FC Bayern: Mario Gomez:Das Sorgenkind

Der einst teure Mario Gomez überdenkt seine Zukunft beim FC Bayern. Er würde gerne bleiben, doch es halten sich Gerüchte um eine Verpflichtung von Edin Dzeko.

Christof Kneer / Michael Neudecker

Die kleine Meldung, die um 13.31 Uhr über die Nachrichtenticker lief, hatte einen gewissen Charme. Sie schaffte es, dem alljährlich aufs Neue wuchernden Transferspekulationsgeschäft eine völlig neue Seite abzugewinnen. "Dzeko-Transferverbot gilt auch für FC Bayern", lautete die Überschrift der Meldung. Ein "Transferverbot" wäre in der Tat eine innovative Variante, wobei die Meldung dieses Verbot dankenswerterweise noch näher definierte.

DFB-Pokal - Bayern München - Rot-Weiß Oberhausen

Wo liegt seine Zukunft? Mario Gomez, derzeit Stürmer beim FC Bayern München.

(Foto: dpa)

In der Meldung sagt ein Sprecher des VfL Wolfsburg, das Machtwort des Klubmanagers Dieter Hoeneß enthalte "keine räumliche oder zeitliche Einschränkung". Übersetzt sollte das wohl heißen, dass Dzeko erstens niemals und zweitens nirgendwohin wechselt - also auch nicht in den Raum Bayern, obwohl der Kicker am Donnerstag die alte Idee eines Stürmertausches (Dzeko nach München, Gomez nach Wolfsburg) neu aufleben ließ.

Die Erfahrung in diesem alljährlich aufs Neue wuchernden Transferspekulationsgeschäft lehrt, dass es immer dann gefährlich wird, wenn amtliche Kommuniqués verschickt werden. Dann haben Personalien in der Regel eine Dimension erreicht, über die man nicht mehr offen reden kann. Beim FC Bayern ließen sich Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Christian Nerlinger am Donnerstag auf Anfrage entschuldigen, man wolle nicht ständig jede neue Transferspekulation kommentieren, hieß es aus der Pressestelle, Herr Rummenigge sei deshalb nicht bereit, sich zum Thema Dzeko zu äußern.

Man kann das schon verstehen, denn natürlich können die Münchner nicht öffentlich ihr Kaufinteresse bestätigen. Vor etwas über einem Jahr haben die Bayern im Übrigen wissen lassen, es sei reine Spekulation, dass sie diesen Gomez aus Stuttgart verpflichten wollten. Ein paar Wochen später stand dieser Gomez dann auf dem Hof.

"Wolfsburg nicht vorstellbar"

Ausgeschlossen ist es nicht, dass sich die Geschichte jetzt wiederholt. Vor einem Jahr wurde ein Gomez-Transfer auch unter Verweis auf die hohe bayerische Sturmdichte (Toni/Klose/Olic) ausgeschlossen, so wie ein Dzeko-Transfer nun wegen der hohen bayerischen Sturmdichte (Olic/Gomez/Klose/Müller) als - offiziell - unwahrscheinlich gilt. Bekannt ist zudem die altehrwürdige Münchner Hausregel, wonach die Bayern keinen Profi, der noch im Besitz eines gültigen Vertrages ist, vom Hof jagen.

Überangebot im Sturm

Diese Regel gilt immer noch, allerdings haben es die Bayern in der Kunst der Andeutung zu einiger Meisterschaft gebracht. Luca Toni hat schnell kapiert, dass er keine Chance mehr hat, er ist von selbst geflüchtet. Auch Mario Gomez hat nun den neuen Zungenschlag registriert, mit dem seine Vorgesetzten über ihn sprechen. Natürlich sei "Mario unser Sorgenkind", sagte Präsident Uli Hoeneß kürzlich, er dürfe sich "nicht in Selbstmitleid zerfleischen".

Gomez stehe "das erste Mal mit dem Rücken zur Wand, und in der Situation muss er die Eiger-Nordwand besteigen", meinte Hoeneß und endete ergebnisoffen: "Wir werden sehen, ob er damit zurechtkommt." Am Mittwoch folgte nun Nerlinger, der in einem Interview die Formulierung "letzte Chance" als "zu dramatisch" zurückwies, aber deutlich machte, "dass Mario einen Neuanfang machen muss". Bei Bayern, das war damit - offiziell - gemeint; dennoch darf man davon ausgehen, dass der veränderte Tonfall bei der Gomez-Partei angekommen ist.

Noch während der WM hatten Gomez' Vertraute einen Transfer - wohin auch immer - komplett ausgeschlossen, inzwischen haben sie diese Sprachregelung etwas aufgeweicht. "Für uns ist es nicht vorstellbar, dass Mario in Wolfsburg spielt, und auch einen Wechsel innerhalb der Bundesliga schließen wir aus", sagte Oliver Mintzlaff, Geschäftsführer in Gomez' Berateragentur fair-sport, am Donnerstag der SZ.

Noch immer gilt, dass Gomez am liebsten den FC Bayern und Trainer Louis van Gaal von seinen unverändert hohen Fähigkeiten überzeugen würde, aber ein Wechsel ins Ausland fällt offenbar nicht mehr unter die Ausschluss-Klausel. Natürlich hat Gomez mit einigem Wohlwollen das Zitat des Real-Trainers José Mourinho registriert, der laut über Gomez als Raul-Nachfolger nachdenkt. Sollte Real Madrids latentes Interesse am spanischstämmigen Bayern-Angreifer in den nächsten Tagen konkreter werden, könnte es durchaus so kommen, dass im bayerischen "Überangebot im Sturm" (Nerlinger) noch eine Planstelle abgebaut wird. Den frei gewordenen Platz könnte dann - inoffiziell - Edin Dzeko einnehmen.

Der 24-Jährige würde gut in van Gaals Idee von Fußball passen, der Trainer machte daraus zuletzt kein Geheimnis: Er interessiere sich für Dzeko, hatte van Gaal im Trainingslager am Gardasee gesagt. Dzeko ist dynamisch, laufbereit und technisch feiner als Gomez. Besonders letztgenannte Eigenschaft braucht der Stoßstürmer im van-Gaal-System, in dem jeder Spieler jederzeit bereit sein muss, Pässe ohne Verzögerung zu verarbeiten. Gomez gelang es bislang offenbar nicht, van Gaal davon zu überzeugen. Ob sich das noch ändern kann? Van Gaal ändert seine Meinung selten. "Ich kenne nun die Spieler", betonte er erst neulich, "ich weiß, wie sie drauf sind."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: