FC Bayern:Baumgart zieht den Hut

FC Bayern: Tausche Kappe gegen Trikot: Steffen Baumgart überreicht Manuel Neuer seine berühmte Kopfbedeckung.

Tausche Kappe gegen Trikot: Steffen Baumgart überreicht Manuel Neuer seine berühmte Kopfbedeckung.

(Foto: via www.imago-images.de; imago/imago images/ActionPictures)

Der FC Bayern noch coronageschwächt? Beim 4:0 in Köln widerlegt die Elf von Julian Nagelsmann Mutmaßungen über Spannung im Titelkampf. Neben Robert Lewandowski überzeugt auch Rückkehrer Leroy Sané auf Anhieb.

Von Philipp Selldorf, Köln

"Wir werden es wieder versuchen", sagte Steffen Baumgart. Er freue sich drauf und werde "da sein", erwiderte Julian Nagelsmann. Der Dialog zwischen den beiden Trainer nach der Begegnung des 1. FC Köln mit dem FC Bayern ließ, dem Klang der Worte nach, auf eine seit langem überlieferte und nicht enden wollende Stammesfehde schließen, aber das war nicht der Geist, in dem die beiden Parteien auseinandergingen.

Das Bild, das sich nach dem Münchner 4:0-Sieg auf dem Rasen von Müngersdorf bot, war eher das Bild eines Freundschaftstreffens. Hier ging der Kölner Trainer Baumgart mit Thomas Müller Arm in Arm des Weges, dort nahm er Joshua Kimmich zu einem Zwiegespräch zur Seite. Am Ende machte man sich gegenseitig Geschenke: Müller trug das Trikot des Kölners Louis Schaub nach Hause, Manuel Neuer die berühmte Mütze von Steffen Baumgart. Ob er sie am nächsten Wochenende aufsetzen wird, um damit wie einst das Vorkriegsidol Heinrich "Heiner" Stuhlfauth stilvoll in seinem Tor zu stehen, hat Neuer nicht verraten, die Kopfbedeckung allerdings angemessen bewertet: "Die Kappe ist ja so ein bisschen legendär", sagte Neuer und ließ den FC-Trainer seinerseits nicht unbeschenkt: Baumgart, bekennender Devotionalien-Sammler, bekam im Gegenzug Neuers Torwart-Pullover, kaum befleckt.

Anders als das klare Resultat nahelegt, blieb der Nationaltorwart während des Spiels keineswegs unbeschäftigt. Ein paar Bälle hat er standesgemäß abgewehrt, andere Bälle verfehlten knapp ihr Ziel, und ein Kopfball des Kölner Verteidigers Timo Hübers landete an der Latte. Dass Neuer mal wieder mit einem zu Null nach Hause fahren durfte, was in dieser Saison erstaunlich oft nicht gelungen ist, das war durchaus auch Glückssache. Hätten die Kölner vor und nach der Pause besser Gebrauch gemacht von ihren Chancen, wäre diese Partie vielleicht noch mal richtig spannend geworden. Aber auch nur vielleicht.

FC Bayern: Robert Lewandowski erzielt das 4:0.

Robert Lewandowski erzielt das 4:0.

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In Wahrheit gab das Ergebnis einigermaßen treffend den Unterschied zwischen den beiden Teams wieder. Nicht, weil die Kölner hinter den Erwartungen blieben, sondern weil die Bayern ihre Klasse zum Ausdruck brachten. Seine Mannschaft habe eine "gute Kontrolle" über das Spiel gehabt, sagte Nagelsmann. "Wir waren heute den Bayern nicht gewachsen", bestätigte Baumgart.

Thomas Müller übt sich im Yoga

Ein bisschen haben die Kölner ihrem Gegner in den Sattel geholfen, namentlich Ondrej Duda, der mit seinem Ballverlust nach schlampigem Dribbling im Mittelfeld das Münchner Führungstor in der neunten Minute ermöglichte. So wurde aus einem potenziellen Kölner Konter der frühe Anfang vom Ende, doch wie die Bayern die Gelegenheit nutzten, das zeigte dann auch den Stand ihrer Verfassung am Samstagnachmittag: Konzentriert, entschlossen, abgeklärt, so traten sie beim Tabellensechsten auf, im Stil sowohl des amtierenden als auch des künftigen deutschen Meisters. Im Handumdrehen gelangte der Ball zu Thomas Müller, und im nächsten Moment stand Robert Lewandowski allein vor Marvin Schwäbe - ein Duell, das der FC-Torwart nicht gewinnen konnte.

Hätte es in Köln, wie bei den großen Länder-Turnieren, eine Wahl zum Spieler des Spiels gegeben, hätte der dreifache Torschütze Lewandowski sicherlich den Pokal erhalten, aber es gab trotz seiner überzeugenden Argumente Konkurrenz in seinem Team. Lewandowski liegt mit 23 Treffern in der nationalen Schützenliste wieder mal einsam vorn - Müller steht ihm in der Kategorie Torvorlagen nicht nach. In Köln fügte er Nummer 17 und Nummer 18 hinzu, bei seiner Vorbereitung für Corentin Tolissos Präzisionstreffer zum 2:0 sah es wieder so aus, als würde Müller eine anspruchsvolle Yoga-Figur machen wollen. In Wahrheit aber war es einfach nur wieder die richtige Verrenkung zum passenden Zweck.

Mancher Fußball-Freund in Deutschland - ganz besonders in Dortmund - mag sich von diesem Nachmittag eine Belebung für den Titelkampf versprochen haben. Womöglich würden ja die Bayern immer noch etwas coronageschwächt in den Spieltag gehen, doch die Münchner Ressourcen reichten in Köln locker aus. Zwar musste Marcel Sabitzer auch diesmal als Linksverteidiger aushelfen, doch hatte er diesmal einen besseren Stand als beim 1:2 gegen Mönchengladbach. Merklich hilfreich war zudem die Rückkehr des in der vorigen Woche noch quarantäne-gesperrten Tolisso, der das Mittelfeld verstärkte. Joshua Kimmich war eine Woche nach seinem Comeback auch wieder auf altem Niveau.

Der nächste Rückkehrer avancierte dann auch noch zum Anwärter für einen Sonderpreis: Für den frisch genesenen Leroy Sané sah Nagelsmann vorsichtshalber einen Teilzeiteinsatz vor. Der eingewechselte Nationalspieler nutzte die Frist, um sich unter anderem mit zwei brillanten Tor-Vorlagen für Lewandowski in der Geschichte des Spiels zu verewigen. Der bestens bediente Mittelstürmer ließ es dann jeweils so aussehen, als seien seine Tore keine große Kunst, sondern lediglich Pflichterfüllung - aber eben darin besteht ja die große Kunst.

Die Kölner, von Baumgart auf Angriffslust getrimmt, hatten durch ihr Pressing und ihren Vorwärtsdrang das Risiko herausgefordert. Salih Özcan musste sich als Solist im defensiven Mittelfeld gelegentlich etwas einsam vorgekommen sein. Am Ende bezog der FC zwar eine Packung, aber die Mannschaft wäre von ihrem Publikum sicher nicht ausgepfiffen worden, wenn statt der erlaubten 750 Zuschauer die üblichen 50 000 hätten da sein dürfen. Auch Nagelsmann freut sich schon aufs nächste Wiedersehen mit Baumgarts FC. "Es macht Bock, die Spiele der Kölner zu sehen", lobte der Münchner Trainer - ausdrücklich nicht deshalb, weil er diesmal gewonnen hatte.

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