FC Bayern:Der Münchner Spielerverein muss lernen

FC Bayern: Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge

Bayern-Präsident Uli Hoeneß (l.) und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

(Foto: AP)

Erst die Profis, dann der Coach - mit dieser Politik ist der FC Bayern lange gut gefahren. Doch der moderne Fußball tickt anders.

Kommentar von Christof Kneer

Man weiß nicht, ob Frau Heynckes in diesen Stunden sicherheitshalber das Handy von Herrn Heynckes versteckt hat, aber ausgeschlossen ist das ja tatsächlich nicht: dass irgendwer beim FC Bayern immer "Jupp Heynckes" denkt, wenn das Wort "Trainer" fällt. Unabhängig von den Engagements, die in den Statistiken aufgeführt werden, steht jedenfalls fest, dass Heynckes häufiger auf der Münchner Trainerbank saß, als Frau und wahrscheinlich auch Herr Heynckes das ursprünglich wollten. Diesmal wird Heynckes, 74, aber nicht mehr zurückkehren an die Säbener Straße, was dort bekannt ist und dennoch eine verzweifelte Frage provoziert: Ja, um Hoeneß' willen, wer denn dann?

Hierzu eine Anmerkung der Redaktion: Ottmar Hitzfeld macht's übrigens auch nicht mehr.

Der FC Bayern und seine Trainer, das ist eine Geschichte, die einem bekannt vorkommt. Die Münchner haben in all den Jahrzehnten ihrer großen Erfolge meistens gewusst, wo sie ihre Trainer finden: im eigenen Familienalbum, im Gästezimmer von Uli Hoeneß (was meistens dasselbe ist) oder in der Herrenabteilung, dort, wo die wirklich edlen Sakkos und Trenchcoats verkauft werden. So kamen neben Heynckes, Hitzfeld, Hitzfeld und Heynckes auch Otto Rehhagel, Giovanni Trapattoni, Felix Magath, Louis van Gaal, Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti nach München, feine Herren, in deren Sakko- und Trenchcoattaschen neben den Tickets fürs ortsansässige Opernhaus auch Visitenkarten steckten, auf denen eine erhebliche Anzahl an Titeln notiert war.

Moderne Klubs definieren erst den Fußball, den sie spielen wollen - und suchen dann den passenden Trainer aus

Der Trainer war in München immer so etwas wie die Fortsetzung des Führungsspielers mit anderen Mitteln. Die Hierarchie blieb unausgesprochen, war aber immer klar: Erst kam der Spieler, dann der Trainer. Hoeneß hat das Spiel in der Beckenbauer/Müller-Zeit gelernt und nie einen Zweifel daran gelassen, dass es die Spieler sind, die einen Klub und dessen Erfolge ausmachen. Im Rahmen dieser Logik konnten Spieler auch ins Hause Hoeneß pilgern, um sich über einen Trainer zu beschweren, der dann anderntags oft kein Trainer mehr war, selbst wenn er konkurrenzfähige Sakkos trug.

Die Visitenkarte zeigt, dass die Münchner lange gut gefahren sind mit ihrer Politik, allerdings hat die jüngere Vergangenheit auch gelehrt, dass die Trainersucher aus der Beckenbauer/Müller-Ära aufpassen müssen, nicht aus der Zeit zu fallen. Die Reihenfolge hat sich geändert, moderne Klubs definieren erst den Fußball, den sie spielen wollen und suchen dann den passenden Trainer aus. Guardiola hat sich bei Bayern immer etwas unverstanden gefühlt, er war nie sicher, ob die Bosse wirklich ihn und seinen Fußball wollen oder ob er nur eine Trophäe zum Vorzeigen ist.

Der Spielerverein aus München wird lernen müssen, dass der Trainer 2019 (siehe Klopp und Liverpool) die prägende Figur im Klub ist - gerade in München, wo ein undefinierter Kader nicht nur irgendeine Aufstellung braucht, sondern Führung und eine klare Idee.

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