FC Bayern München:Reif für Revolutionen

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Nach den jüngsten Pleiten diskutiert der FC Bayern nicht nur über Trainer Jürgen Klinsmann - sondern auch über den Umbau seiner Führungsriege.

Andreas Burkert

Jürgen Klinsmann und Oliver Kahn sind nicht befreundet, schließlich hatte der einstige Bundestrainer dem einstigen Welttorhüter vor der WM 2006 den Job entzogen. Dass Klinsmann, 44, vor neun Monaten als Klubtrainer des FCBayern begann, hat er dennoch vor allem Kahn zu verdanken. Denn dieser hatte es im Dezember 2007 gewagt, die Weihnachtsfeier des Vereins vorzeitig zu verlassen - der damalige Mannschaftskapitän vergnügte sich lieber mit einer Blondine namens Verena. Da München ein großes Dorf ist, kam das sofort heraus. Er habe nun genug von derlei Disziplinlosigkeiten, hat noch in dieser Nacht Karl-Heinz Rummenigge geflucht; die Bayern, befand der Vorstand, seien reif für einen internen Erneuerer - reif für Klinsmann.

Auch die Zukunft der Bayern-Macher Franz Beckenbauer, Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß (von links) ist noch ungewiss. (Foto: Foto: AP)

Nach dem epochalen 0:4 im Europacup in Barcelona ist der Klub jetzt allerdings reif für eine Zukunft ohne Klinsmann. Den intern besprochenen Schnitt zu moderieren, das könnte heikel werden für Klinsmanns ursprünglichen Mentor Rummenigge. Und mit einer Entlassung würde der Ball wieder zurückgespielt - zu ihnen, die ehedem selbst das rote Trikot trugen und den Klub so groß machten: Rummenigge, Manager Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer, dem freigeistigen Aufsichtsrat.

Wie es seit Jahren um das Innenleben dieser Troika bestellt ist, hatten die Herren praktischerweise vor dem Debakel in Katalonien per flottem Vorspiel belegt. Rummenigge? Gab eine Art Jobgarantie für Klinsmann ab (die er wohl längst bereut). Beckenbauer? Konterte, man habe verabredet, nach Saisonende "möglicherweise zu reagieren" in der Trainerfrage.

Worauf Hoeneß grantelte, "der Franz" sei nicht mehr so nah dran am Thema. In diesem Umfeld meinungsfester Ikonen hat der egozentrische Abteilungsleiter Klinsmann vielleicht nicht funktionieren können; selbst wenn er denn weniger handwerkliche Fehler begangen hätte. Und so steckt hinter dieser Ergebniskrise eines Fußballklubs, dessen Versagen in den hiesigen Nachrichten noch vor Italiens Erdbeben behandelt wurde, mehr als die Debatte über einen Trainer.

Denn Hoeneß, 57, seit 30 Jahren im Amt, will im November aus dem operativen Geschäft ausscheiden und im Aufsichtsrat Nachfolger des Vorsitzenden Beckenbauer werden. "Jetzt, wo es mir gesundheitlich ganz gut geht", hat er neulich erzählt, wolle er sein Lebenswerk übergeben; am liebsten an junge Ehemalige wie den Teammanager Christian Nerlinger, an Mehmet Scholl oder Jens Jeremies. Zu ihnen soll ein externer Wirtschaftsexperte stoßen.

Denn außer Hoeneß werden sich in zwei, drei Jahren auch Rummenigge, 53, und der angesehene Finanzvorstand Karl Hopfner, 56, zurückziehen. Hoeneß plädiert deshalb für reichlich junges Blut, weshalb er zuletzt auch den Personalvorschlag Paul Breitner zurückwies; Bild-Kolumunist Beckenbauer hatte den früheren Bild-Kolumnisten Breitner, 57, als Manager empfohlen. Den früheren Teamkollegen akquirierte Hoeneß vor zwei Jahren als Vorstandsberater. Auch, um dessen spitze Feder ruhigzustellen.

Zu beraten gibt es nun einiges für die alten Helden. Zum einen die Umbaupläne für die Führungsetage, wobei Beckenbauer dem Vernehmen nach plötzlich wieder mit einem Verbleib kokettiert. Zum anderen die Bewahrung des Besitzstandes, denn die Resultate gefährden allmählich den Tilgungsdienst für den teuren Kader und die kreditfinanzierte Arena - der Start in der Champions League ist Pflicht. Nicht nur fürs bayerische Ego.

© SZ vom 11.04.2009jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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