Manuel Neuer:Enttäuschte Grüße nach Barcelona

RB Leipzig - FC Bayern München

Ganz stark in Leipzig: Münchens Torwart Manuel Neuer.

(Foto: dpa)
  • Manuel Neuer stellt beim 1:1 des FC Bayern bei RB Leipzig seine hervorragende Form unter Beweis.
  • Anschließend äußert er sich zur Kritik von Nationalmannschaftskonkurrent Marc-André ter Stegen, der unzufrieden über seine Rolle im DFB-Team ist.
  • "Alle Verantwortlichen, egal in welcher Mannschaft ich jetzt spiele, sind zufrieden mit meiner Leistung. Mehr kann ich auch nicht tun", sagt Neuer.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Es sind nicht immer nur die prächtigen Paraden, die einem Torhüter Respekt verschaffen. Manuel Neuer stand am Samstagabend zwar im Leipziger Stadion, unternahm dann aber eine Zeitreise ins Berlin von 2006 und erinnerte an einen großen Moment deutscher Torhüter-Duelle: WM-Viertelfinale, der damals auf die Bank verfrachtete Oliver Kahn beugt sich vor dem Elfmeterschießen zu seinem Dauerkonkurrenten Jens Lehmann und wünscht ihm viel Glück. "Da haben wir alle damals drüber geredet", sagte Neuer nun, "wie stolz man auf Oliver Kahn gewesen ist." Es war Neuers Art, zu sagen: Man kann auch als Nummer zwei im deutschen Tor Größe beweisen.

Normalerweise wäre das gar kein Thema in Leipzig gewesen: Das DFB-Trikot hatte Neuer schließlich schon am Montagabend in Belfast abgestreift und war nun wieder im Auftrag des FC Bayern gegen RB Leipzig unterwegs, hielt beim 1:1 (1:1) mit starken Reflexen seine Mannschaft im Spiel. Aber aus Spanien war zuletzt neue Unzufriedenheit von Marc-André ter Stegen herübergeschwappt und so befand man sich mitten in einer Debatte wieder, die die Monate bis zur EM im kommenden Jahr prägen könnte.

"Diese Reise mit der Nationalmannschaft war ein harter Schlag für mich", hatte ter Stegen am Donnerstag spanischen Journalisten in die Mikrofone diktiert, "es ist nicht einfach, eine Erklärung für das zu finden, was ich erlebe". Der 27-Jährige vom FC Barcelona wurde von der Fifa gerade erst zum Welttorhüter des Jahres vorgeschlagen, seit 2016 ist er Stammkeeper beim aktuellen spanischen Meister. Doch in der Nationalelf hat er eben diesen Manuel Neuer vor sich. Größe hat ter Stegen in dieser Debatte durchaus auch schon bewiesen, seit ein paar Jahren den Mund gehalten über die Nichtbeachtung, auch als Neuer Fehler unterliefen.

Neuer zeigt Verständnis: "Jeder, der nicht spielt, ist unzufrieden"

Die späte Gefühlsäußerung ter Stegens ließ Neuer nun in Leipzig nicht gänzlich kalt. "Ich weiß nicht, ob das immer förderlich ist", sagte er, "jeder, der nicht spielt, ist unzufrieden. Da habe ich auch super Verständnis. Aber ich denke, das Wichtigste ist immer der Erfolg und das Wohl der Mannschaft." Und dazu tragen öffentliche Unmutsäußerungen nicht unbedingt bei.

Das Verhältnis zu ter Stegen hatte Neuer Ende 2018 in einem SZ-Interview als "normal gut" beschrieben, wie die beiden zueinander stehen, war ja spätestens seit der WM in Russland ein Thema. Neuer war damals nach einem acht Monate währenden Ausfall gerade so fit geworden fürs Turnier, der bei Barcelona erstarkte ter Stegen fand trotz Fitnessvorsprungs kaum Beachtung bei Löw.

Er habe vor der WM mit ter Stegen geredet, erinnerte Neuer nun an den vergangenen Sommer, er habe seinem jungen Konkurrenten gesagt, "dass ich keine Garantie habe und aus einer Verletzung komme und weiß, dass er gute Leistungen gezeigt hat". Er habe sich "nach dem Turnier bei ihm für die Fairness bedankt. Von daher war für mich auch alles gesagt." Und man konnte dabei schon heraushören, dass Neuer die Art der aktuellen Wortmeldungen nicht gerade in die Kategorie "völlig legitim" packte.

Wann ruft Löw den offenen Konkurrenzkampf aus?

Zumal es - anders als im vergangenen Jahr - sportlich gerade keine Gründe gibt, über eine Ablöse von Neuer nachzudenken. 2018 war für ihn "viel Negatives" dabei, nach dem frühen WM-Aus bekam sein Status als Torhüter-Denkmal Kratzer durch den ein oder anderen Fehler im Bayern-Trikot. Er habe "mental unter Stress gestanden", verriet sein Berater Thomas Kroth später, "vieles wurde irgendwie zusammengerechnet und gegen ihn gedeutet". Wer seine alte Unbezwingbarkeit vermisste, musste sich nun am Samstagabend nur mal die Parade gegen Marcel Sabitzer nach 60 Minuten anschauen.

Mit seinem flatternden Distanzschuss der Marke "Kracher" hätte der Leipziger fast jeden Torhüter der Welt düpiert - Neuer bekam den linken Arm noch nach oben, obwohl sich der Rest seines Körpers schon in die andere Ecke bewegte. "Der Ball ist zweimal in eine andere Richtung gegangen", sagte Neuer und wurde wenig später auch genereller: "Ich denke, dass ich sehr gute Leistungen zeige und total zufrieden bin mit meinem Spiel. Alle Verantwortlichen, egal in welcher Mannschaft ich jetzt spiele, sind zufrieden mit meiner Leistung. Mehr kann ich auch nicht tun."

Mehr muss er in der Nationalmannschaft derzeit auch nicht tun: Gegen Nordirland und die Niederlande hatte Neuer ja ebenso überzeugt, war in Belfast am Montag sogar der beste Mann auf dem Platz. "Marc haben wir zugesagt, dass er auch seine Spiele kriegt. Das wird auch so sein", hatte Joachim Löw im Anschluss gesagt. Dass er gegen Nordirland keinen Wechsel im Tor vorgenommen hatte, begründete der Bundestrainer mit den Ausfällen von İlkay Gündoğan und Nico Schulz, "bei einer jungen Mannschaft ist es nicht so ein Vorteil, wenn man viel wechseln muss".

Und dann ist die Situation wohl einfach so, wie sie Neuer zusammenfasste: "Auf der Torwartposition gibt es bei uns ja ganz viele gute Torhüter", er erinnerte auch an Bernd Leno und Kevin Trapp. Am Ende muss sich Joachim Löw entscheiden, ob er den Konkurrenzkampf offen ausrufen will. Und dann redet man vielleicht wieder öfter über die Zeiten von Kahn und Lehmann.

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