Thomas Müller:Kernspieler des neuen Bayern-Chefs

19.01.2020, xtgx, Fussball 1.Bundesliga, Hertha BSC Berlin - FC Bayern Muenchen emspor, v.l. Thomas Mueller (Bayern Mue; Hansi Flick Thomas Müller

Wichtig füreinander: Stürmer Thomas Müller (l.) und Trainer Hansi Flick.

(Foto: imago images/Jan Huebner)
  • Erst Trainer Hansi Flick, nun Thomas Müller: Der FC Bayern bastelt am Kader der Zukunft.
  • In Corona-Zeiten versucht er zunächst, das vorhandene Personal langfristig an sich zu binden.
  • Eine wichtige Rolle spielt dabei Flick, der ein paar Signale an die Spieler sendet, die vor Vertragsgesprächen stehen.

Von Benedikt Warmbrunn

Autorität zeigt sich manchmal auch in den kleinen Dingen. Das gilt auch und vielleicht sogar ganz besonders bei Hansi Flick, 55, den in seinen ersten Monaten als Cheftrainer des FC Bayern München auch immer dieser leise Zweifel begleitet hatte: Kann jemand, der so wahnsinnig nett ist, sich auch in den schwierigen Phasen durchsetzen?

Flick hat diesen leisen Zweifel nie beseitigen können, was vor allem daran lag, dass er schwierige sportlichen Phasen in München noch gar nicht erlebt hat. Am Dienstagmittag, bei einer Videopressekonferenz, spricht er irgendwann auch über Manuel Neuer, den Torwart, der mit dem Verein gerade in komplizierteren Vertragsverhandlungen steckt. Und dann sagt Hansi Flick mit einer ganz natürlichen Autorität: "Nicht nur ich, wir alle würden uns freuen, wenn Manu bleibt."

Dieses Wir, auf das sie beim FC Bayern immer so stolz gewesen sind, das sie sich in seiner bayerischen Übersetzung ins Trikot haben stechen lassen ("mia san mia"), dieses Wir ist jetzt also auch: Hansi Flick.

Beim FC Bayern geht es um das große Ganze

Am Dienstag spricht der Trainer erstmals öffentlich als Langzeittrainer, nach seiner Vertragsverlängerung vom vergangenen Freitag. Flick, der erst ein Zwei-Spiele-, dann ein Wenige-Wochen, dann ein Bis-Weihnachten-, dann ein Bis-Sommer-Trainer war, besitzt jetzt einen Vertrag bis 2023, er ist dadurch ein Mann geworden, dessen Wort im Verein mehr Gewicht bekommen hat. Und so geht es am Dienstag auch kaum mehr um Flicks Verlängerung selbst, es geht eher um das große Ganze. Vor allem geht es darum, wie der Kader in der nächsten Saison aussehen wird. Und darüber spricht Flick. Und sonst niemand. Nicht Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef. Nicht Oliver Kahn, der zukünftige Vorstandschef, der immer mächtiger wird. Nicht Hasan Salihamidzic, der im Sommer vom Sportdirektor zum Sportvorstand befördert werden wird.

Die Autorität von Flick zeigt sich nicht nur daran, dass er da alleine sitzt, dass er keine Scheu vor einem "Wir" hat, sie zeigt sich auch in dem, was im Klub passiert. Am Vormittag hatte der Verein mitgeteilt, dass Thomas Müller bis 2023 verlängert hat, so lange wie Flick also, und wer das für einen Zufall hält, der unterschätzt, wie wichtig in den vergangenen Monaten Müller für Flick war, aber auch Flick für Müller.

