FC Bayern München:Die schöne, böse Königin

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Oft mussten sich die Bayern trotz aller Erfolge anhören, dass andere schöner spielen. Doch auch in dieser letzten umkämpften Disziplin siegen sie nun klar.

Ralf Wiegand

Im Grunde hatten sie ja alles, diese Bayern. Den größten Umsatz, das modernste Stadion, die meiste Macht im deutschen Fußball, und dazu Titel, Titel, Titel. Sie waren alles in allem schon seit langer Zeit ein sehr erfolgreicher Verein, aber sie waren auch stolz und übermütig und konnten nicht leiden, dass sie an Schönheit von jemandem sollten übertroffen werden.

Bastian Schweinsteiger als Vorsänger nach seinem 4:0 gegen Bremen. (Foto: Foto: dpa)

Sie hatten einen wunderbaren Spiegel, wenn sie vor ihn traten und sich darin beschauten, sprachen sie: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer spielt den schönsten Fußball im ganzen Land?" Der Spiegel antwortete: "Ihr Bayern, Ihr spielt am schönsten hier. Aber Werder Bremen über den Bergen mit all seinen Zwergen spielt noch tausendmal schöner als Ihr."

Die Zeiten, da die Bayern darob erschraken und nach Überlieferung der Brüder Grimm auch noch grün vor Neid wurden (ausgerechnet grün), sind seit Samstagabend vorbei. So viele Zauberzwerge vom Schlage eines Özil, Marin oder des unvergessenen Diego kann nicht einmal Werder Bremen mehr aufbieten, um den Sieg der Bayern in der letzten noch umkämpften Disziplin zu verhindern: der Schönheit des Spiels. In ihrem neuen Trikot, weiß wie Schnee, rot wie Blut, hat die böse Königin das zarte Schneewittchen glatt aus den Schuhen gespielt.

Es ist nicht zu unterschätzen, wie wichtig das den Münchnern ist. Mit nichts konnte man den damaligen Manager Uli Hoeneß in den vergangenen Jahren mehr ärgern als mit Hymnen auf die Spielkultur von Werder Bremen. Die Bayern schienen ja jahrelang wie mit einem bösen Fluch belegt zu sein. Pflückten sie irgendwo im Land eine blühende Blume, so verwelkte sie in ihrer Hand in Windeseile. Das Urbedürfnis des Menschen, möglichst von allen geliebt zu werden und der Neid auf die, denen die Zuneigung zuteil wurde - das hat die Bayern in der Märchenwelt des Fußballs zur bösen Königin gemacht.

Befreit vom Fluch wurden sie erst von jemandem, der noch eitler ist als der Verein selbst. Louis van Gaal ist unersättlich anspruchsvoll dem Erfolg gegenüber. In jeder Statistik will er den FC Bayern an erster Stelle sehen, findet in jeder Zahl einen Dreh zur Einmaligkeit. Und dabei ist sein Verlangen nach ästhetischer Perfektion noch viel, viel größer als es das der Vereinsführung je war. Nach nur einem Jahr ist dieser gefräßige Louis van Gaal schon bayerischer, als es der FC Bayern in den letzten zehn Jahren jemals war.

Aber kaum ein Märchen hält für die böse Königin einen glücklichen Ausgang bereit. Das Schneewittchen aus Bremen mag vorerst eingesargt sein, aber irgendwo hinter den sieben Bergen lauert eine noch bösere, noch eitlere Herrscherin mit Ansprüchen auf den Thron, den Thron Europas: José Mourinho soll sehr wütend geworden sein, als er Samstagnacht vor seinem Zauberspiegel stand.

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