Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Klinsmanns Kehrwoche

Längst geht es nicht mehr nur um den Sport, sondern auch um die Stars. Gerade beim FC Bayern, dem Merchandising-Meister, weiß man das eigentlich sehr genau.

Kurt Kister

Wer jemals die Kehrwochen-Ordnung in einem Stuttgarter Mietshaus erlebt hat, der weiß, dass viele Schwaben Kontrollfreaks sind. Jürgen Klinsmann, der neue Trainer des FC Bayern, ist sehr schwäbisch. Er möchte sich bei Pressekonferenzen maximal drei Minuten fotografieren lassen und will den Zugang der Journalisten zu "seinen" Spielern durch zensurierendes Regelwerk steuern. Vielleicht stören die Reporter das Konzept des Empowerment, das der leicht esoterische Klinsmann aus dem eher esoterischen Kalifornien mitgebracht hat. Dem FC Bayern, jenem erfolgreichen Konzern der Unterhaltungsbranche, kommt die Kehrwoche made in USA gerade recht.

Aus der Sicht einer Firma, der US-Armee im Irak oder auch eines Fußballvereins können Chefs, Generale oder Trainer kein Interesse daran haben, dass Dinge anders rauskommen, als sie das gerne wollen. Deswegen nehmen die Versuche zu, Medien und damit die Öffentlichkeit zu gängeln. Der Profi-Fußball aber hat eine Besonderheit: Er lebt von jener Öffentlichkeit, deren Bild vom Fußball mancher Funktionär mit Beschränkungen, Interview-Steuerung und sogar Arbeitsbehinderungen manipulieren will.

Längst geht es nicht mehr nur um den Sport, sondern auch um die Stars. Gerade beim FC Bayern, dem Merchandising-Meister, weiß man das eigentlich sehr genau. Ribéry, Lahm und Klinsmann sind als Promis ebenso bedeutend für das Interesse der Fans und die Kasse des Vereins wie als Sportler oder Trainer. Die Rundum-Berichterstattung gehört genauso dazu wie die Rundum-Vermarktung. Weil das eine dem anderen manchmal in die Quere kommt, wollen die Bayern und andere bestimmen, wie rund die Berichterstattung sein darf.

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Quelle:
SZ vom 4.7.2008
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