Müller ist für Flick in der Kabine und auf dem Platz wichtig

"Gut zwei Drittel meines Lebens bin ich jetzt schon beim FC Bayern, da kann man nicht sagen, dass ich den Verein begleite oder er mich - sondern wir kämpfen füreinander", lässt sich Müller in der offiziellen Mitteilung zitieren. Der 30-Jährige kam als Zehnjähriger von seinem Heimatverein in Pähl zum FC Bayern, seit 2009 gehört er zum Profikader, wie kein anderer Spieler im Kader steht er für das, was der Verein sein möchte: weltgewandt und doch heimatverbunden, erfolgsbesessen, auch ein bisschen eigenwillig. Der launige Müller hat in guten und auch in schlechten Zeiten stets das passende Wort gefunden, er ist ein Repräsentant, wie ihn sich der Klub besser nicht hätte formen können. Ein heimatverbundener Mensch wie Müller, der mit seiner Frau ein Gestüt betreibt, ist nur schwer vorstellbar in, zum Beispiel, Manchester, auch wenn es an Angeboten nie gemangelt hatte.

Unter Flicks Vorgänger Niko Kovac hatte er dennoch so offen über einen Abschied gesprochen wie nie zuvor, ihm fehlte die Wertschätzung, wochenlang stand er nicht in der Startelf. Das ist erst wenige Monate her. Der Trainer Flick dagegen kämpft so für Müller, wie der es sich wünscht: Unter Flick ist Müller gesetzt, meist sogar auf der Position hinter der Spitze, dort, wo er sich am wohlsten fühlt.

Müller wiederum ist ein Kernspieler für Flick geworden: Kaum einer hat so viel Einfluss auf das Kabinenklima, das ist das eine. Für den Fußballlehrer Flick aber ist auch entscheidend, dass er mehrere Spieler auf dem Platz hat, bei denen er seine Ideen gut aufgehoben weiß. Neuer gehört dazu, der von Flick dauerhaft ins Mittelfeld beförderte Joshua Kimmich - und eben Müller, der auf dem Platz oft die Ansagen macht, der dadurch die von Flick eingeführte Vorwärtsverteidigung dirigiert.

Flick sendet ein paar Signale an die Spieler, bei denen Vertragsgespräche anstehen

Der Verdacht also liegt nahe, dass Müller auf die Verlängerung von Flick gewartet hatte, und dass für den Trainer wichtig war, dass nach ihm auch Müller unterschreiben wird. "Jeder macht das für sich selbst", sagt Flick. Aber natürlich, die beiden hätten sich unterhalten, "ganz normal" sei das. Flick sagt: "Ich hoffe, dass der eine oder andere noch verlängern wird."

Flick nutzt seinen Auftritt daher auch, um ein paar Signale an die Spieler zu senden, bei denen Vertragsgespräche anstehen, allen voran an Neuer. Über diesen habe er ja in den vergangenen Wochen schon "ganz deutlich gesagt", was er von ihm halte, er sagt das am Dienstag daher nicht noch einmal; weiß doch jeder, dass er verdammt viel von seinem Torwart hält. Auch David Alaba, den Flick in die Innenverteidigung verschoben hat, lobt er ("herausragender Spieler"), dazu den Spanier Thiago ("besonderes, sehr, sehr hohes Niveau"). Flick weiß, dass die Kaderplanung beim FC Bayern in Zeiten der Corona-Krise erst einmal darauf abzielt, das bereits vorhandene Personal langfristig zu binden - die Suche nach Zugängen, sagte Rummenigge kürzlich, sei zunächst "on hold". Flick beschwert sich darüber nicht, er braucht für seine Arbeit Vertraute wie Müller.

Der Trainer neigt nicht dazu, sich selbst zu überschätzen, aber dass seine Autorität gewachsen ist, zeigt sich auch daran, dass er auf falsche Bescheidenheiten verzichtet. Die genannten Spieler hätten "eine enorme Entwicklung" genommen im "letzten halben Jahr", nicht ganz zufällig also genau in der Zeit, in der Flick die Mannschaft betreut. "Letztendlich weiß das der Verein auch", sagt Flick, und auch in diesem Fall ist es ihm nicht schwer gefallen, für alle zu sprechen.

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