FC Bayern:Lebenslänglich für ein Transparent

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Zu kritisch? FC-Bayern-Fans protestieren regelmäßig gegen die Geschäftsbeziehungen ihres Klubs mit Katar. (Foto: Ulmer/imago)

Das Amtsgericht München weist die Klage eines Bayern-Fans gegen sein Hausverbot zurück. Der Mann ist ein Kritiker der Geschäftsbeziehungen mit Katar - und hatte dem Klub Willkür vorgeworfen.

Von Sebastian Fischer

Wenn es nach dem Amtsgericht München geht, dann kann ein kritischer Anhänger des FC Bayern seinen Rechten als Vereinsmitglied in Zukunft weiterhin nachkommen, obwohl er bei seinem Lieblingsklub Hausverbot hat. Unterstützer zu finden, das sei zwar einfacher auf dem Vereinsgelände, aber das gehe auch "über soziale Medien oder Fernkommunikationsmittel". So steht es in der Urteilsbegründung zu einem Fall, der den deutschen Rekordmeister nun schon mehr als ein Jahr lang beschäftigt hat. Er handelt, je nach Sichtweise, von Verstößen gegen die Brandschutzverordnung - oder vom Mitspracherecht von Fans im Fußball. Für den Anhänger endet er nun vorerst mit einer Niederlage.

Das Amtsgericht München wies die Klage des Mannes zurück, der vom FC Bayern ein umfängliches, unbefristetes Hausverbot erhalten hatte, nicht nur für die Allianz Arena und das Grünwalder Stadion, sondern auch für die Trainingsplätze an der Säbener Straße und den Nachwuchs-Campus. Und das obwohl er "sein Leben vorrangig an der Unterstützung des FC Bayern ausgerichtet" hat, wie es heißt. Das Gericht sei überzeugt davon, dass der Fan im September 2019 versucht habe, ein nicht genehmigtes Banner zu einem Spiel der zweiten Mannschaft ins Grünwalder Stadion zu schmuggeln. Außerdem sei er im Februar 2020 an der Anbringung eines nicht genehmigten Transparentes beteiligt gewesen. Damit liege "ein sachlicher Grund für das ausgesprochene Hausverbot vor".

Was dem Streit zwischen dem Fan und seinem Lieblingsverein die Relevanz verlieh, das war allerdings weniger das recht harmlos anmutende Vergehen (auf dem Transparent stand: "Bayern-Amateure gegen Montagsspiele"), sondern die Verhältnismäßigkeit der Bestrafung - und ein Vorwurf, vorgetragen vom Fan-Anwalt Andreas Hüttl: Rund 100 Banner seien im vorangegangen Kalenderjahr von Anhängern beim FC Bayern gezeigt worden, niemand wurde dafür bestraft, nun aber sein Mandant. Der ist ein so vehementer wie nachhaltiger Kritiker der Geschäftsbeziehungen des Klubs mit Katar.

Dazu, das Hausverbot zu befristen, sei der Klub nicht verpflichtet, meint das Gericht

Unter anderem war er im Januar 2020 an einer Podiumsdiskussion über die von Menschenrechtlern angeprangerten Arbeitsbedingungen im Land des WM-Ausrichters 2022 beteiligt. Auf der Mitgliederversammlung 2019 brachte er einen Antrag auf eine Erweiterung der Satzung ein, wonach sich der FC Bayern zur Einhaltung der Menschenrechte gemäß den Leitprinzipien der Vereinten Nationen verpflichten und sich für die Menschenrechte einsetzen sollte. Der FC Bayern lehnte den Antrag ab. Und eine Mitarbeit des Fans an einer Kommission zur entsprechenden Satzungsänderung scheiterte, wofür sich die Parteien jeweils gegenseitig vorwerfen, verantwortlich zu sein.

Es ging laut Fan-Anwalt Hüttl in der Sache also nicht um Brandschutz, sondern um den Versuch des wichtigsten deutschen Fußballvereins, die Meinungsfreiheit im Stadion mit "Willkür" zu beschränken. Der Antrag, den damaligen Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge und seinen Stellvertreter Jan-Christian Dreesen vor Gericht einzuvernehmen, um diesem Vorwurf nachzugehen, sei allerdings zu spät gekommen, heißt es im Urteil, nämlich erst in der jüngsten Verhandlung im Juli. Ansonsten werden die meisten Einwände recht eindeutig zurückgewiesen.

Dass es, zum Beispiel, eine Rüge der Branddirektion nicht gab, anders als ursprünglich vom FC Bayern behauptet? Das sei nicht maßgeblich - der FC Bayern hatte das vor Gericht nicht bestritten, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Dazu, das Hausverbot zu befristen, sei der Klub nicht verpflichtet. Es bestehe die Gefahr, dass der Fan wieder Banner ins Stadion schmuggle. Außerdem habe er keinerlei Einsicht gezeigt. Und auch falls 100 Banner vorher nicht bestraft worden seien, "können sich Besucher des Stadions bei objektiver Beurteilung nicht darauf einrichten, dass die Beklagte auf die Einhaltung der von ihr getroffenen Regelungen zur Einhaltung der in der Versammlungsstättenverordnung enthaltenen Bestimmungen verzichtet".

Es findet sich aber auch ein Zugeständnis im Urteil: Der Fan, heißt es, hätte "vor dem Erlass des Hausverbotes grundsätzlich angehört werden müssen". Das war vor der Gerichtsverhandlung nicht geschehen. Aber vielleicht geht der Streit ohnehin noch weiter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Und Fan-Anwalt Hüttl sagte am Mittwoch, er gehe von einer Berufung aus.

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