Bayern-Basketballer:Auf der Suche nach dem Musiala des Basketballs

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Die Drei von der Säbener Straße: Cheftrainer Gordon Herbert, Vereinspräsident Herbert Hainer und Geschäftsführer Marko Pesic. (Foto: Lukas Barth/dpa)

Der FC Bayern startet mit neuem Personal und einiger Ambition in die neue Saison. Helfen sollen auf dem Weg in die europäische Spitze der brandneue SAP Garden, der Weltmeistertrainer, ein interessanter Kader – und eine Weinprobe.

Von Ralf Tögel

Herbert Hainer war ein talentierter Stürmer im Amateurfußball, die Frage nach der Kritik des Experten Didi Hamann an Jamal Musiala, der diesem trotz starker Leistungen im Nationalteam den Egoismus des Alleinunterhalters anlastete, grätschte der Präsident des FC Bayern München aber im Stile des früheren Bayern-Liberos Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck humorlos weg: „Es geht hier nicht um Fußball.“ In der Tat, Hainer war nach München gekommen, um der zweiten Profi-Abteilung seines Vereins Starthilfe zu leisten: Die Basketballer stehen unmittelbar vor ihrem Saisonbeginn. Am Freitag in einer Woche wird die Bundesliga (BBL) mit der Partie des Meisters und Pokalsiegers gegen die Niners Chemnitz im BMW Park zu München eröffnet (20 Uhr). Die Chemnitzer hatten sich in der vergangenen Saison erst im Halbfinale Alba Berlin knapp mit 2:3 geschlagen geben müssen und sich so das Startrecht in der Champions League erworben.

Allein deshalb werden die Bayern den Gegner nicht unterschätzen, wenngleich sie in Forward Kevin Yebo einen der besten Chemnitzer der vergangenen Saison nun auf ihrer Seite wissen – ein Sieg auf dem brandneuen Glasboden im BMW Park ist Pflichtaufgabe. Die Ziele für die bevorstehende Spielzeit sind höher, daran lässt der Präsident keinen Zweifel: „Wir wollen national unsere beiden Titel verteidigen und in der Euroleague in die Playoffs“, sagte Hainer, „und daran werden wir uns messen lassen.“

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Hainer lächelte, als er diese Vorgaben formulierte; neben ihm saß Gordon Herbert, der etwas ernster dreinblickte. Schließlich ist er der neue Trainer, der dies bewerkstelligen soll. Dass der Präsident in dem Kanadier genau den richtigen Mann für diese Ziele sieht, daran ließ er keinen Zweifel: „Dafür haben wir einen Trainer geholt, der bewiesen hat, dass er Großes erreichen kann.“

Der FCB-Präsident musste erst gar nicht erwähnen, dass Herbert in den vergangenen drei Jahren den deutschen Basketball mit Europameisterschafts-Bronze und dem Weltmeistertitel in ungeahnte Sphären gehoben hat. Platz vier bei den Olympischen Spielen war für den 65-Jährigen eine „herbe Enttäuschung“, wie Herbert nochmals erinnerte. Damit dem Kanadier mit den Bayern jetzt ähnliche Husarenstücke gelingen mögen, dafür habe der Verein neben dem Coach „auch in die Mannschaft investiert“, sagte Hainer.

„Jeder spricht über Ibaka, der uns verlassen hat, niemand über Weiler-Babb, der geblieben ist“, klagt Pesic

Geschäftsführer Marko Pesic, der den Präsidenten bei der Saison-Pressekonferenz auf der anderen Seite flankierte, wollte zwar nicht einordnen, ob das die beste Mannschaft sei, die jemals auf das Münchner Parkett geschickt wurde. Er monierte vielmehr, dass Weggänge stets die größeren Nachrichten seien als gehaltene Spieler, zumal im Basketball eine hohe Fluktuation ein beständiges Merkmal ist. „Jeder spricht über Serge Ibaka, der uns verlassen hat, niemand über Nick Weiler-Babb, der geblieben ist.“

