FC Bayern München:Machtspiel mit Risiko

Der FC Bayern reist auf den Betzenberg - und Martin Demichelis ist wieder nicht dabei. Er hat keinen Stammplatz und will keinen Bankplatz. Louis van Gaal nennt ihn ein "Sicherheitsrisiko".

Andreas Burkert

Eigentlich hätte das ganz gut gepasst, ein schmollender südamerikanischer Hitzkopf inmitten der berüchtigt hitzköpfigen Menschen auf dem Betzenberg, dazu handelt es sich noch um ein Flutlichtspiel am Freitagabend zwischen dem heimischen FCK und den Bayern. Aber Martin Demichelis wird fehlen. Er hat frei. Sein Trainer hat ihn erneut nicht nominiert für den Münchner Kader. Diagnose: schlimmer Trauerschmerz.

Martin Demichelis, Louis van Gaal

Zwei, die sich nicht mehr mögen: Martin Demichelis und sein Trainer Louis van Gaal.

(Foto: AP)

Eine gute Woche habe man hinter sich, hat Bayern-Trainer Louis van Gaal vor der Abreise erzählt, "wir haben viel gemacht im Ausdauerbereich". Der argentinische Nationalverteidiger Demichelis dagegen hat eine miese Woche hinter sich, vor dem Ligastart hatte ihm van Gaal eröffnet, dass er ihn nicht mehr als Stammkraft sehe. Der Holländer betont nun, dass man daraufhin gemeinsam entschieden habe, auf eine Kader-Nominierung gegen Wolfsburg (2:1) zu verzichten, "er hat sich nicht geweigert, auf die Bank zu gehen". Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hatte dagegen nach dem Spiel kundgetan, Demichelis habe "den Trainer gebeten", nicht auf der Bank Platz nehmen zu müssen.

"Trauermoment" ist zu groß

Wie auch immer, die Lage hat sich für Demichelis, 30, nicht verbessert, auch wenn der Vorstand dem Vernehmen nach weiterhin der Meinung ist, den stolzen Mann aus Córdoba nicht abgeben zu wollen trotz van Gaals angedeuteter Tendenz zur Freigabe. "Der Grund, warum ich ihn letzte Woche nicht mitgenommen habe, ist derselbe", sagt der Trainer und verweist auf seinen Lehransatz des "ganzheitlichen Prinzips", wonach "die Umstände und die Umgebung" Spieler beeinflussten.

Er sei Demichelis nicht böse, dass er die Degradierung zum Ersatzspieler erst verkraften müsse, "ich kann nicht erwarten, dass er 100-prozentig mit dem kommenden Spiel beschäftigt ist". Jeder benötige seine Zeit zu trauern, sagt van Gaal, und Demichelis' "Trauermoment" sei unvermindert groß. Deshalb könne er den Argentinier allerdings nicht nominieren, dieser Eindruck habe sich in der Trainingswoche bestätigt.

Sicherheitsrisiko Demichelis

Während die Klubspitze angeblich verstimmt sein soll, dass van Gaal dem seit 2003 für den FC Bayern spielenden Innenverteidiger sogar für die komplette Saison wenig Hoffnung auf eine Rückkehr ins erste Glied gemacht habe, zementierte der Trainer am Donnerstag seine Wahl. Der von ihm als Kandidat für die Abwehr erwähnte Amateur Maximilian Haas reise zwar nicht mit in die Pfalz ("Er ist noch nicht so weit"), erste Option für einen Wechsel in der Deckung sei Mittelfeldmann Anatoli Timoschtschuk - dessen Wechsel nach Wolfsburg oder zu Dynamo Moskau somit von Demichelis' Verbleib abhängig ist.

Martin Demichelis

Ein stolzer Argentinier am Boden: Martin Demichlis wurde bei Bayern ausgebootet.

(Foto: AP)

Geht van Gaal also lieber ohne ausgebildeten Manndecker auf der Bank in das Duell mit dem Aufsteiger, weil er Demichelis derzeit als Art Sicherheitsrisiko ansieht? "Ja", entgegnet er, als Reservist sei Demichelis "auch ein Risiko - denn er kann eingewechselt werden".

Der große Melancholiker Martin Gastón Demichelis, 168 Spiele für die Bayern, dürfte seine Trauer so rasch nicht mehr überwinden - lindern könnte sie wohl nur ein Transfer bis zum Ende der Wechselfrist am nächsten Dienstag. Wer dieses mutmaßliche Machtspiel für sich entscheidet, van Gaal oder der Verein, ist ungewiss. Der Trainer betont, selbstverständlich könne Demichelis demnächst wieder in seinen Kader zurückkehren. Aussichten auf einen Stammplatz hat er ihm nicht eröffnet.

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