FC Bayern:Länger als Pep

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Anfang November noch ein Trainer "bis auf Weiteres": Hansi Flick und FCB-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge nach dem 4:0-Sieg gegen Borussia Dortmund, das erste Spiel von Flick als Chef-Trainer. (Foto: Christopher Neundorf/imago)

Die Münchner verlängern den Vertrag mit Trainer Hansi Flick bis 2023. In den Verhandlungen ging auch darum, wie viel Mitspracherecht Flick in Zukunft bei Transfers bekommt - er dürfte nicht schlecht verhandelt haben.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Warum sie beim FC Bayern München Hansi Flick so schätzen, nicht nur als Trainer, sondern auch als Menschen, das war zu beobachten an dem Abend, an dem der Trainer geahnt haben dürfte, dass er langfristig mit der Mannschaft arbeiten darf. Ende Februar, beim Bankett nach dem 3:0 im Achtelfinale der Champions League beim FC Chelsea, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge Flick zum 55. Geburtstag einen Kugelschreiber geschenkt ("mit Stiften unterschreibt man beim FC Bayern manchmal auch Papiere") - seitdem war klar, dass der Klub mit Flick verlängern will. Und Flick? Der war zu vorgerückter Stunde dabei zu beobachten, wie er seinen Tisch mit Getränken versorgte. Er bleib einfach er selbst, ein fürsorglicher Kümmerer.

Knapp fünfeinhalb Wochen später hat Flick nun seinen neuen Vertrag unterschrieben, möglicherweise sogar mit dem geschenkten Kugelschreiber. "In guten und vertrauensvollen Gesprächen", wie es in der Mitteilung vom späten Freitagnachmittag hieß, habe der Klub die Zusammenarbeit mit dem Trainer bis zum Sommer 2023 verlängert. "Der FC Bayern ist mit der Arbeit von Hansi Flick sehr zufrieden", wird Rummenigge zitiert, "die Mannschaft hat unter ihm eine sehr gute Entwicklung genommen, spielt attraktiven Fußball, der sich auch in den Ergebnissen widerspiegelt." Die Bayern sind Tabellenführer, sie stehen im DFB-Pokal-Halbfinale, und durch das 3:0 beim FC Chelsea hatten sie vor der durch die Corona-Krise verursachten Pause auch beste Chancen, das Viertelfinale der Champions League zu erreichen. Flick sagte: "Wir haben zusammen die Ausrichtung für die kommenden Jahre festgelegt. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam viel erreichen können."

Dass der Verein gerne mit Flick verlängern würde, war schon vor dem geschenkten Kugelschreiber kein Geheimnis. Zuletzt soll es in den Verhandlungen auch darum gegangen sein, wie viel Mitspracherecht Flick in Transferfragen erhält. Dazu hat der Klub in seiner Mitteilung selbstverständlich geschwiegen, aber zwei Dinge deuten darauf hin, dass der Trainer nicht schlecht verhandelt haben dürfte. Zum einen der Satz über die "Ausrichtung" - aber auch die fast schon überraschend lange Vertragsdauer von drei weiteren Jahren. Sollte Flick solange in München Trainer bleiben, hätte er es länger in diesem Job ausgehalten als Pep Guardiola. Mit dem Katalanen hätte Rummenigge 2016 zwar auch gerne verlängert - und doch ist es eine erstaunliche Entwicklung für einen Mann, der im Sommer als Assistent gekommen war, ohne Erfahrung als Chefcoach einer Bundesliga-Mannschaft.

Flick, der als Assistent von Bundestrainer Joachim Löw 2014 Weltmeister geworden ist, sollte den damaligen Bayern-Coach Niko Kovac unterstützen, vor allem mit seiner Expertise in taktischen Fragen. Kovac hatte damals schon einen schweren Stand, er hatte viele Kritiker in der Mannschaft - nach dessen Beurlaubung übernahm im Herbst Flick. Für zwei Spiele, hieß es zunächst, dann für ein paar Wochen, dann bis Weihnachten, und Ende Dezember dann: bis zum Sommer. An diese Absprachen habe sich Flick "loyal und diszipliniert gehalten, das ist eine Qualität", wird Hasan Salihamidzic in der Mitteilung zitiert. Der Sportdirektor, der im Sommer zum Sportvorstand befördert wird, ergänzte: "Hansi und ich wissen, in welche Richtung wir die Mannschaft entwickeln wollen." Und Oliver Kahn, der neue Vorstand im Klub, sagte: "Hansi war Spieler beim FC Bayern, er war Co-Trainer. Jetzt wird er dauerhaft Cheftrainer. Das ist ein guter Weg."

Gerade im Verhältnis zu Salihamidzic hatte sich gezeigt, wie schnell Flick als Bayern-Trainer an Statur gewonnen hat. Er ist zwar weiterhin fürsorglich, einer, der die Spieler nicht nur mit präzisen taktischen Ansagen versorgt, sondern auch mit menschlicher Wärme. Er ist aber auch einer, der weiß, was er will - und sich nicht scheut, dafür zu kämpfen. So hatte er im Januar Zugänge gefordert, erst intern, irgendwann öffentlich - Salihamidzic dagegen hatte stets betont, dass er zwar den Markt beobachte, dass er aber auch zufrieden mit dem Kader sei. Es kam zwar lediglich der Leihspieler Álvaro Odriozola, aber es war dennoch ein kleiner Erfolg für Flick im Kräftemessen mit Salihamidzic. Und dass Flick in den nächsten Transferperioden weniger deutlich für die eigenen Vorstellungen kämpft, davon ist nicht auszugehen. Die Fürsorge, die Flick auszeichnet, die gilt schon auch dem Fußball, den er spielen lassen will.

© SZ vom 04.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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