst wenn der Klub kurzfristig einen Spieler sucht, kommt immer noch Xabi Alonso, der das Spiel von der ersten Spielminute an auf eine andere Stufe hebt.

Um zu erklären, warum der Innenverteidiger Serdar Tasci nun für den Tabellenführer der Bundesliga spielt, reicht es, auf die Uhrzeit zu verweisen. Tasci ist ein 17.30-Uhr-Transfer, vielleicht auch ein 17.50-Uhr-Transfer - da verkündete der Verein am frühen Montagabend, dass Tasci bis Sommer von Spartak Moskau ausgeliehen wird, mit anschließender Kaufoption. 17.50 Uhr, das heißt: zehn Minuten später, und die Wechselfrist wäre abgelaufen.

Javier Martínez wurde am Dienstag operiert, er fällt wohl vier Wochen lang aus

Als Tasci neben dem Champions-League-Pokal steht, erzählt er selbst, dass am Ende "alles sehr schnell" ging, er sagt: "Tagsüber war es ein bisschen hektisch." Auch in der Begrüßung des FC Bayern geht es um die Zeit, die übrig war: "Wir sind froh", sagt Sportvorstand Matthias Sammer in der 17.50-Uhr-Mitteilung, "dass wir kurzfristig die Möglichkeit bekommen haben, einen Spieler wie Serdar Tasci zum FC Bayern zu holen." So kurzfristig, dass die jüngsten Aussagen der Klubführung noch sehr präsent waren.

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Der Spanier wurde in Barcelona von seinem Vertrauensarzt operiert - und wird nun rund vier Wochen ausfallen.

"Notkäufe bleiben Notkäufe und kosten nur Geld", hatte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in der vergangenen Woche gesagt, wenige Tage nachdem sich Innenverteidiger Jérôme Boateng schwer verletzt hatte. "Es gibt nichts, das uns besser macht", sagte Sammer am Sonntagnachmittag, wenige Stunden nachdem sich Javier Martínez schwer verletzt hatte, der nächste Innenverteidiger. Aber zumindest Sammers Aussage war kaum noch mehr als ein taktisches Spielchen.

Schon als sich Boateng verletzt hatte, hatten sie im Verein überlegt, einen Ersatz zu verpflichten, aber sie hatten niemanden gesehen, der sie besser machen könnte, nicht zu einem angemessenen Preis. Ein Leihgeschäft kam nicht in Frage, der FC Bayern sieht sich als Käufer-Verein, nicht als Leih-Verein. Dann aber verletzte sich Martínez am Meniskus, am Dienstag wurde er in Barcelona operiert, er fällt vier Wochen aus. Und schon ging es nicht mehr darum, den Kader besser zu machen. Es ging darum, überhaupt noch einen Kader zu haben.

Ohne Boateng und Martínez hatte der Klub nur noch Holger Badstuber als Innenverteidiger, dazu als Optionen David Alaba, Rafinha, Arturo Vidal oder - wie am Sonntag gegen Hoffenheim - Joshua Kimmich; abgesehen von Kimmich haben alle Spieler Verletzungsgeschichten hinter sich, Rafinha ist erst vor wenigen Tagen wieder ins Training zurückgekehrt. Der erste Gedanke hinter dem Transfer von Tasci ist also, dass der Kader aufgefüllt werden sollte, dass Trainer Pep Guardiola den anderen mit ihren anfälligen Körpern auch mal eine Pause gönnen kann. Dass Tasci als Leihspieler kommt, liegt auch daran, dass er erst einmal genau das sein soll: einer, der kurzfristig eine Lücke schließt.

Taşçı ist nicht sonderlich schnell und scheut manchen Zwiekampf

Wer die vorherigen Transfers der Bayern kennt, der kann dennoch davon ausgehen, dass sich die Verantwortlichen auch bei Taşçı noch auf die Schnelle zahlreiche Notizen gemacht haben, und die dürften gereicht haben, um festzustellen, dass Tasci zwar ein Blitztransfer ist, aber keiner, der mit allzu viel Risiko verbunden ist.

Der 28-Jährige hat 181 Mal für den VfB Stuttgart in der Bundesliga gespielt - und 14 Mal für die Nationalmannschaft, zuletzt im August 2010, da durfte er sogar 24 Minuten lang die Kapitänsbinde tragen. Bundestrainer Joachim Löw hatte Tasci immer geschätzt für dessen Fähigkeiten im Spielaufbau, so sehr, dass er großzügig übersehen hatte, dass Tasci nicht sonderlich schnell ist und auch mal den einen oder anderen Zweikampf scheut. Diese Charaktereigenschaften kennen sie beim FC Bayern natürlich auch, sie wissen aber auch, dass es darauf in den meisten Bundesliga-Spielen nicht ankommen wird. Die wenigsten Klubs setzen die Abwehrreihe des FC Bayern dauerhaft unter Druck, und so dürfte Tasci ganz in Ruhe das machen, was er am besten kann: das Spiel eröffnen.

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Zehn Tage habe er sich mit seinem bisherigen Verein in Abu Dhabi vorbereitet, erzählt Tasci am Montag neben dem Champions-League-Pokal, "ich denke, wenn ich eine gute Trainingswoche habe, werde ich auch fit". Er hätte dann zumindest schon einmal das wesentliche Kriterium für seine Verpflichtung erfüllt, ganz egal, wie schnell und zweikampfstark er ist. Er wäre einfach: ein gesunder Innenverteidiger.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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