FC Bayern München:"Das zermürbt die Leute"

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Krise und kein Ende: Hans Gehrlein vom Fanklub "Die 13 Höslwanger" spricht vor der Jahreshauptversammlung über das vergebliche Hoffen auf bessere FC-Bayern-Zeiten.

Gerald Kleffmann

Hans Gehrlein, Gastwirt aus Höslwang (Landkreis Rosenheim), ist Präsident des FC-Bayern-Fanklubs "Die 13 Höslwanger", in dem mehr als 2000 Anhänger des Fußball-Erstligisten organisiert sind. Der 42-Jährige schaffte es 2007, die Bayern für ein Freundschaftsspiel nach Höslwang zu bringen.

Der FC Bayern beim Training nach dem Remis gegen Leverkusen. (Foto: Foto: ddp)

SZ: Herr Gehrlein, es läuft nicht beim FC Bayern. Was sagt die Fan-Seele?

Hans Gehrlein: Niemand von uns ist zufrieden mit dem, was da abläuft, das ist klar. Man muss sich nur die Ergebnisse und die Tabelle anschauen. Aber es fehlen oft nur Kleinigkeiten, um zu gewinnen. Gegen Leverkusen hatte Klose eine Chance zum 2:0, dann gewinnst du die Partie. So ähnlich lief es auch bei anderen Spielen.

SZ: Aber wenn eine Mannschaft funktioniert, klappen auch die Kleinigkeiten. Das ist bei Bayern nicht der Fall.

Gehrlein: So ist es leider. Es wird ja derzeit viel vom FC-Bayern-Gen geredet, das verlorengegangen ist. Da ist was dran. Früher in den erfolgreichen Phasen hat Bayern einfach solche Wackelspiele gewonnen. Als Fan hatte man immer das Gefühl, man kann ein Tor schießen.

SZ: Dieses Gefühl ist weg?

Gehrlein: Ja. Heute ist es so, dass jedes Spiel ein Risiko ist, egal, wer der Gegner gerade ist. Man kann sich nie sicher sein, wie es ausgeht.

SZ: Was denken denn die härtesten Fans: Woran liegt der Gen-Verlust?

Gehrlein: Bei der Verpflichtung von Louis van Gaal war es anfangs nicht gleich so, dass gesagt wurde: Was wollen die mit dem? Was ist das für einer? Die meisten waren überzeugt von ihm. Aber das Blatt hat sich gewendet. Die Mannschaft versteht offenbar nicht richtig, was er will. Es gibt zu viele Ungereimtheiten. Vieles kommt nicht gut rüber. Auf der anderen Seite ist es natürlich so: Man muss irgendwann einmal eine Linie reinbringen. Wenn man ständig den Trainer austauscht, wie in den vergangenen Jahren, bringt uns das auch nicht weiter. Van Gaal steht nichtsdestotrotz sehr schwer in der Kritik.

SZ: Sie klingen gemäßigt. Gibt es viele, die wie Sie denken?

Gehrlein: Es werden von Spiel zu Spiel weniger. Eigentlich wäre der Sechs-Punkte-Rückstand zur Spitze gar nicht so dramatisch bei der Drei-Punkte-Regel. Wenn man die nächsten vier Bundesliga-Spiele anschaut, wäre das aufzuholen. Die Wahrheit derzeit ist nur: Von Spiel zu Spiel hofft man, und von Spiel zu Spiel funktioniert es nicht. Das zermürbt die Leute.

SZ: Viele Probleme sind seit der Analyse von Philipp Lahm bekannt.

Gehrlein: Er hat vielen aus der Seele gesprochen. Die Leute haben das gut gefunden, was er kritisch ansprach in seinem Interview. Ob ein Angestellter eines Vereins seine Mitspieler und Vorgesetzten öffentlich so angreifen sollte, ist natürlich eine andere Frage. Ob es ihn selbst weitergebracht - ich weiß es nicht. Aber dass man mit dem System und den Einkäufen nicht zufrieden sein kann, sehen viele genau so. Nur: Das muss man den Bayern gar nicht sagen. Das wissen die selber.

SZ: Woran liegt es konkret, dass Bayern nicht mehr so gut spielt?

Gehrlein: Nicht an einem einzelnen Punkt. Es gibt mehrere Baustellen, jede muss behoben werden. Eine Trainerentlassung kann auch nicht alle Probleme lösen. Wenn Ribéry und Robben mitspielen würden, sähe es ohnehin anders aus.

SZ: Diese Sicht nützt einigen Profis nichts. Die Pfiffe werden immer lauter.

Gehrlein: Das verstehe ich nicht. Einer saß 50 Minuten still neben mir, und plötzlich pfeift er wie verrückt. Das ist eine Katastrophe. Bei manchen hat man gar das Gefühl, sie pfeifen schon, wenn bestimmte Namen vorgelesen werden.

SZ: Die zahlende Kundschaft will etwas geboten bekommen.

Gehrlein: Das ist richtig. Aber als Fan soll man die Spieler nicht verunsichern, sondern anfeuern. Da tun sich Gräben zwischen den Fangruppen auf, das ist auch ein unschöner Nebeneffekt gerade. Am Sonntag gab es Applaus und Pfiffe. Eine ganz seltsame Stimmung war das.

SZ: Und es könnte noch schlimmer kommen. Am Mittwoch droht das Aus in der Champions League, am Freitag könnten dann Tumulte bei der Jahreshauptversammlung folgen.

Gehrlein: Ich gehe mal davon aus, dass die Mitglieder auf der Versammlung mit Herzblut an Bayern hängen und es zu keinen Tumulten kommt. Der Vorstand muss halt die Situation erklären, das ist klar. Wenn wir uns zerfleischen, bringt das doch nichts.

SZ: Sie kennen also niemanden, der am Freitag ans Mikrofon treten wird, um den Bayern-Bossen unangenehme Fragen zu stellen?

Gehrlein: Naja, das kann schon passieren. Wollen und tun sind immer zwei Paar Stiefel. Wie sagte Hoeneß? Besser wissen tun es viele, aber besser machen es nur wenige. Die, die rumschreien, sollen zeigen, dass sie es besser können.

SZ: Sie klingen fast, als wollten Sie schon vorab die Gemüter beruhigen. Das könnte sinnvoll sein, vor allem, wenn Bayern gegen Haifa patzt.

Gehrlein: Als Fan gibt man die Hoffnung nie auf. Aber es stimmt: Alles hängt vom Mittwoch ab.

SZ: Sind Sie auf der Versammlung?

Gehrlein: Auf alle Fälle. Es ist für uns eine wichtige Versammlung. Franz Beckenbauer wird Ehrenpräsident, Uli Hoeneß nach 30 Jahren Präsident. Das ist ein bewegender Moment. Da lässt man 30 Jahre Revue passieren und sieht die wahnsinnigen Erfolge. Nur weil die letzten zwei Jahre nicht so gut liefen, darf man das alles nicht vergessen.

© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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