Pesic sieht im Bayern-Kader eine vergleichsweise große Kontinuität. Als leuchtendes Beispiel nannte er Kapitän Vladimir Lucic – der serbische Nationalspieler geht in sein achtes Jahr in München. In den Nationalspielern Andreas Obst, Niels Giffey und Nick Weiler-Babb sind DBB-Medaillengewinner langfristig verpflichtet, dazu gesellten sich noch Johannes Voigtmann (kam aus Mailand) und Oscar da Silva (aus Barcelona). Kein anderes Team in der BBL hat auch nur annähernd so viel Qualität auf den deutschen Positionen, die bekanntlich im nationalen Wetteifern eine Schlüsselrolle spielen.

International indes bleiben die Aussichten der Bayern deutlich bescheidener, auch wenn der jüngste Zugang Shabazz Napier (kam aus Mailand) NBA-Erfahrung aufweisen kann. Denn in der Euroleague werden von den finanzstarken Großklubs aus Griechenland, der Türkei oder Spanien mit immensen Gehältern zahlreiche Kräfte aus der NBA angeworben, wie zuletzt bei Panathinaikos Athen oder Olympiakos Piräus. Auch Madrid, Barcelona oder die Istanbuler Klubs Efes sowie Fenerbahce zählen in der europäischen Königsklasse zu den Favoriten. Der 15. Platz der vergangenen Saison soll dennoch eine unschöne Momentaufnahme bleiben, „das war enttäuschend“, wie Hainer festhielt.

Der neue SAP Garden, der 11 500 Zuschauern Platz bietet und die Heimstatt der Münchner in der Euroleague ist, soll ein Meilenstein auf dem Weg an die europäische Spitze werden. „Wir haben viel in die Infrastruktur investiert“, erklärte Hainer. Man habe so deutlich bessere Möglichkeiten, um größere finanzielle Mittel zu generieren, auch mit neuen Sponsoren: „Unsere Voraussetzungen waren noch nie so gut wie in dieser Saison.“

Dem pflichtete der Geschäftsführer bei – Pesic hat das Gefühl, „dass diese Mannschaft Großes leisten“ kann. Trainer Herbert spielt dabei eine tragende Rolle, schließlich habe er mit der Nationalmannschaft gezeigt, wie ein funktionierendes Kollektiv auch klar besser besetzte Gegner in Schach halten kann – wie beim WM-Sieg gegen die USA. Der Kanadier ist studierter Sportpsychologe und gilt als außerordentlich begabter Teambuilder, unter diesem Gesichtspunkt wurde auch der Kader verstärkt. Schon beim Testturnier im slowenischen Ljubljana habe sich gezeigt, welch wichtige Rolle die Teamchemie spielen kann.

Die Fußballer hätten gezeigt, wie man trotz begrenzter Mittel „in Europa ganz nach oben kommen kann“, sagt Hainer

Andreas Obst kennt diese Fähigkeit des 65-Jährigen aus den vergangenen drei Jahren im Nationalteam: „Seine große Qualität ist die Kommunikation, er akzeptiert die Meinung der Spieler und legt großen Wert auf einen Austausch im Team.“ Pesic, als Aktiver selbst Nationalspieler und deutscher Meister, habe in der Vorbereitung diesbezüglich viel Neues gesehen, „das ich so vorher nicht kannte“. Unter anderem eine abendliche Weinprobe mit der gesamten Mannschaft.

Und nicht zuletzt die Fußballer hätten gezeigt, ergänzte Präsident Hainer, wie man trotz begrenzter Mittel und stärker besetzter Konkurrenten „in Europa ganz nach oben kommen kann“. Und wer weiß, vielleicht wird ein Spieler wie Ivan Kharchenkov, der als eines der größten deutschen Talente gilt und in München langfristig unter Vertrag steht, der Jamal Musiala der Münchner Basketballer.

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