FC Bayern:Lewandowski fällt in alte Zeiten zurück

FC Bayern: Robert Lewandowski taucht vor Liverpools Torwart Alisson Becker auf.

Robert Lewandowski taucht vor Liverpools Torwart Alisson Becker auf.

(Foto: AP)
  • Robert Lewandowski kritisiert nach dem 1:3 des FC Bayern gegen Liverpool die Taktik von Niko Kovac. Sich selbst lässt er in der Kritik außen vor.
  • Doch auch bei dem Angreifer passten Anspruch und Wirklichkeit erneut nicht zusammen.
  • Wieder zeigte sich, dass Lewandowski ein hochtalentierter Vollender ist, einer der das funktionierende Spiel einer Mannschaft mit Toren abrunden kann. Funktioniert das Spiel aber nicht, dann taucht er unter.

Von Benedikt Warmbrunn

Jan Aage Fjörtoft war selber einmal Fußballstürmer, einer sogar, den die Zuschauer nie vergessen werden. In Frankfurt erinnern sie sich noch gerne an ihn, wegen seiner lustigen Sprüche ("Jörg Berger ist so ein guter Trainer, der hätte auch die Titanic gerettet"), aber auch weil er das gemacht hat, was Stürmer auszeichnet: Er hat wichtige Tore erzielt. Das wichtigste war das zum 5:1 gegen Kaiserslautern, in letzter Minute, nach einem Übersteiger, das der Eintracht 1999 den Klassenerhalt sicherte. Mittlerweile arbeitet Fjörtoft für das norwegische Fernsehen, und die Spieler lassen sich gerne von ihm befragen, wegen seiner nach wie vor lustigen Sprüche, aber auch, weil sie wissen, dass sie mit einem sprechen, der Ahnung hat. Am Mittwoch sprach Fjörtoft mit Robert Lewandowski.

Der Angreifer des FC Bayern sollte seine Sicht auf das 1:3 gegen Liverpool und das damit verbundene Aus im Achtelfinale erklären, es wurde ein kritisches Gespräch, doch wie so oft, wenn Lewandowski kritisiert, war danach nicht klar, ob er sich selbst einen Gefallen getan hatte.

Lewandowski stand vor Fjörtofts Mikrofon als der beste Torschütze der Champions-League-Saison (acht Treffer, genauso viele wie Barcelonas Lionel Messi), als der beste Torschütze der Bundesliga-Saison (17). Er stand vor ihm allerdings auch als der Angreifer, der in der K.o.-Runde der Champions League zuletzt im Februar 2018 getroffen hatte und der, wie so oft als Bayern-Stürmer, in den ganz wichtigen Spielen kein Tor erzielt hatte. Lewandowski stand vor Fjörtoft allerdings nicht als ein selbstkritischer Angreifer.

"Wir haben in beiden Spielen zu defensiv gespielt", sagte er. "Wir haben keinen Druck nach vorne gemacht, keine Chancen rausgespielt. Wir haben wenig riskiert zu Hause." Später, vor den deutschen Reportern, ergänzte Lewandowski, dass ein Team in der Champions League "auch mal ins Risiko gehen muss". Es war eine unüberhörbare Kritik an der Taktik von Trainer Niko Kovac - und der Versuch, sich selbst von jeglicher Schuld freizusprechen.

Die Liste von Lewandowskis Schuldzuweisungen ist lang. Mal ging es um seine Mitspieler beim FC Bayern, die ihn zu wenig unterstützen im Kampf um die Torjägerkanone (2017). Mal ging es um die Vereinsbosse, die ihn zu wenig schützen, weswegen er unbedingt den Verein verlassen wolle (2018). Mal ging es darum, dass der polnischen Nationalmannschaft das Niveau fehle (WM 2018), einer Mannschaft übrigens, die er als Kapitän repräsentiert.

Lewandowski war wieder der Spieler, den er eigentlich hinter sich gelassen hatte

Beim FC Bayern haben sie lange geschimpft über diese verbalen Sololäufe. Als aber jüngst der TV-Experte Dietmar Hamann ihn kritisierte ("Lewandowski wird zum Problem für den FC Bayern"), stellte sich der Verein kollektiv hinter seinen ersten Angreifer. Sie haben zurecht darauf hingewiesen, dass sich seine Körpersprache verbessert habe, dass sein Sozialverhalten auf und neben dem Platz besser geworden sei, seit er erkannt hat, dass sich kein anderer großer Verein für ihn interessiert - und erst recht, seit Kovac ihn im Winter zum dritten Kapitän ernannt hat. Der Mittwoch war jedoch ein Rückfall in alte Zeiten.

Lewandowski war nicht der Hauptschuldige an diesem Ausscheiden, er war bemüht, das schon, aber er war auch wieder der Spieler, den er eigentlich hinter sich gelassen hatte. Seine Körpersprache wirkte häufig negativ, wenn er wieder genervt abdrehte, weil etwas nicht so geklappt hatte, wie er das gerne gehabt hätte. Vor allem aber passten bei ihm Anspruch und Wirklichkeit erneut nicht zusammen.

Lewandowski war als Angreifer ziemlich auf sich alleine gestellt, auch durch die sehr defensive Ausrichtung. Trotz dieser wenig mutigen Taktik hatte der Stürmer aber seine Szenen im Strafraum, allen voran jene in der 61. Minute, als er um wenige Zentimeter an einer Flanke von Serge Gnabry vorbei rutschte. Und so zeigte sich am Mittwoch wieder, dass Lewandowski ein talentierter Vollender ist, einer, der das funktionierende Spiel einer Mannschaft mit Toren abrundet. Funktioniert das Spiel aber nicht, dann taucht er unter. Die Zentimeter, die er am Ball vorbeirutschte, stehen daher auch für die entscheidenden Kleinigkeiten, die ihn unterscheiden von Angreifern wie Cristiano Ronaldo, von Angreifern also, die auch nur an die eigene Unvergesslichkeit denken. Die diese aber erzwingen, durch Aktionen, die die eigene Mannschaft aufrütteln, die den Gegner einschüchtern, die am Ende zu einem Tor in Eigenkreation führen.

Lewandowski dagegen hat bisher für den FC Bayern kein Tor in einem wichtigen Spiel erzielt, an das sich die Zuschauer noch in Jahrzehnten erinnern werden.

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